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Schlossblick: Kollers fünfter Fall (German Edition)

Schlossblick: Kollers fünfter Fall (German Edition)

Titel: Schlossblick: Kollers fünfter Fall (German Edition)
Autoren: Marcus Imbsweiler
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Rohrwaldschule.
     

5
     
    Zwischen der Schule und dem Tatort lagen nur zwei Straßenecken. Ich
näherte mich vorsichtig, ständig auf der Hut vor Kommissar Fischer und seinen beiden
Wadenbeißern. Der gesamte Parkplatz einschließlich des Imbisswagens war abgesperrt,
dazu ein Teil der Sportanlage. Ich sah Kriminaltechniker in weißen Overalls gebückt
über das nasse Gelände streifen. Eine andere Gruppe, die mit diversen Vermessungsgeräten
hantierte, versuchte anscheinend, den exakten Standpunkt des Schützen zu ermitteln.
Einige Uniformierte standen außerhalb der Absperrung und sprachen mit Passanten
und Anwohnern.
    Diese Jungs hatten den härtesten Job.
    »Ich brauche mein Auto«, hörte ich einen aufgebrachten Dicken im Anzug
poltern. »Und zwar jetzt sofort! Wie soll ich sonst zur Arbeit kommen? Ich habe
ein Recht auf mein Auto, verstehen Sie, ein Recht!«
    Der Polizist erklärte ihm, dass sein Wagen noch nicht freigegeben sei.
Man sichere weiterhin Spuren.
    »Ich bin Mitglied im ADAC«, wütete der Anzugmensch. »Seit 1980!«
    »Das spielt keine Rolle.«
    »In Frankfurt warten sie auf mich. Ich bin ohnehin
schon spät dran.«
    »Steh halt früher auf«, meckerte eine Frau. Der
Polizist, der vermutlich nicht halb so viele Kilos auf die Waage brachte wie der
im Anzug, schenkte ihr einen dankbaren Blick.
    Auch ich war froh um diesen kleinen Ausbruch von
Volkszorn, denn so beachtete mich keiner. Hinter dem Schlossblick entdeckte ich
Fred. Ein Handy am Ohr, ging er zwischen Imbisswagen und Absperrband immer im Kreis
herum, wobei er nach jeder vollständigen Runde die Richtung wechselte.
    »Ja«, sagte er emotionslos, »ich hole das Zeug dann gleich morgen früh.
Klar geht das in Ordnung. Die werden mir die Bude einrennen in den nächsten Tagen.
Eine bessere Werbung gibt’s ja nicht.«
    Er beendete das Gespräch und steckte das Handy ein. Dann sah er mich,
wie ich mein Rad abstellte. Nachdenklich kratzte er sich am Kopf. Sollte er vergessen
haben, wer ich war?
    »Na, Fred, alles klar?« Ich schlüpfte unter dem Band durch.
    »Hallo, Max.«
    Also nicht vergessen. Machte wohl sein dumpfer
Gesichtsausdruck, dass man ihn für nicht ganz zurechnungsfähig hielt. Immerhin betrieb
der Junge seit Jahren einen gut gehenden Imbiss im Süden der Stadt. Dass er ihn
seit Jahren betrieb, sah man; dass er florierte, wusste ich von Kurt.
    »Rauchst du eine mit?«, fragte er.
    Ich schüttelte den Kopf. Fred öffnete die rückwärtige Tür des Imbisswagens,
langte hinein und holte eine leere Getränkekiste heraus, die er mir als Sitzplatz
anbot. Er selbst ließ sich auf dem Wagentritt nieder. Ruhig, mit den gemessenen
Bewegungen eines Mannes, der alle Zeit der Welt hat, begann er sich eine Zigarette
zu drehen.
    »Werbung für deinen Imbiss«, griff ich seine Worte von eben auf. »Findest
du das nicht ein bisschen makaber?«
    Verständnislos schaute er mich an. Dann nickte er. »Ach so, das meinst
du. Sicher, du kannst es makaber nennen. Der Schallmo macht den Abgang und ich den
großen Reibach. Aber so ist es nun mal. Selbst wenn ich es wollte, könnte ich nichts
daran ändern. Ich kann ja auch nichts daran ändern, dass die Bullerei meinen Imbiss
in Beschlag genommen hat. Vor morgen darf ich nicht wieder öffnen. Soll ich mich
drüber aufregen? Keine Lust. Lieber sage ich meinen Lieferanten für heute ab und
bestelle für morgen die doppelte Menge. Die Kunden werden kommen, so oder so.«
    »Katastrophentourismus.«
    »Genau. Drüben, auf der anderen Straßenseite, hat es vor Jahren mal
gebrannt. Kam keiner zu Schaden, aber die Feuerwehr machte ein mächtiges Spektakel.
Und von hier hatte man freie Sicht. Was meinst du, wie mein Laden da brummte. Den
Rest des Jahres hätte ich gar nicht mehr aufmachen müssen.« Sorgfältig verteilte
er den Tabak auf dem Papierstreifen.
    »Klingt ja fast nach einem Mordmotiv.«
    »Motive gibt es genug. Jeden Tag, jede Stunde. Nur dass man in der
Regel zu träge ist, sich von ihnen verleiten zu lassen.«
    »Wie gut kanntest du den Schallmo?«
    Er leckte über das eine Ende des Papiers, bevor er es zusammenrollte.
Dann kramte er ein Feuerzeug hervor. »Gar nicht. Wusste bloß, dass er Lehrer ist
und gern mal ein Feuerwürstchen verdrückt.«
    »Hatte er Familie?«
    »Glaube nicht.«
    »In der Schule hieß es, er habe seine Freundinnen ziemlich oft gewechselt.«
    »So ein Typ war er, allerdings.« Fred sah dem Rauch nach, den er ausstieß.
    »Also kanntest du ihn doch.«
    »Den Schallmo musste man
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