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Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition)

Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Melanie Metzenthin
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Kopf. »Ah, Deern, du bist schon zurück?«
    »Ja, Anna hatte nicht so viel Kraft. Und ihr macht hier die Marieke wirr?«
    »Ja, wir müssen doch den schwarzen Ritter besiegen!«, rief Hans. »Der Käpt’n ist der schwarze Ritter.«
    »Aha. Und wer ist der Herr Erik?«
    Der Genannte grinste sie breit an. »Zu Gast beim weißen Ritter Hans.«
    Bei aller Unbeschwertheit waren Erik die Strapazen der letzten Tage deutlich anzusehen. Brida war sich sicher, dass er nach wie vor Schwierigkeiten hatte, fest auf den Beinen zu stehen, auch wenn er alles tat, sich nichts anmerken zu lassen.
    Die Haustür klappte. Elsa kam, und ihr Erscheinen war so machtvoll, dass der weiße Ritter widerspruchslos den Kampf für diesen Tag beendete. Bridas Vater lud Erik ein, ihm und seiner Tochter in die gute Stube zu folgen. Als Erik sich vom Tisch erhob, sah Brida, dass sie mit ihrer Vermutung recht hatte. Er musste sich abstützen, und seinen Bewegungen fehlte noch die Geschmeidigkeit, die sie eigentlich von ihm erwartet hätte.
    Im Kamin in der Stube flackerte ein munteres Feuer und verströmte einen angenehmen Duft nach Wald und Freiheit. Marieke hatte wohl etwas Lavendel ins Feuer geworfen.
    Brida folgte Eriks Blick, der durch den Raum wanderte und die Borde aus Eichenholz musterte, in denen sich im Laufe der Jahre allerlei Kram angesammelt hatte, den der Kapitän von seinen Reisen mitgebracht hatte. Besonders lang betrachtete er das geschnitzte Modell einer Kogge, das auf dem Kaminsims stand.
    »Die Adela «, erklärte ihr Vater, der Eriks Blick ebenfalls gefolgt war. »Mein Schiff.«
    »Fährt sie noch für Euch?«
    »Nehmt doch Platz.« Hinrich wies auf einen der beiden Lehnstühle vor dem Kamin. Auch ihm war aufgefallen, dass es Erik schwerfiel, längere Zeit zu stehen. Brida zog sich einen kleineren Stuhl heran, und auch ihr Vater setzte sich.
    »Ja, die Adela fährt noch. Ich habe sie vor einigen Jahren an einen jüngeren Mann übergeben. Kapitän Cunard ist mir empfohlen worden, und er ist seinem Ruf gerecht geworden. Die Adela bringt uns weiterhin gute Erträge ein.«
    »So seid Ihr Anteilseigner?«
    Ob die Erzählung ihres Vaters wohl wieder Erinnerungen in Erik wachrief?
    Der Kapitän nickte. »Früher fuhr ich für ein Viertel, jetzt ist’s ein Achtel, aber es reicht, um es mir an Land behaglich zu machen.«
    Erik nickte.
    »Ihr kennt Euch aus mit der Seefahrt?«, fragte Hinrich.
    »Ich nehme es an, denn was Ihr berichtet, ist mir nicht fremd, auch wenn ich mich nicht erinnere, wo ich es gelernt habe.«
    »Wirklich sonderbar. Ihr wisst nicht mehr, wer Ihr seid, aber Eure Persönlichkeit und Eure Fähigkeiten habt Ihr nicht eingebüßt.«
    »Nur meine Vergangenheit und meinen Namen«, ergänzte Erik leise.
    »Glaubt Ihr, irgendetwas geschieht auf Gottes Erden ohne Sinn?« Der alte Kapitän schaute Erik tief in die Augen. »Wovor mag das Schicksal Euch wohl bewahren wollen? Oder wohin mag es Euch führen?«
    »Wie Ihr das sagt, klingt es so, als sei es ein Vorteil, nicht mehr zu wissen, wohin man gehört.« Brida nahm die Bitterkeit in Eriks Stimme wahr.
    »Kein Vorteil, aber vielleicht eine Möglichkeit, das Leben mit anderen Augen zu sehen. Ganz ohne die Zwänge Eurer Herkunft.«
    In Eriks Gesicht schien Überraschung mit Verärgerung zu kämpfen. Nicht jeder konnte Vaters Weisheiten folgen. Ob Erik es wohl vermochte? Bridas Gedanken schweiften zurück. Zurück in eine Zeit, da Vater ihr auf seine Art die Welt erklärt hatte.
    Auf dem Meer bist du so frei wie nirgendwo sonst, aber doch bist du auch die Gefangene deines Schiffs, pflegte er zu sagen. Hier zählt der Mensch, nicht der Stand. Und dann hatte er ihr erlaubt, wie ein Schiffsjunge in die Takelage zu klettern, auch wenn es sich nirgendwo sonst auf der Welt für ein Mädchen geziemt hätte.
    »Habt Ihr eine Ahnung, wie quälend es ist, wenn man nicht einmal weiß, welchem Volk man angehört?« Sie hörte die Verzweiflung aus Eriks Stimme heraus. »Vor allem, wenn es Kriegszeiten sind?«
    »Der Krieg hat nichts mit den Menschen zu tun«, antwortete Bridas Vater. »Da geht’s nur um Gewinn, Steuern und Zölle. Eigentlich nichts, wofür sich das Sterben lohnt.«
    »Nur wenn es um Heimat und Familie geht, sollte sich ein Mann bereitwillig dem Tod stellen«, führte Erik den Gedanken zu Ende. »Heimat und Familie.«
    Seine Worte schnitten Brida ins Herz. Der Toten und der verlorenen Heimat konnte man gedenken. Um wie vieles grausamer mochte es indes sein, nicht mehr zu
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