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Schneeflockentanz (German Edition)

Schneeflockentanz (German Edition)

Titel: Schneeflockentanz (German Edition)
Autoren: Hanna Julian
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gekommen war. Für Can war es unbegreiflich, wie man sich mit einem Gast derart streiten konnte, und man ihn dann auch noch aus der Wohnung schmiss. Zumindest wenn er nicht kriminell oder gewalttätig geworden war, schrieb in Can's Augen doch die Gastfreundschaft vor, dass man sich für einen Monat mal zusammenriss. Und genau das war es gewesen, was er Anne auf ihren Bericht geantwortet hatte. Daraufhin hatte sie ihr blondes Haar hinter die Ohren gestrichen und wie ein Honigkuchenpferd gestrahlt. „Ich wusste doch, dass ich bei dir ein offenes Ohr finden würde. Du hast als Türke eben noch ein Gefühl für wahre Gastfreundschaft! Wir würden Jo ja auch aufnehmen, aber bei uns ist einfach zu wenig Platz, seit die Freundin meines Bruders bei uns eingezogen ist. Ich mache drei Kreuze, wenn die beiden endlich ihr Häuschen im Grünen gefunden haben! Aber bei dir kann Jo bis nach Neujahr doch unterkommen. Klar, du hast nur eine Einzimmerwohnung, aber du hast immerhin ein Bett und außerdem eine bequeme Couch, die noch frei ist. Abgesehen davon ist ja bald Weihnachten, und da ist so eine gute Tat sowieso eine super Sache!“ Eine Zeitlang hatte Can Anne daraufhin nur ungläubig angestarrt, bis er die Stimme schließlich gesenkt hatte, damit nicht alle Leute im Bistro hörten, was er einzuwenden hatte.
    „ Anne, ich bin schwul. Was meinst du eigentlich, wie das funktionieren soll, wenn ich einen Kerl bei mir wohnen habe, mit dem ich ein einziges Zimmer teilen muss? Glaubst du nicht auch, dass er es seltsam finden wird, wenn er diverse Dinge feststellt?“ Anne hatte mit den Wimpern geklimpert und mit einem Grinsen erwidert: „Diverse Dinge? Was denn so zum Beispiel?“
    „ Das werde ich dir auch gerade sagen! Dinge des täglichen Lebens halt“, hatte Can verärgert erwidert. Daraufhin hatte Anne sich ihren eigenen Reim gemacht.
    „ Du meinst zum Beispiel so was wie 'ne Morgenlatte? Haben die nicht sowieso alle Männer, wenn sie aufwachen? Oder denkst du, du bekommst einen Steifen, wenn du Jo aus Versehen unter der Dusche siehst?“
    Can hatte geschnaubt und tonlos erwidert: „Ja, zum Beispiel so was. Und noch einiges mehr. Mensch, Anne, das ist schließlich meine Wohnung! Da sind Bücher und Filme, die eine Hete sich wohl kaum reinziehen würde.“
    Annes Augen waren groß geworden und etwas zu laut hatte sie gefragt: „Du hast schwule Pornos in deiner Wohnung?“
    Als der Blick der Kellnerin ihn traf, zischte Can: „Nein, habe ich nicht! Aber schön, dass das halbe Bistro das jetzt denkt … Ich habe aber Filme, die über Schwule handeln.“ Anne hatte daraufhin abgewunken. „Ach, zufällig weiß ich, dass Jo auch schon Brokeback Mountain gesehen hat. Sogar im Kino! Seine Freundin hat ihn damals da reingeschleift. Mach dir also nicht zu viele Gedanken. Es geht doch nur um ein paar Tage, dann bist du ihn wieder los. Oder soll er etwa unter der Brücke schlafen? Dann hat er ja nur noch die Qual der Wahl. Die Severinsbrücke würde sich wegen des Parkplatzes auf der Deutzer Seite anbieten. Da kann er dann sogar noch die Leute um Kleingeld anpumpen, wenn sie ihre Kohle in den Automaten stecken. Oder er nimmt die Deutzer Brücke, oder doch lieber die Hohenzollernbrücke?“
    „ Jetzt hör schon auf! Du tust ja so, als wäre ich nun allein dafür verantwortlich, was aus ihm wird.“ Anne hatte gelächelt und erwidert: „Irgendwie bist du das auch. Mal ehrlich, Can, was kostet es dich schon, ihn für ein paar Nächte bei dir schlafen zu lassen? Haushaltsgeld bekommst du auf jeden Fall! Und ansonsten ist Jo ein eher ruhiger Typ. Der geht dir ganz bestimmt nicht auf den Sack.“
    Can hatte die Augen wegen Annes Wortwahl verdreht. „Kann er denn nicht bei seiner Freundin schlafen?“ „Welche Freundin?“, hatte Anne verwirrt erwidert. „Na die, die ihn in Brokeback Mountain geschleppt hat.“
    „ Ach die! Nein, die sind doch schon seit ein paar Wochen nicht mehr zusammen. Sie hat sich von ihm getrennt.“ Can hatte geseufzt. „Du sagst das so, als müsste ich das wissen.“ Anne hatte abermals gelächelt und ihre Stimme hatte heiter geklungen. „Ich weiß, dass er bei dir in den besten Händen ist. Du bist einfach ein prima Kerl! Und mach dir keine Sorgen, dass du unfreiwillig auf ihn anspringen könntest. Jo ist hässlich wie die Nacht.“
    Das war der Zeitpunkt gewesen, als Can erleichtert und enttäuscht zugleich gewesen war. Schließlich hatte er gemurmelt: „Dann ist es ja kein Wunder, dass seine Freundin
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