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Schnitt: Psychothriller

Schnitt: Psychothriller

Titel: Schnitt: Psychothriller
Autoren: Marc Raabe
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in deinen Kopf konnte ich nicht schauen. Aber wie gesagt, am Ende macht es keinen Unterschied. Die Dinge fügen sich von selbst.«
    Gabriel hat das Gefühl, den Boden unter den Füßen zu verlieren. Zeit! , denkt er verzweifelt. Ich muss Zeit gewinnen. Er starrt auf das Messer zwischen Liz’ Beinen, sieht ihren flehenden Blick.
    Â»Dein Film wird immer länger«, sagt Valerius lakonisch.
    Â»Woher weißt du so viel über mich? Wie hast du mich gefunden?«
    Valerius’ Mundwinkel biegen sich wieder nach oben. »Du willst Zeit gewinnen, oder? Nicht? Du musst doch ahnen, wie ich dich gefunden habe. Aber gut, ich tue dir den Gefallen.
    Jahrzehntelang habe ich in meiner Gruft Rachepläne geschmiedet. Als ich mich vor etwa zwölf Monaten befreien konnte, da warst du weg. Wie vom Erdboden verschluckt. Also hab ich nach Sarkov gesucht und meinen Vater beobachtet. Und dann hab ich dich gesehen, mit Sarkov. Kannst du dir denken, wie ich mich gefühlt habe? Es war wie dieser Moment, wo du spürst, dass dein Herz erst schnell und dann langsamer schlägt, so als würdest du nach einem langen Lauf dein Gewehr von der Schulter reißen, es anlegen und darauf warten, dass dein Atem sich beruhigt.
    Eine Weile später habe ich das mit der Conradshöhe rausbekommen und mir deine Akte verschafft. Dass Sarkov dein Vormund geworden ist, ist typisch für meinen Alten. Er musste immer alles unter Kontrolle haben.«
    Gabriel schluckt bitter und sieht an Valerius vorbei, zu Liz. Aus ihren Augenwinkeln rinnen Tränen. Ihre bleichen Lippen sind geöffnet, er kann ihren flachen Atem hören.
    Valerius lächelt triumphierend. »Und jetzt sind wir hier, und du bekommst deinen Film, deinen ganz persönlichen Film.«
    Sechs verdammte Meter , hämmert es in Gabriels Kopf. Einen Moment, nur einen Moment der Unaufmerksamkeit …
    Â»Vergiss es«, sagt Valerius, »nur eine Bewegung in meine Richtung, und ich habe vier-, fünfmal zugestoßen und sie aufgeschlitzt.«
    Â»Ich werde dich töten«, flüstert Gabriel heiser. »So oder so.«
    Â»Erlös mich, wenn du es schaffst. Nur zu! Aber den Rest deines Lebens wirst du das alles hier vor Augen haben. Du wirst immer sehen, wie du dich auf mich gestürzt hast und doch zu spät kommst. Kannst du damit leben? Dass du deine Eltern auf dem Gewissen hast und jetzt auch noch Frau und Kind?«
    Gabriel ballt die Fäuste. »Wo ist der Unterschied?«, presst er zwischen den Zähnen hervor. »Wenn du sie ohnehin umbringst, dann kann ich mich auch sofort auf dich stürzen, um dich zu töten.«
    Â»Aber das Interessante ist ja, dass du es nicht tust, nicht wahr?«, raunt Valerius mit erhobenen Augenbrauen. »Im Gegenteil – du wirst warten, auf ein Wunder hoffen, versuchen, Zeit zu schinden. Jede Sekunde zählt für dich, für sie ! Und weißt du was? Ich tue euch den Gefallen gerne. Dir und ihr. Ich rede gerne. Ich liebe es zu reden! Fast dreißig Jahre lang habe ich nur mit mir selbst gesprochen. Ich war mit meinem Hass alleine. Jetzt kann ich ihn endlich bei dir abladen. Und wie köstlich, dass du geradezu darum bettelst …« Ein rasiermesserscharfes Lächeln umspielt Valerius’ Lippen. »Aber jetzt, ganz ehrlich, muss ich Schluss machen mit dem Gequatsche.«
    Panik steigt in Gabriel auf und schnürt ihm den Atem ab. Gleichzeitig brennt die Wut in seinen Muskeln.
    Stürz dich auf ihn!
    Nein, warte noch!
    Entscheide dich, tu es endlich!
    Â»Es ist so weit, Gabriel«, flüstert Valerius. »Wir sind beim Höhepunkt angekommen, beim Höhepunkt deines ganz persönlichen Horrorfilms.«
    Das kleine rote Aufnahmelämpchen bohrt fast ein Loch in den Spiegel. Gabriel starrt es ohnmächtig an. Für einen Augenblick ist er wieder elf, hat die Waffe in der Hand, muss sich entscheiden, ob er abdrückt.
    Tu es, verdammt.
    Aber du bringst sie um, wenn du es tust.
    Wenn du es nicht tust, dann bringst du sie auch um.
    Gabriels Herz rast. Der rote Punkt tanzt vor seinen Augen, und dann – ganz plötzlich – verlischt er.
    Gabriel starrt auf die Stelle, wo eben noch das rote Licht war.
    Valerius’ Augen sind auf Gabriels Gesicht geheftet, er sieht die Überraschung in Gabriels Miene, versucht, sie zuzuordnen, aber es gelingt ihm nicht.
    Â»Die Kamera«, flüstert Gabriel.
    Valerius runzelt die Stirn. Seine Pupillen suchen den Spiegel
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