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Schnitt: Psychothriller

Schnitt: Psychothriller

Titel: Schnitt: Psychothriller
Autoren: Marc Raabe
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aufgehört zu wachsen und ähnelt einem großen klebrigen schwarzen Nichts.
    David sieht auf seine Hände. Sie zittern.
    Er atmet tief ein, um sich zu beruhigen, hört, wie sein Herz sich beruhigt. Dann versucht er, den schweren Spiegel beiseitezuschieben, erst behutsam, schließlich mit aller Kraft. Doch der Spiegel bewegt sich kein Stück.
    Er greift nach dem einzigen harten Gegenstand im Raum, der Kamera, drückt die sperrigen Beine des Stativs, auf dem sie steht, zusammen und schlägt sie in die Rückseite des Spiegels wie einen Golfschläger. Der Knall, mit dem die silberbedampfte alte Scheibe bricht, ist ohrenbetäubend. Die großen scharfen Splitter regnen scheppernd auf den Steinboden der Krypta.
    Liz und Gabriel fahren erschrocken zusammen.
    Gabriel richtet sich hastig auf und starrt entgeistert in die enge Kammer hinter dem zerbrochenen Spiegel. »Mein Gott, du ?«
    David nickt stumm. Sein Brustkorb hebt und senkt sich. Sein Gesicht ist aschfahl, in der Hand hält er das schwarze Alustativ, auf dem die Kamera aufgeschraubt ist.
    Â»Wo hast du gesteckt? Wie um alles in der Welt kommst du da rein?«, fragt Gabriel.
    Â»Sarkov«, sagt David. »Nachdem du weg warst, bin ich durch die Villa gelaufen … Ich hab ihn oben im Arbeitszimmer gefunden. Valerius hatte ihn überwältigt.«
    Â»Yuri ist hier ?«
    David nickt. »Erzähl ich dir später«, sagt er matt. »Ich … Er wusste, dass hinter dem Spiegel eine Kammer ist, deswegen …«
    Â»Wie … wie lange hast du da dringesteckt?«
    Â»Ich weiß nicht. Ich glaube, ich bin kurz nach dir hier angekommen.«
    Â»Du hast das alles mitbekommen? Die ganze Zeit?«, stößt Gabriel hervor.
    Â»Alles. Den ganzen Alptraum. Ich wusste nicht, was ich tun soll. Ich hab gedacht, wenn ich den Spiegel einschlage, dann … dann schlitzt er sie …«, er stockt, sieht von Gabriel hinüber zu Liz. »Ich hab ja gesehen, wo das Messer … ich meine, es hätte ja schon gereicht, wenn er sich erschreckt hätte …«
    Gabriel sieht ihn an, dann dämmert es ihm plötzlich. »Die Kamera!«, sagt er. »Das warst du. Du hast die Kamera ausgeschaltet.«
    David grinst schief.
    Liz wirft ihm einen unendlich dankbaren Blick zu.
    Â»Ich hätte das schon viel früher machen müssen«, sagt David. »Aber ich hatte keine Ahnung, dass man das Rotlicht durch den Spiegel sieht. Erst als er auf den Spiegel gezeigt hat und dich gefragt hat, ob du das rote Licht siehst, da kam mir die Idee, das Ding auszuschalten. Ich hab gedacht, das ist das Einzige, was ihn so aus der Spur bringt, dass du eine Chance hast.«
    Gabriel starrt David fassungslos an. »Das … das war …«, stammelt er, dann umarmt er seinen Bruder so plötzlich und so heftig, dass es David den Atem nimmt.
    Â»â€¦ Danke.«
    Gabriel spürt Davids Haut, nass von Tränen, und auch ihm tritt Wasser in die Augen. Er hebt den Kopf, sieht durch die Steindecke des Kreuzgewölbes hindurch und denkt an einen blauen Himmel.
    Hellblau.
    Ohne Wolken, wie in den Dachschrägen in unserem alten Zimmer.
    Er weiß nur zu gut, dass der Himmel bewölkt ist. Aber im Moment ist das egal.
    Er sieht Liz an, ihren rundlichen Bauch und ihre Augen, die trotz allem immer noch dieses tiefe grüne Leuchten in sich tragen, und er wünscht sich zum ersten Mal, dass es für ihn so etwas gibt wie eine Zukunft.

Kapitel 57
    Berlin – 28. September, 08:47 Uhr
    Der Motor startet mit einem tiefen Knurren, dann jagt der Holzrumpf nach vorne, aus dem offenen Bootshaus und hinaus auf den Wannsee. Eisiger Regen schießt waagerecht in Gabriels Gesicht. David steht am Steuer des Motorboots und lenkt es in einer 90-Grad-Kurve von der Insel Schwanenwerder weg. Der Bug schlägt hart gegen das vom Wind aufgeraute Wasser.
    Gabriel sinkt auf den Schiffsboden und drückt Liz an sich, die in eine Decke gewickelt neben dem Steuer kauert. Ihre Zähne klappern, und ihre Lippen sind blau angelaufen, sie trägt immer noch das Kleid.
    Niemand sagt ein Wort.
    Nachdem Valerius und sein Vater tot in der Krypta lagen, war ihnen nicht viel Zeit geblieben, um sich zu entscheiden.
    Â»Ich … will hier weg«, stammelte Liz. »Bitte!«
    Â»Was ist mit der Polizei?«, fragte David unsicher.
    Â»Polizei?« Gabriel sah Liz an.
    Â»Bringt mich einfach hier weg, ja? So
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