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Schnitt: Psychothriller

Schnitt: Psychothriller

Titel: Schnitt: Psychothriller
Autoren: Marc Raabe
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schnell wie möglich«, wiederholte Liz.
    David nickte. Wortlos stand er auf und entnahm der Videokamera ein kleines DV -Tape. »Durchs Haus können wir nicht. Wenn wir Pech haben, sind da jetzt schon die Ersten vom Personal und fragen sich, wo von Braunsfeld steckt. Ist nur eine Frage der Zeit, bis die die toten Hunde entdecken und auf die Idee kommen, die Polizei zu alarmieren.«
    Â»Unten am See ist ein Bootshaus mit eigenem Steg«, sagte Liz. Ihre Stimme zitterte, klang aber trotzdem kräftig. »Von Braunsfeld hat es mir damals gezeigt, als wir hier gedreht haben. Aber die Tür zum Gewächshaus ist zu.«
    Â»Der Schließmechanismus ist defekt. Ich hab vorhin den Schnapper blockiert«, sagte Gabriel.
    Im Tunnel, auf dem Weg zum Gewächshaus, versagten Liz die Beine. Gabriel hob sie hoch und trug sie den Rest des Weges, wobei er seitwärts durch den engen Gang lief. Draußen fiel Regen in langen Fäden auf sie herab. Nach etwa hundertfünfzig Metern hatten sie das Bootshaus erreicht. Gabriel brach die Tür auf, schloss die Zündung kurz, und innerhalb von Sekunden waren sie auf dem offenen Wasser, das jetzt gegen den Bootsrumpf knallt.
    Schweigend und mit röhrendem Dieselmotor jagen sie in den Kanal zum Pichelsee hinein, durch den kleinen Hafen und weiter die Spree hinauf, die sich in die Stadt schlängelt. David drosselt das Tempo, und der Regen fällt plötzlich weich auf ihre Gesichter.
    Unter der S-Bahn-Brücke beim Helgoländer Ufer legen sie an, steigen vor der Bahnstation in ein Taxi, das sie zu Davids Wohnung bringt. Immer noch sagt niemand etwas. Alles ist unwirklich, so seltsam friedlich, so ruhig, als müsste jeden Moment etwas passieren.
    Doch es passiert nichts.
    In der Nacht schlafen sie wie Tote.

Kapitel 58
    Berlin – 29. September, 9:56 Uhr
    Der nächste Tag beginnt, wie der letzte aufgehört hat. Mit nicht enden wollendem Regen, mit dieser unheimlichen Ruhe und mit der Sorge, dass jeden Moment die Polizei in der Tür von Davids Wohnung steht. Niemand schaltet den Fernseher an. Niemand das Radio. Das Telefon ist ausgesteckt, und die Wohnung ist wie das Innere einer Glaskugel, mitten im Sturm.
    Um kurz nach neun war Gabriel bei der Bäckerei an der Ecke gewesen, um ein paar belegte Brötchen und Croissants zu besorgen, dabei war ihm die BZ ins Auge gesprungen. Victor von Braunsfeld tot. Rätselhaftes Drama in Milliardärsvilla .
    Während Gabriel auf die Brötchen wartete, überflog er den Artikel. Offenbar war Yuri von einer Reinigungskraft in von Braunsfelds Arbeitszimmer gefunden worden und lag jetzt im Krankenhaus. Die toten Hunde, die Krypta, von Braunsfelds Leiche und die seines Sohnes neben einem Steinsarkophag mit schmiedeeisernen Ketten gaben so viel Anlass zur Spekulation, dass die wenigen Fakten untergingen. Als er die Brötchen entgegennahm, ließ er die Zeitung liegen. Er wollte die Geschichte nicht ins Haus tragen.
    Liz sitzt auf einem der grauen Sofas, eingewickelt in eine Decke, und starrt auf die Wand, an der das Gemälde fehlt.
    Â»Du solltest zum Arzt gehen«, sagt David.
    Sie schüttelt den Kopf, zieht die Decke enger um ihre Beine und wärmt ihre Hände an einer Tasse mit rotem Tee. Am liebsten würde sie zurück in die Badewanne, aber sie will nicht mehr nackt sein. Und gegen das innere Frösteln kann auch das heiße Badewasser nichts ausrichten.
    Gabriel sitzt neben ihr. Auf dem Tisch vor ihnen liegt die Kopie seiner Akte aus der Psychiatrie, sauber gestapelte Alpträume in Form von Protokollen.
    Liz trinkt einen Schluck Tee und räuspert sich. »Warum hast du mir nie gesagt, dass du in der Psychiatrie warst?«
    Gabriel zuckt mit den Schultern. »Vermutlich aus demselben Grund, aus dem ich vergessen habe, was in der Nacht passiert ist.«
    Â»Verdrängt«, sagt David leise, »nicht vergessen.«
    Gabriel sieht zu Boden und schweigt.
    Â»Hey, du hast zwar geschossen, aber du hast ihn nicht er schossen. Das war Valerius. Du warst elf. Und du warst in einer beschissenen Zwangslage.«
    Â»Ich hätte ihn genauso gut töten können. Dass ich Vater nur in die Seite getroffen habe, das war Zufall«, entgegnet Gabriel.
    Â»Bei dem, was dir passiert ist, gab es kein richtig oder falsch. Nicht in dem Moment«, sagt Liz. »Das macht es nicht besser, aber möglicherweise leichter.«
    Gabriel nickt, auch wenn er keineswegs spürt, dass sich da
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