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Schneemond (German Edition)

Schneemond (German Edition)

Titel: Schneemond (German Edition)
Autoren: Klaus Kohlpaintner
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Blume....«

Kapitel 1.
    E r tauchte aus dem Schlaf wie ein Ertrinkender aus der tiefen, rauen See. Kaum dass er sich seines Wachseins überhaupt bewusst war, überfiel ihn der Schmerz in seinem Kopf mit einer so gnadenlosen Heftigkeit, dass er beinahe wieder das Bewusstsein verloren hätte. Stöhnend presste er die Arme an den Schläfen zusammen und spürte wie ihn Übelkeit überfiel. Gekrümmt und taumelnd richtete er sich auf und stolperte mehr, als er ging, ins Badezimmer, um vor der Toilettenschüssel auf die Knie zu fallen und sich heftig zu übergeben.
    Schließlich saß er, an die kalten Kacheln gelehnt, den schmerzenden Kopf in die Hände gestützt, neben der vollgekotzten Schüssel.
    »Verfluchte Scheiße«, presste er immer wieder zwischen knirschenden Zähnen hervor, »verfluchte Scheiße.«
    Langsam schaffte er es wieder, sich halbwegs zu orientieren, obwohl die Möglichkeit eines klaren Gedankens noch immer weit entfernt war. Zumindest kamen seine Geruchsnerven langsam wieder in die Gänge und teilten ihm unmissverständlich mit, dass sein großzügig gespendeter Mageninhalt, dessen durchdringend, süßsauerer Geruch die Badezimmerluft durchzog, noch immer fröhlich in der Kloschüssel schwappte. Er rappelte sich auf, zog die Spülung und quälte sich zum Fenster hinüber, um es weit aufzureißen.
    Die frische, kühle Morgenluft war ein Segen für seinen gequälten Körper, doch noch immer hockte dieser dumpfe, bohrende Schmerz hinter seiner Stirn und ließ ihn erneut aufstöhnen. Er torkelte den einen Meter zum Waschbecken hinüber, riss den alten Spiegelschrank auf, wühlte verzweifelt in seinem Innern herum – wobei er den halben Inhalt über Becken und Boden verteilte – und hielt schließlich ein Tablettenfläschchen in der Hand, welches er mit zitternden Fingern öffnete. Er kippte zwei, drei Tabletten in seine flache Hand, schaufelte sie ungeduldig in seinen trockenen Mund und öffnete den Wasserhahn – ungeachtet der Tatsache, dass sich Teile des Schrankinhaltes im Becken aufzulösen begannen. Er schöpfte mit den Händen den bitteren Tabletten in seinem Mund so viel Wasser hinterher wie es ihm möglich war, ohne sich im Stehen, oder besser gesagt im Taumeln, zu ersäufen. Schließlich stand er, mit hängendem Kopf, schnaubend wie ein Stier und abgestützt auf dem Beckenrand, am ganzen Körper zitternd da und wartete bis sich der Schmerz in seinem Schädel von
absolut mörderisch
auf ein
beinah unerträglich
gesenkt hatte.
    Langsam hob er den Kopf und starrte sein Spiegelbild an, ohne es wirklich zu sehen. Allmählich schälten sich erkennbare Konturen aus dem grauenNebel vor seinen Augen und er erkannte das Gesicht im Spiegel vor sich als das seine. Wenn auch nur aufgrund jahrelanger Erfahrungswerte und der Tatsache, dass ein Spiegel immer das wiedergibt was sich davor befindet – und da war er momentan nun mal die einzige Option, soweit er die Situation überblickte.
    Dann plötzlich dümpelte ein Name auf dem trüben Brei seiner Erinnerungen - Lukas, Lukas Seger – und etwas verwirrt erkannte er, dass dieser Name zu ihm gehörte.
    Schließlich klang der Schmerz immer mehr ab, wodurch in seinem Körper und auch in seinem Geist langsam wieder alles den richtigen Platz einzunehmen schien und er dem Menschsein wieder näher kam.
    Endlich war Lukas soweit, dass er es wagen konnte, das Waschbecken loszulassen und die Last seines Körpers ganz seinen wackligen Beinen anzuvertrauen. Vorsichtig und mit zitternden Knien tastete er sich zurück zum Bett und ließ sich darauf fallen, um sich schwer atmend auszuruhen.
    Schon früher hatten ihn vereinzelt Kopfschmerzen geplagt, aber seit diesem Tag, an dem durch den Unfall sein Leben zertrümmert worden war, seit diesem schrecklichen Tag war auch sein Geist aus den Fugen geraten. Und mit den Träumen kamen immer auch die Schmerzen.
    Lukas setzte sich langsam auf und stierte mit trüben, wässrigen Augen auf den Boden. Da fiel sein Blick auf seine Handgelenke und auf die dünnen weißen Linien die sich dort auf seiner Haut abzeichneten. Und die Erinnerungen schlugen über ihm zusammen, wie eine Welle eisigen Wassers und er begann leise zu weinen, während die Bilder, die ihn schon tausend mal gequält hatten und denen er nicht einmal durch die Schnitte an seinen Handgelenken hatte entkommen können, durch seinen Kopf fluteten und ihn wieder mitnahmen auf die Reise durch seine ganz private Hölle.
    Und er sah ihr Lachen, dass er schon liebte, als er
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