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Schmuggler reisen unerkannt

Schmuggler reisen unerkannt

Titel: Schmuggler reisen unerkannt
Autoren: Stefan Wolf
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denn dann?“
    Halbglatze schob die Pistole in
die Hosentasche.
    „Du bist Heinrich Klunk, nicht
wahr? Für dich bin ich der Ludwig. Kennst du mich?“
    Klunk glotzte. Das Gesicht kam
ihm bekannt vor. War er dem Mann schon begegnet? Erinnern konnte er sich nicht.
Aber das wollte nichts heißen. Sein Personengedächtnis war katastrophal.
    „Nein.“
    „Sehr gut.“ Ludwig grinste.
„Was machst du beruflich?“
    „Ich bin Handelsvertreter.“
    „Für Staubsauger?“
    „Für Putz-, Reinigungs- und
Pflegemittel.“
    „Hast du auch Haarwasser im
Programm?“ Ludwig strich über seine Halbglatze.
    „Nein. Aber mit meinem
Metall-Blinkblank-Alles-Glänzer kann man Schußwaffen polieren.“
    „Hahahah! Werde daran denken,
wenn ich den Ballermann schön mache. Klunk, in deiner Garage steht ein grauer
VW. Vor einem Jahr, jedenfalls am 30. März damals, hattest du einen anderen
Wagen: einen silberfarbenen Mercedes. Mit dem Kennzeichen...“ Ludwig nannte es.
„Richtig?“
    Klunk nickte. Sein Gesicht
blieb ausdruckslos. Aber die Augen wieselten, als müsse er in einem
Mückenschwarm die Mitglieder zählen.
    Achtung! befahl sein
streitsüchtiges Gehirn. Alarm! Bruchstücke eines Bildes schoben sich vor seinem
geistigen Auge zusammen. Die Ränder paßten nicht. Aber... damals am 30.3. in
Mailand... Und dieser Ludwig nannte das Datum.
    „Hast du den Mercedes verkauft
oder in Zahlung gegeben?“ fragte Halbglatze.
    „Weder noch“, log Klunk — und
hoffte, daß der Reparaturwerkstatt-Chef Saßmann nicht ausgerechnet in diesem
Augenblick vorfuhr — wie versprochen.
    „Sondern?“
    „Er wurde verschrottet.
Jedenfalls das, was übrigblieb. Ich hatte einen Unfall.“ Klunk log so flüssig,
als lese er aus der Zeitung vor, wo auch nicht immer die Wahrheit steht. „Mir
ist nichts passiert. Ich konnte noch rechtzeitig raus. Aber der Wagen fing
Feuer. Ist völlig ausgebrannt.“
    Ludwig starrte ihn an.
„Ausgebrannt?“ Seine Stimme zitterte.
    „Naja, er hatte über 100 000
auf dem Tacho. Ich war nicht traurig.“
    Für einen Moment schloß Ludwig
die Augen. Sein Windhundgesicht schien noch spitzer zu werden. Dann begann er
zu kichern. Es klang, als schnappe er über.
    „Klunk! Du warst am 30.März
vorigen Jahres in Mailand. Richtig? Dort wurde dir der Wagen gestohlen. Aber
schon am nächsten Morgen fand ihn die Polizei — abgestellt in einer
Seitenstraße. Er war kaum beschädigt. Sicherlich vermuteten die Bullen,
Jugendliche hätten eine Spritztour gemacht.“
    „Genau das sagte man mir.“
Klunk nickte eifrig.
    „Die Wahrheit, Klunk, ist dies:
Ich habe den Wagen geklaut. Und während der Nacht habe ich 20 Kilo Heroin — ja,
reines Heroin — in den Hohlräumen versteckt. Der Stoff stammte aus Nahost, wo
gewisse Typen... Jedenfalls konnte ich es in Mailand von einem Händler billig
kriegen. Hier wollte ich’s verscheuern. Aber ich — was meine Person betrifft —
bin polizeibekannt. Wenn ich irgendwo eine Grenze überschreite, werde ich
gefilzt bis auf die Knochen. Nicht mal einen Kaugummi in der Kniekehle könnte
ich rausschmuggeln. Deshalb... Du verstehst? Ich mußte auf den alten Trick
zurückgreifen. Jemand, auf den die Polizei nicht achtet, sollte, ohne es zu
ahnen, den Kurier für mich machen. O Mann! Und du Armleuchter baust ‘nen
Unfall. 20 Kilo Stoff sind verschrottet. Ein Vermögen! Ich fasse es nicht.“
    Heini Klunks Wieselaugen waren
zum Stillstand gekommen.
    Pünktig richteten sich die
Blicke auf einen Kakao-Spritzer an der Wand. Der Atem flog. Und das
streitsüchtige Knochengesicht wechselte mehrfach die Farbe.
    „Hier“, fuhr Ludwig fort,
„hätte ich deinen Wagen abermals geklaut — und ausgeweidet. Aber ich hatte
Pech. Wegen ‘ner Diebstahls-Sache, an die ich schon gar nicht mehr dachte,
haben mich die Bullen hochgenommen. Ich wurde eingelocht — wurde zu elf Monaten
verknackt. Zum Schluß war ich auch noch krank, habe die Windpocken gekriegt —
und das in meinem Alter. Erst jetzt, erst heute konnte ich ausreisen. Jetzt bin
ich hier und habe gehofft... Aber nein, du Straßen-Rambo verschrottest den
Wagen. Hätte ich doch...“
    Ludwig sprach nicht weiter.
Selbstmitleid schien ihn zu überwältigen.
    Gleich flennt er, dachte Klunk.
Und wenn jetzt Saßmann mit der Karre kommt, dann renne ich mit dem Kopf durch
die Wand.
    „Tut mir leid“, murmelte der
Vertreter. „Hätte ich das gewußt — ehrlich, ich hätte das Wrack für dich
aufgehoben.“
    „Der Wagen steht nicht auf
irgendeinem
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