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Schlangenaugen

Schlangenaugen

Titel: Schlangenaugen
Autoren: Carol Grayson
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Casino einen guten Ruf hat und auch behält."
    "So ist´s recht, Junge", brummte Jenkins. Er klopfte dem jungen Mann väterlich auf die Schulter. "So ist´s recht", wiederholte er dabei und mischte sich wieder unter die anderen Gäste.
    André schlenderte hinaus auf die Veranda, grüßte den einen oder anderen im Vorbeigehen. Die frische Luft tat ihm gut. Ein sternenklarer Himmel wölbte sich über wogenden, grünen Feldern. Am Horizont waren die Silhouetten der Baumriesen zu erkennen. Dort begann der Sumpfwald - das Bayou.
    Er schaute sich suchend um. Dort in der Ecke sah er Joseph allein stehen. Er hatte die Hände auf das Geländer gestemmte und schien dem Gesang der Frösche und Zikaden im fernen Sumpf zu lauschen. In dem schwarzen Anzug sah er ungewohnt männlich und erwachsen aus. Die einst langen Locken war jetzt gekürzt und mit Pomade gebändigt worden. Ein angenehmer, holzig-würziger Duft umgab ihn, wie André beim Näherkommen feststellte. Er sog den Geruch durch seine Nasenflügel ein und stellte sich gerade so dicht neben seinen Freund, dass ein Unbeteiligter keinen Verdacht schöpfen konnte, dass es mehr zwischen ihnen beiden geben könnte als Freundschaft. Schulter an Schulter standen sie da und lauschten schweigend dem Chor der Nacht.
    "Willst du mir nicht sagen, was dich bedrückt?", fragte André schließlich leise. Joe schaute weiter in die Dunkelheit. Sein Atem ging ruhig und gleichmäßig. Es dauerte eine Weile, bis er zugab: "Ich habe Angst."
    "Wovor? Alles läuft bestens. Oder befürchtest du, Rosie könnte was ausplaudern?"
    Joe schüttelte heftig den Kopf. "Nein, dazu ist sie überhaupt viel zu naiv. Ich habe Angst um uns. Dass dieses ganze Projekt uns über den Kopf wachsen wird. Dass ich dich kaum noch zu Gesicht bekomme, weil du zu sehr mit deinen Geschäften zu tun hast, dass dich vielleicht ein Spieltisch mehr locken könnte, als..." Er hielt mitten im Satz inne.
    André schmunzelte. "...als du?"
    Joe gab keine Antwort. André zog seinen Freund am Ärmel. "Komm mit." Joe folgte ihm hinter die Seitenwand des Hauses, an der sich nur im oberen Stockwerk zwei Fenster befanden, so dass sie völlig unbeobachtet im Dunklen standen. André umarmte Joe und küsste ihn mit einer Sanftheit und zugleich Leidenschaft, dass diesem der Atem wegblieb.
    "Genügt dir die Antwort?", lächelte André ihn an. "Du bist in Sicherheit. Und ich bin es auch. Du wirst in Zukunft auf mich aufpassen und mich davon abhalten, die Würfel nochmal anzurühren, hörst du. Allerdings kann ich dir nicht versprechen, dass ich nicht ab und zu mal ein Kartenspiel wagen werde. Ich brauche jemanden, der mir ab und zu den Kopf wäscht, wenn Sheriff Jenkins nicht da ist."
    Diesmal war es an Joseph, zu lächeln. "Das kann ich dir versprechen. Im Grunde haben deine Schlangenaugen uns doch Glück gebracht, oder? Andere, die so sind wie wir, müssen ihre Liebe ein Leben lang verbergen. Wir können sogar zusammen wohnen, ohne, dass jemand Anstoß daran nimmt."
    "Trotzdem müssen wir vorsichtig sein."
    Joe nickte traurig. "Das ist leider wahr. Niemand wird uns so akzeptieren, wie wir sind. Weder hier im Süden noch im Norden."
    "Vielleicht wäre das in der alten Welt anders?", überlegte André. In seinem cleveren Köpfchen reifte schon wieder ein neuer Plan. Er war und blieb eben ein unsteter Geist, doch diesmal verhinderte Joe, dass er diese Idee zu Ende dachte.
    "Denk nicht einmal dran. Wir werden hierbleiben", schimpfte er scherzhaft.
    Sein Freund lachte. "Für immer?"
    "Für immer."
    "Dann haben mir die verfluchten Schlangenaugen doch noch Glück gebracht", lachte André. Trotzdem schwor er sich, nie wieder ein Paar Würfel anzurühren. Er wollte all das, was das Schicksal ihm nun geschenkt hatte, nicht noch einmal aufs Spiel setzen.
    An diesem Abend gaben sie sich ein Versprechen, dass sich andere Menschen vor dem Traualtar geben konnten. Ihnen blieb diese Möglichkeit verwehrt. Sie gingen gemeinsam wieder zu ihren Gästen, begrüßten den einen oder anderen persönlich.
    Erleichterung hatte sich in ihren Herzen breitgemacht. Dieses Land hatte eine große Zukunft. Sie waren ein Teil dieser Zukunft. Ihr hell erleuchtetes Casino war ein Teil davon.
    Als sie früh am Morgen die letzten Gäste verabschiedet hatten und auch das Personal nach Hause gegangen war, fielen sie sich überglücklich in die Arme.  
    Für die Gesellschaft von Baton Rouge waren sie nur beste Freunde, doch kaum schlossen sich die mächtigen Flügeltüren des
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