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Schlussakt

Schlussakt

Titel: Schlussakt
Autoren: Marcus Imbsweiler
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Von Ihnen schon mal gar nicht, verstanden?«
    »Verstanden. Eine klitzekleine Hypochondrie.«
    »Klitzeklein, jawohl. Immer noch besser, als in fremde
Wohnungen einzusteigen.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Wie meinen Sie das?«, äffte er mich nach. »Mensch, Koller,
Sie spielen mit dem Feuer. Eine Nachbarin Wolls hat Sie gesehen, als Sie
vorgestern aus seiner Wohnung kamen.«
    »Und wenn sie sich getäuscht hat?«
    »Und wenn wir in der Wohnung Ihre Fingerabdrücke gefunden
haben?«
    »Fingerabdrücke, die
nirgendwo registriert sind? Ich bin noch nie mit dem Gesetz in Konflikt
geraten.«
    »Aber einen Kaffee haben Sie auf Staatskosten getrunken«,
sagte Fischer und klang plötzlich putzmunter.
    »So, so. Eine Kaffeetasse in geheimer Mission. Lassen Sie
mich deshalb beschatten?«
    »Beschatten, Sie? Unsinn.«
    »Und der Typ, der sich vor meinem Haus einen Schnupfen geholt
hat? Der BMW, der mir durch die halbe Stadt gefolgt ist?«
    »Sie fantasieren. Für so etwas haben wir weder die Zeit noch
das Personal. Wir haben nicht einmal die Möglichkeit, unsere Techniker ein
zweites Mal durch die Wohnung von Frau Nierzwa zu jagen, um herauszufinden, wer
das Siegel zerstört hat. Nur zu Ihrer Beruhigung, Herr Koller.«
    »Warum so misstrauisch, Herr Fischer? Wollten wir nicht
kooperieren?«
    »Allerdings!«, rief er. »Ich hätte gerne mit Ihnen
kooperiert, wenn Sie unsere Abmachung nicht dauernd unterlaufen würden. Was mir
Kollege Sorgwitz von der Begegnung mit Ihnen im Hause Nagels berichtet hat …«
    »Greiner und Sorgwitz«, unterbrach ich ihn, »sind nicht
Bestandteil unserer Kooperation. Und wenn Sie wissen wollen, warum nicht,
sprechen Sie Ihren blonden Ossi auf unseren kleinen Disput am Auerhahnenkopf
an. Kooperiert wird nur mit Ihnen.«
    »Klingt zu schön, um wahr zu sein.«
    »Warten Sies ab. Ich habe eine Idee, eine Art Hypothese, und
wenn sie sich bestätigt, kann ich vielleicht zur Aufklärung des Falls
beitragen.«
    »Raus mit der Sprache!«
    »Dazu muss ich erst noch recherchieren. Ich gebe Ihnen
rechtzeitig Bescheid, Ehrenwort.«
    Fischer grummelte und nörgelte, klang jedoch nicht
unzufrieden. Vor allem klang er nicht ernsthaft krank, aber das hatte ein
Hypochonder aus Leidenschaft auch nicht nötig.
    »Eine Frage noch, Herr Fischer.«
    »Ja?«
    »Wann wurde Woll in den Wald gebracht? Gibt es da neue
Erkenntnisse?«
    »Wie kommen Sie darauf?«
    »Nur so. Hängt mit meiner Hypothese zusammen.«
    »Man könnte meinen, Sie hätten telepathische Fähigkeiten«,
brummte er. »Ich habe hier den Obduktionsbericht vorliegen. Danach ist es
möglich, dass Woll bereits seit Montagabend auf dem Hochsitz lag. Der Kerl
stand anscheinend unter Drogen oder so was. Erhöhte Körpertemperatur, eine
Herztätigkeit wie bei Radrennfahrern am Berg, deshalb ein um Stunden
verzögerter Tod durch Erfrieren. Jedenfalls lese ich dieses
Medizinerkauderwelsch so.«
    »Was für Drogen?«
    »Aufputschmittel. In wahnsinnig hoher Konzentration. Der Doc
schreibt, so etwas hat er noch nie gesehen. Als sollte er vor dem Erfrieren
noch vergiftet werden. Woll, nicht der Doc.«
    »Wer ihm das Zeug eingeflößt hat, steht nicht in Ihrem
Bericht?«
    »Natürlich nicht.«
    »Danke für die Information.«
    »Gern geschehen. Wann höre ich von Ihnen?«
    »Heute Nachmittag. Tschüs
und gute Besserung.«
    »Kann ich gebrauchen.«
    Eine Weile trommelte ich unentschlossen auf meinem Knie
herum, dann stand ich auf und schmierte mir ein Brot. Schlechtes Gewissen macht
mich immer hungrig. Ein zweites schob ich gleich hinterher. Schließlich waren
es zwei wichtige Indizien, die ich dem guten Herrn Fischer vorenthielt: Wolls
russische Tabletten und den Artikel aus dem Stern . Irgendwann musste ich
sie ihm vorlegen, besser heute als morgen.
    Also ran an die Arbeit!
    Meinem Haus vis-à-vis liegt eine Apotheke. Der Besitzer ist
ein alter Hase in seinem Metier, aber Wolls Medikamente kannte er nicht. Kein
Wunder, er war ja auch noch nie in Russland. Dafür konnte er mir einiges über
Amphetamine erzählen. Ich bedankte mich, kaufte eine Schachtel Aspirin für den
Hausgebrauch und fuhr in die Stadt. Am Bismarckplatz erstand ich einen Strauß
Rosen, der was hermachte, sowie eine Riesenpackung Pralinen.
    »Verliebt müsste man sein«, seufzte die Blumenhändlerin, eine
Frau in reifen Jahren.
    »Sie können sich so was natürlich leisten«, seufzte die
Pralinenverkäuferin, eine Frau mit wonnigen Pölsterchen.
    »Wenn Sie
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