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Schlangenaugen

Schlangenaugen

Titel: Schlangenaugen
Autoren: Carol Grayson
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Gesichtsausdruck zu. Offenbar hatte sie tatsächlich nichts gegen Farbige.
    "Danke für dein Vertrauen, Joseph. Ich schwöre, dass ich dein Geheimnis mit ins Grab nehmen werde", verkündete sie feierlich. Joe war erleichtert. Er fühlte sich jetzt hier so sicher wie damals als Kind in Mama Bos Hütte.
    "Da ist noch was", meinte er jetzt und zog das Testament seines Vaters aus der Hosentasche. Es war bereits stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Er entfaltete das zerknitterte Pergament und schob es Emily über den Tisch. Immerhin war die Schrift noch gut leserlich. Emily nahm ihre Brille hinzu und las schweigend McMillans Vermächtnis.
    "Eine noble Geste nach all seinen Sünden", sagte sie leise und gab Joe das Papier zurück. "Das Problem ist nur..." sie nahm die Brille nun wieder ab "...dass niemand dieses Testament für echt halten wird, sollte deine Herkunft mütterlicherseits jemals bekannt werden. Noch ist dieses Land nicht soweit, Farbige wirklich zu akzeptieren oder gar zu integrieren, auch wenn der Krieg zu Ende ist, alle Sklaven als frei gelten und für ihre Dienste entlohnt werden müssen. Eine solche Veränderung kann noch Jahrzehnte dauern." Mit dieser prophetischen Aussage sollte die lebenserfahrene Frau Recht behalten.
    An solche Probleme hatten die beiden Freunde nicht gedacht.
    "Was schlägst du vor, Ma?", fragte André ziemlich ratlos.
    Emily hatte bereits begonnen, Überlegungen anzustellen. "Es gibt zwei Möglichkeiten, vorausgesetzt, Joe will das Erbe antreten", begann sie. "Zunächst gehen wir mit Joe zum Sheriff und beanspruchen die Plantage für ihn, ohne seine Abstammung zu erwähnen. Wir werden sein Geheimnis bewahren, doch wir können nicht sicher sein, dass nicht eines Tages jemand von der Plantage in die Stadt kommt, der ihn wiedererkennt und es ausplaudert. Niemand weiß, wie die Gesetzeslage bis dahin sein wird und ob sie ihm seinen Grundbesitz belassen."
    Damit hatte sie Recht, die Gefahr würde immer bestehen, dass einer der ehemaligen Sklaven oder Aufseher Joe wiedererkannte. „ Ein Leben in Angst, kein schönes Gefühl“ , dachte André. "Und die zweite Möglichkeit?", fragte er daher. 
    "Die könnte eure Freundschaft auf die Probe stellen", meinte Emily und fuhr fort: "Es ist im Prinzip das gleiche Vorgehen und Joe verkauft seinen Grundbesitz nach Antritt des Erbes an dich. Damit kann ihm niemand später etwas streitig machen. Das ist zwar die sicherste Methode, aber auch eine Vertrauenssache."
    Sie schaute einen nach dem anderen an. Joe hatte aufmerksam zugehört. Was Emily da vorschlug hatte Hand und Fuß. Damit läge sein Schicksal in den Händen seines geliebten André und dessen Ziehmutter. Sein Geheimnis und damit er selbst war ihnen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Obwohl ihm dies klar war, nickte er. Zum einen aus Liebe zu André und zum anderen, weil er als Sklave sowieso nie etwas Eigenes besessen hatte und niemals an einen solchen Glücksfall gedacht hatte. Emily und André waren auf jeden Fall das kleinere Risiko. Die meisten der anderen ehemaligen Sklaven auf der Cloudy Moon hätte ihm sein Erbe geneidet und ihn bedenkenlos verraten.
    "Denkt in Ruhe darüber nach, ihr zwei. Vielleicht wäre es sogar besser, McMillans Testament ganz zu vergessen und woanders neu anzufangen. Obwohl ich euch vermissen würde.", sagte sie mit einem Lächeln. "Inzwischen könnt ihr oben das Badezimmer aufräumen, wie ihr es versprochen habt. Faulenzer gibt es in meinem Haus nicht!", forderte sie dann mit strengerer Stimme. Ein schelmischer Glanz lag dabei in ihren Augen und die beiden Jungs machten sich sofort an die Arbeit.
    * * *
    "Ich glaube, ich seh´ nicht richtig", knurrte der massige Sheriff, als Emily mit ihren beiden jungen Gästen sein Büro betrat. "Hatte ich dich nicht der Stadt verwiesen, Junge?", wandte er sich an den Spieler.  "Ist dir klar, dass ich dich jetzt einsperren muss?" Jenkins wollte sich gerade aus seinem Stuhl erheben.
    "Bitte, hören Sie uns zunächst an, Sheriff", bat Emily. "Später können Sie immer noch entscheiden, was Sie mit ihm machen."
    Jenkins setzte sich wieder. "Also? Was führt euch zu mir und wer ist das überhaupt?" Er wies dabei auf Joseph.
    "Das ist Joseph St. Cloud, McMillans unehelicher Sohn", platzte Emily heraus und wies Joe, der neben ihr stand, an, dem Sheriff das Testament zu zeigen.
    "Setzt euch", murrte der und nahm das Papier entgegen. Die drei Besucher nahmen vor seinem Schreibtisch Platz.
    Der Sheriff las das Dokument,
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