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Schlimmer geht immer

Schlimmer geht immer

Titel: Schlimmer geht immer
Autoren: David Lubar
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aufbrechen. Das wird spannend heute.«
    Wir machten uns auf den Weg. Ich ließ mich als Erster von dem Fahrstuhl transportieren und wartete dann auf der anderen Seite auf ihn. Soviel ich wusste, gab es auch Fahrstühle mit Zweiersitzen, aber die meisten hatten nur einen.
    Ich befand mich in der Empfangshalle der Zentrale des Nationalen Tor-Johnson-Fanklubs .
    »Wer ist Tor Johnson?«, fragte ich Mr Murphy.
    »Keine Ahnung.« Er führte mich nach draußen auf die Straße. Auf dem Bordstein parkte ein Auto. Wir stiegen ein und Mr Murphy fuhr los. Als wir eine oder zwei Meilen gefahren waren, bog er auf einen Zufahrtsweg, der beidseitig von Backsteinsäulengesäumt war. Der Weg schlängelte sich einen Hügel hoch und verschwand am Horizont zwischen zwei riesigen Baumreihen.
    »Da wären wir.« Er stieg aus.
    Ich versuchte erst gar nicht, ihn zu fragen, was wir hier wollten. Er sagte mir nie etwas, sofern er nicht sicher war, dass ich es wirklich unbedingt wissen musste. Offenbar hatte er kein Verständnis für Neugier.
    Auf halbem Weg erreichten wir eine Steinmauer mit einem Metalltor. Durch die Gitterstäbe sah ich knapp hundert Meter entfernt eine Villa. Sie hatte drei Stockwerke und war fast so groß wie die Mittelschule.
    »Cool. Treffen wir uns hier mit jemandem?« Ich fragte mich, ob es wohl einen Butler gab.
    »Nicht wirklich.« Mr Murphy öffnete das Schloss an dem Metalltor und machte es auf. Mir fiel auf, dass er dafür einen seiner Dietriche gebraucht hatte.
    Als er sah, wie ich daraufstarrte, meinte er: »Es ist immer gut, in Übung zu bleiben.«
    Als wir durch das Tor gingen, gab sein Knie nach, und er hielt sich am Tor fest, um nicht zu fallen. Er stöhnte und biss die Zähne aufeinander.
    »Alles in Ordnung?« Ich nahm an, ihm tat immer noch alles weh wegen dieser üblen Burschen.
    »Mir geht’s gut, Junge. Mach dir keine Sorgen. Geh schon mal vor. Wir treffen uns in einer Minute bei der Eiche dort drüben.« Er beugte sich vor und rieb sich das Knie.
    Ich ging zu dem Baum, der ungefähr zwanzig Meter von der Villa entfernt war. Kurz bevor ich dort ankam, sah ich etwas von der Villa aus auf mich zurasen.
    Wachhunde.
    Drei an der Zahl. Sie hoben sich dunkel vom Rasen ab und schossen auf mich zu wie Zielflugraketen.
    Sie bellten nicht, aber ich konnte sie leise knurren hören.
    Dann nahm ich aus dem Augenwinkel noch eine andere Bewegung wahr, zugleich hörte ich ein Klicken. Mr Murphy war wieder nach draußen gegangen und hatte das Tor hinter sich geschlossen.
    Mein Verstand befahl mir zu rennen. Fast hätte ich auf ihn gehört. Doch dann fiel mir ein, wie ich als kleines Kind zum ersten Mal einem streunenden Hund begegnet war. Damals war ich mit meinem Dad in der Stadt. Ich war vielleicht vier oder fünf Jahre alt. Der Hund hatte mit dem Schwanz gewedelt, aber als er näher kam, knurrte er. Ich drehte mich um, aber Dad legte eine Hand auf meine Schulter.
    »Nicht rennen«, sagte er.
    Ich sagte, dass ich Angst hätte.
    »Ich weiß«, sagte er. »Das ist völlig in Ordnung. Aber Hunde jagen dich, wenn du rennst. Das ist ihr Instinkt.«
    Also hielt ich still. Der Hund schnupperte an meinem Bein, dann drehte er sich um und lief weg. Mein Dad stand die ganze Zeit neben mir, und ich wusste genau, dass er es nicht zulassen würde, dass mir jemand wehtat.
    Natürlich war das damals kein Wachhund gewesen. Schon gar nicht drei Wachhunde. Trotzdem, wenn ich nicht absolut sicher war, dass ich das Tor vor ihnen erreichen konnte, sollte ich lieber nicht rennen. Ich war zwar ziemlich schnell, aber ich war überzeugt, dass die Tiere noch schneller waren.
    Während ich über all dies nachdachte, hatten die Hunde mich erreicht. Sie stürzten auf mich zu, als wären sie scharf darauf, mich in drei unterschiedliche Richtungen auseinanderzureißen. Vielleicht war es doch ein Fehler gewesen, nicht wegzurennen.

6

SALZLÖSUNG

    Ich fragte mich, ob am Ende wohl noch genug von mir übrig bleiben würde, um mich wieder zusammenzukleben. Über die Schmerzen wollte ich lieber nicht nachdenken. Wenn ich mir einen abgefallenen Finger wieder anklebe, tut das jedes Mal höllisch weh. Der Schmerz hält zwar nicht sehr lange an, ist aber schlimmer als alles andere zu meinen Lebzeiten. Die Vorstellung, dass man mich komplett wieder zusammenkleben müsste, war entsetzlich.
    Aber die drei Hunde taten etwas irre Seltsames. Wenn Hunde mit den Schultern zucken könnten, dann hätten sie in dem Moment genau das getan. Sie verloren mit einem
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