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Schleichendes Gift

Schleichendes Gift

Titel: Schleichendes Gift
Autoren: Val McDermid
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Schaf eingestellt hatte, für das mitverantwortlich, was geschehen war. Deshalb hatte er ihnen die Reserveschlüsselkarte gegeben, mit der sie in die Tiefgarage, den Aufzug und die Wohnung selbst kamen, vorausgesetzt, sie hatten die richtige PIN, die er ihnen auch genannt hatte.
    Alles funktionierte perfekt, bis sie zur Wohnungstür kamen, wo das Display anzeigte, die PIN sei nicht korrekt. Carol versuchte es zweimal, bevor sie den Misserfolg akzeptierte. »Ich wette, er ändert die PIN, wenn er ankommt, und stellt sie wieder um, wenn er weggeht«, überlegte sie. »Dreckskerl.«
    »Was machen wir jetzt?«
    »Hat Stacey nicht eins von diesen Dingern, die man reinsteckt und die dann die PIN-Codes auslesen?«
    Chris schnaubte. »Ich glaube, das war in einem Film, Chefin. Aber selbst wenn sie eins hätte, haben wir nicht die Zeit für diese Art Unfug. Was ist mit dem Sicherheitsdienst? Meinen Sie, die haben eine Art Hauptkarte wie einen Generalschlüssel?«
    »Gehen Sie und fragen Sie nach«, sagte Carol. »Ich warte hier.«
    Erst nach acht langen Minuten kehrte Chris mit einem älteren Mann in der Uniform der Security-Firma zurück. Er schaute unter seiner Schildmütze hochnäsig auf Carol herab. »Ich muss vorher Ihren Ausweis mit Foto sehen«, erklärte er.
    »Sergeant Malory leitet den Sicherheitsdienst«, stellte Chris ihn vor und bemühte sich so gut sie konnte, liebenswürdig zu sein.
    Schweigend holte Carol ihren Dienstausweis und die Zugangskarte für das Polizeipräsidium in Bradfield heraus. Malory hielt ihn gegen das Licht und betrachtete ihn genau, um zu sehen, ob das Hologramm echt war. »Sollten Sie nicht einen Durchsuchungsbefehl haben?« Er warf ihr einen strengen Blick zu.
    Carol biss sich auf die Zunge. »Abschnitt achtzehn des Polizeigesetzes zur Erlangung von Beweismaterial«, stieß sie zwischen zusammengepressten Zähnen hervor. »Ich brauche keinen Durchsuchungsbefehl, wenn ich Grund zur Annahme habe, dass ich eine schwerwiegende Straftat verhindern kann. Was ich habe, worüber ich Ihnen aber nichts Näheres mitteilen werde, Mr. Malory.«
    Chris verdrehte hinter seinem Rücken die Augen und zeigte mit dem Zeigefinger auf ihre Schläfe, als wolle sie sich erschießen. Aber anders als sie erwartet hatte, gab Malory nach. »Geht in Ordnung, Ma’am«, meinte er, führte die Karte ein und tippte schwungvoll die Zahl auf dem Tastenfeld ein.
    Nach einem gedämpften Summen ging die Tür auf, als er mit den Fingerspitzen dagegendrückte. Carol gab Chris ein Zeichen, sie solle leise folgen, und schlich den kurzen Flur entlang. Durch die offene Tür am anderen Ende konnte sie nichts sehen, hörte aber von drinnen angestrengtes Ächzen und Stöhnen. Sie hatte nur einen Moment Zeit, um zu entscheiden: sich anschleichen oder vorpreschen?
    Mit einer schnellen Handbewegung winkte Carol Chris heran und stürmte durch die Tür.
    Das Bild brannte sich ihr wie ein Schnappschuss ein. Kevin lag mit dem Rücken auf dem Boden, die Beine angewinkelt, die Hose offen, die Arme hoch über dem Kopf, sein rotes Haar zerzaust und ein dümmliches Lächeln auf dem Gesicht. Hinter ihm auf dem Boden lag wie ein vergessenes Plüschtier eine Perücke, die wie eine Fontäne von Haaren aussah. Über ihn gebeugt versuchte ein Mann, ihn umzudrehen – der Mann auf dem Foto, derjenige, der sich seit der Zeit, als er noch Jack Anderson gewesen war, entschieden weiterentwickelt hatte. Sein kurzes Haar klebte schweißnass am Kopf, und er hatte sich zwei Tage nicht mehr rasiert, aber es bestand kein Zweifel, dass er es war.
    Chris stürzte an Carol vorbei auf Anderson zu. Aber er war schneller, als sie erwartet hatten, sprang hoch und nutzte Chris’ Schwung aus, um sie mit einer ins Gesicht gezielten Geraden abzuwehren und dann nach links abzudrängen, so dass sie auf Kevin treten oder über ihn hinwegstolpern musste. Blut lief ihr übers Gesicht, während sie sich mit den Armen fuchtelnd aufrecht zu halten versuchte.
    Anderson stürmte weiter und rammte mit der Schulter Carol. Sie versuchte verzweifelt, ihn zu fassen, und konnte ihn am Hemd packen, als er vorbeirannte. Knöpfe flogen durch die Gegend, er machte sich von ihr los, warf das Hemd ab wie eine Schlange ihre Haut und ließ sie zurücktaumelnd hinter sich.
    Dann war er fort, beide hinter sich lassend, hatte er die Tür erreicht.
    »Scheiße«, schrie Carol frustriert, als er verschwand.
    Sie hatte jedoch Sergeant Malory vergessen.

    Tony war immer noch mit dem Feuilleton
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