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Schlaf, Kindlein, schlaf

Titel: Schlaf, Kindlein, schlaf
Autoren: Annika von Holdt
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ruheloser Geist, aber im Lauf der letzten halben Stunde hatte er sich näher herangeschlichen und stand nun neben ihr. Sie spürte das instinktiv, obwohl sie ihn in diesem Moment nicht sehen konnte.
    Mark Knopfler und seine elektrische Gitarre dröhnten mit Sultans of Swing derart laut aus den riesigen Boxen, dass der Boden vibrierte und die Wände bebten. Das Wachs von Hunderten Kerzen in zitternden Leuchtern tropfte zu Boden und bildete kleine Berge von geschmolzenem Stearin auf dem Fliesenmosaik.
    Chelsea Ford stand mit dem Rücken am Kaminsims hinter einer Traube junger Mädchen, die im Rhythmus der Musik ihre Hüften wiegten. Sie ließ den Blick durch den Raum schweifen. Im Saal drängten sich zahllose Gäste in Feierlaune, Zigarettenrauch und Gesprächsfetzen machten die Luft undurchdringlich. Chelsea kannte niemanden, sie war nur wegen Jasmin mitgekommen. Jasmin hatte irgendeinen Typen beim Chatten im Internet kennengelernt, den sie treffen wollte, und Chelsea fungierte als Rettungsanker, falls ihre Freundin sitzen gelassen wurde oder der Typ komplett verrückt war.
    Chelsea war schwindelig und warm, und in ihrem Magen rumorte es wie in einer Waschmaschine. Sie hielt nach ihrer Freundin Ausschau, konnte sie aber nirgends entdecken. Chelsea drehte sich um und ging nach draußen, um dort nach ihr zu suchen …
    Und lief geradewegs in ihn hinein.
    Sie wusste, dass er das so eingefädelt hatte, auch wenn es natürlich wie ein reiner Zufall aussehen sollte. Er lächelte teuflisch und zog ihr mit seinem Blick den Slip bis zu den Knöcheln. Die Kerzenflammen flackerten in seinem diabolischen Blick, das einnehmende Lächeln kam nicht in seinen Augen an und verschwand wieder.
    Er war kein grausamer Mensch – sicherlich nicht –, aber auch nicht besonders nett, obwohl er zweifelsohne zu denjenigen zählte, die viel Zeit damit verbrachten, vor dem Spiegel zu posieren. Man konnte gut und gerne sagen, dass er recht durchschnittlich aussah, wenn man seinen mit Steroiden vollgepumpten Körper außer Acht ließ. Aber es gab etwas, wodurch er sich von der Menschenmenge im Saal abhob. Etwas, das eine Gänsehaut verursachte.
    Nach einem endlos langen Augenblick, in dem er ihr jedes Mal, wenn sie versuchte, an ihm vorbeizukommen, in den Weg trat, seufzte sie und fragte: »Was willst du?«
    »Wenn man verrät, was man will, kriegen es die Leute manchmal mit der Angst«, entgegnete er mit leiser, seidenweicher Stimme, die überhaupt nicht zu seinem neunzig Kilo schweren, massigen Körper passte.
    Sie hob die Brauen und musterte ihn kühl. »Ist es denn so gefährlich, was du willst?« Sie bereute ihre Frage sofort.
    Er beugte sich vor und flüsterte ihr ins Ohr: »Ich würde dir fünfhundert Dollar geben, wenn ich dich ficken könnte.«
    Sie zog den Kopf zurück. Er strahlte Selbstsicherheit und Selbstzufriedenheit aus. Sein schwarzes Haar war mit glänzendem Wachs zurückgekämmt, und sein hellgelbes Hemd bis zur Brust aufgeknöpft.
    »Wie bitte?« Sie dachte, sie müsste sich verhört haben, war sich aber dennoch unsicher.
    Er machte eine nickende Kopfbewegung in Richtung Treppenabsatz, wo die dunklen Stufen in einer Kurve nach oben führten. »Da oben gibt es ein schönes weiches Bett!«
    Sie trat einen Schritt zurück und betrachtete ihn verächtlich. Sie hatte sich doch nicht verhört. »Das soll wohl witzig sein.«
    Er lächelte schief und machte einen Schritt auf sie zu, sodass sein Glied unmittelbar vor ihrem Unterleib verweilte. Dann legte er eine Hand auf ihre Schulter und drückte sie leicht.
    »Fass mich nicht an!« Chelsea spürte, wie der Rumgeschmack aus dem Magen in ihren Hals aufstieg, und die Alarmglocken schrillten in ihrem Kopf. Sie sah ihn nicht direkt an. Ihm in die Augen zu sehen, würde den Moment wirklicher machen. »Du bist widerlich und anscheinend geistig minderbemittelt, und ich würde lieber Rasierklingen essen, als mich von dir anfassen zu lassen!«
    Sie versuchte, sich an ihm vorbei zu drängen, aber er trat wieder einen Schritt zur Seite und versperrte ihr den Weg.
    »Wenn du deine Karten richtig ausspielst, kann es sogar sein, dass ich dich mit einer Rasierklinge ficke!« Seine Miene verzog sich zu einem breiten Grinsen. »In den Hintern. Vielleicht mache ich das ganz schnell. Wie die Karnickel. Vielleicht mache ich dir ein neues Arschloch.«
    Ihr lippenstiftroter Mund verzog sich vor Entsetzen und Abscheu, und sie wandte sich so abrupt ab, als hätte sie sich verbrannt. »Verpiss dich, du
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