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Schlussakt

Schlussakt

Titel: Schlussakt
Autoren: Marcus Imbsweiler
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nächsten Moment zu
einer Flasche Schampus in ihre Räucherkammer einladen. Ich zupfte meine Ex am
Ärmel.
    »Komm, wir müssen. Die anderen warten.«
    Dagmar Schulz blickte uns amüsiert nach. Wir verzogen uns in
die Ölmühle , wo wir uns gegenseitig zu einem Bier einluden. Wider
Erwarten schmeckte es sogar.

Dieses E-Book wurde von der "Verlagsgruppe Weltbild GmbH" generiert. ©2012

31
    Freitagmorgen. Vor fünfeinhalb Tagen war Annette
Nierzwa ermordet worden. Am Dienstag hatten wir den toten Barth-Hufelang
gefunden, am Mittwoch Woll. Gestern war ich in der Hochzeit des Figaro gewesen.
Es wurde Zeit, dass ich den Fall löste. Einen Fall, der gar nicht mehr mein
Fall war. Der es, genau genommen nie gewesen war, denn Frau von Wonneguts
Interesse bestand ja einzig und allein darin, zu erfahren, wie es um den
Hauptverdächtigen Bernd Nagel stand. Und jetzt sollte ich mich nicht einmal
darum kümmern.
    Aber vielleicht ließ sich die Mordserie aufklären, ohne dass
ich Nagel belästigte. Die Rechnung an Frau Dr. Glaßbrenner konnte ich auch
nächste Woche noch schicken. Oder übernächste.
    Kurz entschlossen räumte ich den Frühstückstisch ab und ließ
auf der freien Fläche ein Puzzle entstehen. Ich begann links mit der
Kalenderseite, die ich in Wolls Geldbeutel gefunden hatte. Darüber schloss sich
der Artikel aus dem Stern an, unten Wolls russische Medikamente und sein
Autoschlüssel. Auf die rechte Seite legte ich das Faltblatt aus dem
Karlstorbahnhof und das Figaro -Programmheft, das mir Christine
überlassen hatte. In die Mitte des Tischs Ausschnitte aus den Neckar-Nachrichten mit Nagels Konterfei, mit den Berichten über die Morde, mit Kommentaren und
Interviews. Ein ganz schöner Flickenteppich aus Indizien. Viel zu verwirrend,
viel zu unübersichtlich. Vielleicht sollte ich dem Gedanken nachgehen, der mir
vorhin, nach drei Tassen Kaffee, gekommen war. Ich nahm ein leeres Blatt Papier
und versuchte den zeitlichen Ablauf der Figaro -Premiere zu
rekonstruieren. Gestern Abend hatte ich mir Beginn und Ende der Pause sowie die
Gesamtdauer der Aufführung notiert. Das ergab einen Rahmen, den ich mit den
Angaben Nagels und Covets füllte.
    Nachdem ich damit fertig war, saß ich eine Weile grübelnd vor
dem Papier. Eine wichtige Information fehlte, und um sie zu bekommen, musste
ich ins Theater. Ich wählte die Nummer von Barth-Hufelangs Sekretariat. Die
Spitznasige, die mich mittlerweile regelrecht in ihr Sekretärinnenherz
geschlossen zu haben schien, verriet mir nicht nur, wann die aktuelle
Orchesterprobe beendet sein würde, sie versprach auch, die erste Fagottistin
über mein Kommen zu unterrichten.
    »Apropos«, merkte ich am Ende an. »Meine Frau und ich hatten
einen unvergesslichen Opernabend. Vielen herzlichen Dank noch mal.«
    Gerührt wehrte sie ab. Ja, die alte Schule!
    Dann rief ich Kommissar Fischer an.
    Er war wieder in seinem Büro. Und verdammt schlecht gelaunt.
»Fragen Sie bloß nicht, wie es mir geht, Koller!«, bellte er in den Hörer, um
die nicht gestellte Frage postwendend zu beantworten. Erbärmlich gehe es ihm.
Miserabelst. Schmerzen vom großen Zeh bis ins Stammhirn, die ganze Nacht durch.
»Das Ende ist nahe«, orakelte er düster. »Und wenn Sie jetzt lachen, bringe ich
Sie um.«
    »Warum sind Sie dann im Dienst?«
    »Aus Protest, Sie Schlaumeier! Aus Protest gegen die
Schulmedizin. Da sagt doch jeder Arzt etwas anderes. Der erste verbietet mir,
mich zu bewegen, der zweite verbietet mir, im Bett liegen zu bleiben, der
dritte, auf die beiden anderen zu hören. Neuerdings scheinen Krankheiten
überhaupt verboten zu sein, zumindest bei Beamten wie mir. Und wenn das so ist,
kann ich auch zur Arbeit gehen.«
    »Wie viele Ärzte haben Sie denn?«
    »Wechselnd. Je nach Krankheit. Aber drei mindestens, sonst
gerät man ja nur an Quacksalber. Mit dem Ergebnis, dass ich mir wie ein
Testschlucker für die Pharmaindustrie vorkomme. Ich nehme mehr Medikamente
gegen die Nebenwirkungen von Medikamenten als normale Medikamente.«
    »Und wie lautet der Name
Ihrer … Erkrankung?«
    »Ich weiß, was Sie denken, junger Mann«, belferte er. »Sie
denken, der alte Fischer ist ein Hypochonder. Genau das denken Sie jetzt! Und
wissen Sie was? Ich bin Hypochonder und schlimmer als drei Ärzte
zusammen. Aber so, wie sich andere einen Porsche leisten oder eine
Ferienwohnung am Mittelmeer, leiste ich mir eine kleine Hypochondrie, und die
lasse ich mir nicht nehmen.
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