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Schlangenaugen

Schlangenaugen

Titel: Schlangenaugen
Autoren: Carol Grayson
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Frühstück zu. Dann könnt ihr mir alles erzählen. Ich brenne darauf, alles zu erfahren!"
    Ihre Stimme duldete keinen Widerstand. Mit einem Schmunzeln im Gesicht fügten sich die beiden jungen Männer und gingen hinauf in den ersten Stock ins Badezimmer. André heizte den Ofen mit Holzstücken vor, während Joe im Garten mit der Hand das Wasser aus dem Brunnen pumpte und immer zwei Eimer auf einmal hochschleppte. Dort wurde das Wasser zunächst in zwei große Kupferkannen auf dem Ofen erhitzt, bevor André es in die Zinkwanne goss. Emily brachte ihnen noch frische Kleidungsstücke und verschwand wieder in der Küche.
    Sie bewunderte, mit welcher Leichtigkeit Joseph die schweren Wassereimer die Treppe hinauf schleppte, wenn er an der Küchentür vorbeikam. „ Irgendwie fehlt doch ein Mann im Haus“, dachte sie dabei, dann konzentrierte sie sich wieder auf den Teig.  
    Eine solch anstrengende Arbeit war Joe gewohnt. Er hatte sein Hemd dafür ausgezogen. Sein muskulöser Oberkörper glänzte, als er den letzten Eimer in die Wanne goss. André saß bereits völlig entkleidet darin und seifte sich gerade ein. Das kalte Wasser aus dem Brunnen ließ ihn lautstark protestieren. Joseph lachte und ließ den Eimer fallen, tauchte André absichtlich noch einmal unter. Dieser griff aus dem Wasser heraus nach Joes Gürtel und zog ihn mitsamt seinen Beinkleidern in die überschwappende Wanne hinein. Pudelnass und lachend tauchten sie beide wieder auf. Emily schüttelte unten in der Küche den Kopf, als sie ihr Toben oben bemerkte. "Die benehmen sich wie zwei kleine Jungs", murmelte sie halb vorwurfsvoll und halb erfreut. Doch sie hatte genug mit dem Wenden der Pfannkuchen zu tun, um sich darüber aufzuregen.  
    Joe strich sich die mittlerweile schulterlangen schwarzen Locken aus dem Gesicht. André warf ihm das Stück Seife zu, das er mit beiden Händen auffing. Für ein paar Sekunden schauten sie sich tief in die Augen. "Vielleicht wird es langsam Zeit, uns einzuseifen, bevor das Wasser kalt wird", schlug André lachend vor. Joe warf die Seife aus der Wanne, nahm Andrés Gesicht in beide Hände und sie versanken in einem leidenschaftlichen Kuss. André half seinem Freund dabei, sich der nassen Jeans zu entledigen. Dann versank die Welt um sie herum.
    * * *
    "Ihr habt euch aber ganz schön Zeit gelassen. Ich habe schon zweimal gerufen! Seid ihr taub?", meinte Emily beleidigt am Frühstückstisch, als die beiden jungen Männer sauber frisiert und in frischer Kleidung die Treppe hinuntersprangen und sich in die Küche begaben. Sie strahlten eine ungewohnte Heiterkeit aus, die Emily Rätsel aufgab. Es duftete nach Kaffee, Spiegeleiern und Pfannkuchen. Ihnen lief das Wasser im Munde zusammen.
    André gab ihr zur Versöhnung einen Kuss auf die Wange. "Entschuldige, Ma. Ich fürchte, wir haben da oben eine ganz schöne Überschwemmung verursacht. Wir räumen das gleich nach dem Frühstück auf, versprochen." Er zwinkerte Joe verschwörerisch zu und dieser nickte nur eifrig. Dann stürzten sie sich auf die frischen Pfannkuchen mit Ahornsirup.  
    Nachdem ihr Bärenhunger gestillt war, erzählte André seiner Ziehmutter von ihren Erlebnissen, seit sie sich getrennt hatten. Joe ergänzte den einen oder anderen Satz, verhielt sich aber sonst eher schweigsam.
    "Und was habt ihr nun vor?", fragte seine Ziehmutter. Ihr braunes Haar war zu einem Kranz um den Kopf geflochten und zarte graue Strähnen glänzten wie Spinnfäden zwischen dem Braun. Sie war immer noch schlank und adrett gekleidet.
    "Ich denke, wir versuchen noch einmal, uns nach Norden durchzuschlagen", meinte André. Eine bessere Idee hatte er derzeit nicht zu bieten. "Vielleicht können wir ja auch den Dampfer nehmen, wenn du uns das Geld für die Überfahrt leihst", fügte er leise hinzu. Die Passage wäre etwa so teuer wie der Kauf von zwei neuen Pferden, das wusste er. Aber der Ritt war wesentlich anstrengender.
    Zu seinem Erstaunen schüttelte Emily den Kopf. "Habt ihr es denn noch nicht gehört?" fragte sie erstaunt.
    "Was gehört?"
    "Seit heute herrscht endlich wieder Frieden. Der Sezessionskrieg ist beendet", verkündete sie. "Die Nachricht kam heute mit dem Schiff an und seitdem feiern die Leute überall. Deshalb hat man euer Kommen wohl auch nicht bemerkt. Aus dem Grund muss ich heute auch nicht zur Arbeit. Ist so eine Art inoffizieller Feiertag.'"
    Joe und André schauten sich verblüfft an. Damit hatten sie nicht gerechnet. "Eine unserer Truppen hat sich kurz vor
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