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Schlossblick: Kollers fünfter Fall (German Edition)

Schlossblick: Kollers fünfter Fall (German Edition)

Titel: Schlossblick: Kollers fünfter Fall (German Edition)
Autoren: Marcus Imbsweiler
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selbst
rumhuren und auf sein eigenes Geschwätz scheißen!«
    »Immer mit der Ruhe«, versuchte ich die aufkommende Erregung zu dämpfen.
Andererseits hatte der Aufruhr auch sein Gutes, so erfuhr ich wenigstens etwas.
»Wie heißt du, Junge?«
    »Warum?«
    »Weil ich mit dir reden will. Ich habe euch meinen Namen schon genannt.«
    »Fikret heißt er«, mischte sich einer ein. »Wie Fick net, aber mit
r.«
    Unter anderen Umständen hätte der Witzbold wohl die Lacher auf seiner
Seite gehabt, heute aber wurde er von seinen Mitschülern zurechtgewiesen. Fikret
warf ihm einen hasserfüllten Blick zu.
    »Also, Fikret. Was meinst du mit rumhuren?«
    »Was ich damit meine? Na, war der vielleicht verheiratet, der Schallmo?
War er nicht! Aber jede Woche ein anderes Weib im Bett. So einer war der, unser
toller Ethiklehrer.«
    Einige Schülerinnen protestierten. »Das stimmt nicht. Jede Woche ist
übertrieben. Außerdem, wenn einer nicht verheiratet ist, kann er machen, was er
will.«
    »Kann er nicht! Scheiße ist das.«
    »Typisch Türke!«
    »Hey, ich bin auch Türke, und mir ist egal, was so einer treibt!«,
kam es aus einer Ecke.
    »Okay«, griff ich ein, bevor es unübersichtlich wurde. »Herr Schallmo
hatte also wechselnde Frauenbekanntschaften. Das ist doch was. Gab es da mal Streit?
Ärger mit einem anderen Mann? Einem verheirateten vielleicht?«
    Einige schüttelten den Kopf, andere grinsten und deuteten ein Nicken
an.
    »Was jetzt? Ja oder nein? Wer weiß was von Streitigkeiten?«
    »Zuletzt muss der Schallmo eine Abreibung gekriegt haben«, erklärte
das Mädchen mit dem Kaugummi und zupfte mit kalkulierter Geste sein T-Shirt zurecht.
Achte Klasse, aber eine oktoberfesttaugliche Oberweite! »Ist wohl zusammengeschlagen
worden. Jedenfalls kam er mit einer geplatzten Augenbraue in die Schule.«
    »Nachdem er wieder mal einen Tag gefehlt hatte«, ergänzte ihre Nachbarin.
    »Und wer hat ihn da zusammengeschlagen?«, forschte ich nach.
    Achselzucken. »Irgendein Typ, der auf ihn sauer war, wird es schon
gewesen sein.«
    »Oder eine Mutti.« Jetzt kicherten doch einige.
    »War Schallmo euer Klassenlehrer? Ja? Hattet ihr ihn nur in Ethik?«
    »In Sport auch.«
    »Der Grapscher!« Das war wieder Fikret.
    »Na und?«, blaffte die mit der Oberweite. »Der wusste wenigstens, wie
man es macht. Im Gegensatz zu dir.«
    Fikrets Antwort ging im Lärm der Klasse unter. Einige prusteten hinter
vorgehaltener Hand, andere wiesen die Sprecherin zurecht. Die lehnte sich Kaugummi
kauend zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. Eine Schönheit war sie nicht,
aber hübsch verächtlich konnte sie blicken. Wahrscheinlich wusste sie ganz genau,
dass ihre Weiblichkeit durch die gekreuzten Arme noch besser zur Geltung kam.
    In der ersten Reihe meldete sich der Junge, dem ich die Luftpumpe in
den Nacken gehalten hatte. Ganz brav reckte er den Finger und sprach erst, als ich
ihn drannahm. Mit tiefer, geradezu höflicher Stimme erklärte er, dass Herr Schallmo
früher ein sehr guter Sportler gewesen sei. Hürdensprint und so. Von Leichtathletik
habe er daher Ahnung gehabt.
    »Von Ethik aber nicht«, murmelte sein Nebenmann.
    Ich wollte eben nachhaken, als die Tür geöffnet
wurde. Eine Frau im hellbeigen Kostüm betrat das Klassenzimmer. Sofort standen alle
Schüler auf. Es ging ja doch! Überrascht musterte mich die Frau von oben bis unten.
Bevor sie ihre Überraschung in Worte fassen konnte, sagte ich: »Mein Name ist Koller,
guten Morgen. Ich bin Psychologe und habe die Klasse schon mal vorbereitet.«
    »Aber wir haben doch unseren eigenen …?« Wie um
sich zusammenzureißen, schüttelte sie den Kopf und wandte sich der Klasse zu. »Guten
Morgen. Setzt euch bitte.«
    »Guten Morgen, Frau Hufschmidt«, tönte es 25-stimmig
durch den Raum, gefolgt von Stühlerücken und Gerumpel.
    »Polizei?«, fragte mich die Hufschmidt misstrauisch.
    »Ich arbeite gelegentlich mit der Polizei zusammen«,
antwortete ich, was nicht einmal gelogen war. »Sie sind die Rektorin?« Und als sie
nickte, fuhr ich fort: »Wie gesagt, ich habe die Klasse über das Geschehen informiert.
Geben Sie den Kindern heute frei. Es wäre ein wichtiges Zeichen, wenn die Schulleitung
signalisierte, dass man nach so einem Ereignis nicht sofort zur Tagesordnung übergeht.
Ich muss jetzt weiter. Wenn Sie meine Hilfe brauchen, wenden Sie sich an Kommissar
Fischer. Danke.« Ich schnappte meinen Rucksack und ging zur Tür. »Euch alles Gute!
Tschüs.«
    Aufatmend verließ ich die
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