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Schicksalspfad Roman

Schicksalspfad Roman

Titel: Schicksalspfad Roman
Autoren: Catherine Bourne
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sie auf der Schildkröteninsel zu besuchen, wie er es vorgehabt hatte. Doch als sie den Brief abschicken wollte, verlor sie den Mut. Wenn er nun nicht antwortete? Wenn er sie für albern hielt? Dieser Gedanke war zu schrecklich für sie. Doch sie hoffte und betete, dass er sie eines Tages im Krankenhaus besuchen käme. Jeder Tag, an dem das nicht geschah, war für sie eine Qual.
    Drei Wochen vergingen langsam und schmerzlich. Alice war dreiundzwanzig Jahre alt und die einzige Frau ihres Alters in ihrem Bekanntenkreis, die noch nicht verheiratet war.
    Nach einem Monat begann Alice allmählich, an andere Dinge
zu denken. Sie hatte bei der Arbeit viel zu tun und half außerdem ihrer Mutter, deren Gesundheit angegriffen war. Sie erlernte das Stricken. Sie trat einem Chor bei, um zu singen.
    Eines Nachts, als sie in ihrem Zimmer schlief, weckte sie ein hohes, wildes Geräusch von draußen. In ihrem halbwachen Zustand hielt sie es für die Schreie von Seevögeln. Auf Turtle Island gab es jede Menge Seevögel: Enten, Gänse, Möwen, Reiher, Schwäne und große weiße Silberreiher. Aber die schmalen Strände, auf denen die Vögel sich aufhielten, lagen auf der anderen Seite der Insel. Gewöhnlich versammelten sie sich nicht auf der sumpfigen Seite, wo Alice’ Haus stand. Doch wenn es keine Vögel waren, was hörte sie dann? Vorsichtig und ein wenig ängstlich sah Alice aus dem Fenster. Dort, kurz hinter den Binsen, schwamm ein kleines Ruderboot auf dem dunklen Wasser, das im Mondlicht glänzte. In dem Boot stand ein Mann, und er spielte - das war das seltsame Geräusch - einen Dudelsack! Alice schaute auf die Uhr. Es war zwei Uhr morgens.Wütend öffnete sie das Fenster. »He, hören Sie damit auf, Mister!«, schrie sie. »Wir wollen hier schlafen!«
    »Alice?« ertönte es da. »Alice Thurston? Die Krankenschwester?«
    Alice kniff die Augen zusammen, um ihn besser zu sehen. Und dann wusste sie es. Es war Jim, der Feuerwehrmann! Alice erstarrte. Ihr fiel ein, dass sie das Haus und seine Lage in allen Einzelheiten beschrieben hatte, so dass er es ohne Probleme gefunden hatte.
    »Ich bin hier«, begann Jim, »um dir einen Heiratsantrag zu machen. Willst du mich heiraten, Schwester Alice?«
    Alice war sprachlos, brachte aber krächzend eine einzige Silbe heraus: »Ja.«
    Ohne ein weiteres Wort ruderte Jim in die Dunkelheit zurück.
Alice konnte nicht wieder einschlafen.War das wirklich gerade geschehen? Hatte sie es vielleicht nur geträumt?
    Am nächsten Morgen ging Alice zur Arbeit. Sie fragte sich, was Jim wohl als Nächstes vorhatte. Dann, gegen Mittag, sah sie ihn auf dem Gang auf sie zukommen. Er trug einen Anzug mit Krawatte und sah so gut aus wie eh und je, wenn auch ein bisschen nervös. Aufgeregt zog Alice ihn in einen leeren Raum, damit sie ungestört sein konnten. Da kniete Jim vor ihr nieder und bot ihr einen Brillantring dar. Alice fiel fast in Ohnmacht. Dann stand Jim wieder auf und küsste sie auf den Mund. Alice war noch nie so geküsst worden.
    Das Paar heiratete, und Jim zog ins Haus auf Turtle Island. Gemeinsam mit Alice kümmerte er sich um Alice’ Mutter. Sie bekamen einen Sohn, James junior, der die Schildkröteninsel verließ, um die Universität zu besuchen, und nie wieder zurückkehrte. Er heiratete ein Mädchen aus dem Universitätssekretariat, und sie zogen ans Meer in Jersey. Sie hatten eine Tochter, und das bin ich. Im Sommer besuchten wir oft die Großeltern auf Turtle Island.Wenn mein Vater und mein Großvater angeln gingen, nahmen sie mich manchmal mit. Großvater hatte eine Veranda ans Haus gebaut, von der aus man aufs Meer sehen konnte. Manchmal saß ich stundenlang da und sah den Booten unter mir zu.Wie schön es war, in der Ferne die Wolkenkratzer von Manhattan zu sehen. Das machte die Welt so vertraut. Als Großmutter Alice vor fünf Jahren starb, - ein Jahr nach Großpapa Jim -, hinterließen sie mir das Haus.
    Ich liebe das Haus, und ich liebe die Schildkröteninsel. Es ist immer noch so wie in einer Kleinstadt. Die meisten Leute hier arbeiten in der Innenstadt. Es gibt hier Feuerwehrmänner, Menschen, die im Krankenhaus arbeiten, Lehrer, Büroangestellte und ein paar unerschütterliche Fischer. Manche Leute bleiben auch
auf der Insel und haben dort ein Geschäft. Es gibt zwei Supermärkte, eine Tankstelle, eine Schule, drei Segelclubs, zwei Kirchen, verschiedene Läden für Angeln und Köder und jede Menge Restaurants und Stände für Meeresfrüchte. Vielen ist es hier zu langweilig,
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