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Schicksalspfad Roman

Schicksalspfad Roman

Titel: Schicksalspfad Roman
Autoren: Catherine Bourne
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aber genau das ruhige Leben hier gefällt mir so gut. Und obwohl ich Sie noch nicht besonders gut kenne, habe ich das Gefühl, als ob es Ihnen auch gefallen würde.

1
    G race Cameron saß am Küchentisch vor einer halben rosa Grapefruit und einer Scheibe Vollkorntoast. Sie sollte joggen gehen, dachte sie, denn sie hatte sich schon sollte joggen gehen, dachte sie, denn sie hatte sich schon seit einer Woche nicht mehr richtig bewegt. Normalerweise lief sie früh am Morgen und überquerte die Insel auf den noch leeren Straßen, bis sie den offenen, silbrigen Long Island Sound vor sich sah, der in der aufgehende Sonne glitzerte. Aber vielleicht verschob sie ihren Morgenlauf um einen weiteren Tag und fuhr in die Stadt zum Mittagessen. Für Grace bedeutete ein langes Mittagsmahl unter der Woche, bei schönem Wetter am liebsten im Freien, das Höchste an Urlaubslaune. Es gab ihr ein Gefühl, sich auf bescheidene, aber höchst zivilisierte Art zu verwöhnen. Ein Salat, ein Glas Wein, ein Teller Penne arrabiata - dem natürlich ein Gang zum Zeitungskiosk vorausgegangen war, wo sie ein Fitnessmagazin erstand, oder, wenn sie sich besonders kultiviert fühlte, den New York Observer , da sie bei rosa Zeitungen immer an Italien dachte oder an die Wall Street, zwei Orte, die ihr gleichermaßen fremd waren.
    In den guten alten Tagen hatte sie oft ihren Mann Gary zum Mittagessen bei Bruno in der Sullivan Street getroffen. Sie hatte ihm zugehört, wenn er über Universitätspolitik oder je nach Laune über die Brillanz oder die Dummheit seiner Studenten redete. Gary unterrichtete
Englisch und Essayistik an der University of New York und glaubte mit seinem ganzen vierzigjährigen Herzen, dass für den Zusammenbruch der westlichen Zivilisation die Unfähigkeit der Studenten verantwortlich sei, grammatikalisch eindeutige Sätze zu konstruieren. Nach dem Lunch kehrte Gary dann auf den Campus zurück, um die Nachmittagsvorlesungen zu halten, während Grace durch das Viertel schlenderte, die Auslagen in den Modegeschäften betrachtete und sich wünschte, mehr Geld zu haben.
    »Morgen«, rief Cherry, die in einem übergroßen Universitäts-T-Shirt in die Küche stürmte. »Du findest es sicher toll, dass ich zum ersten Mal von der Arbeit geträumt habe.«
    »Habe ich dir doch gleich gesagt«, erwiderte Grace und bestrich ihren Toast mit kalorienarmem Frischkäse.
    Cherry Bordeaux war eine niedliche, sportliche Blondine, ein Typ, der von anderen Leuten immer aufgezogen wird, weil sie blond und niedlich sind. Sie stammte aus einer Stadt hunderte Meilen von Atlanta entfernt und sah immer noch landfrisch aus, auch wenn sie schon fünf Monate lang in New York lebte. Sie strahlte eine rosige Frische aus, die die Stadt noch nicht hatte welken lassen. Es schien sogar durchaus möglich, dass Cherry niemals vom Stadtleben abgestumpft würde. Sie war ein richtiger Sonnenschein.
    »Hunger?«, zwitscherte Cherry, während sie eine Bratpfanne vom Haken nahm.
    Grace hatte eine Schwäche für Cherrys Frühstücks-Extravaganzen: Eier, Brot, Champignons, Maisgrütze, Süßkartoffelpuffer. »Eigentlich sollte ich ja nicht …«,
meinte sie mit einem belustigten Stirnrunzeln. Mit Cherry im Haus war es nicht so einfach, fünf bis sieben Pfund abzunehmen. »Was machst du denn?«
    »Avocado-Pilz-Omeletts«, sagte Cherry, die vor dem Kühlschrank hockte. »Du kannst es dir ja noch überlegen.«
    »Vielleicht. Ich weiß nicht, wie du dabei so dünn bleiben kannst.«
    »Oh, in meiner Familie werden die Frauen immer erst nach der Hochzeit fett.«
    Grace lachte. Sie wusste, dass Cherry ihre Kochkünste ganz bewusst entwickelte. Sie las Kochbücher, sah Kochshows im Fernsehen. Das diente alles einem einzigen Ziel: einen Mann zu angeln und ihn zu heiraten. Und nicht bloß irgendeinen, sondern einen faszinierenden, gut aussehenden, lustigen, einfühlsamen, erfolgreichen, kultivierten Mann, dessen Liebe durch den Magen ging. Grace hatte an dem Plan keinerlei Zweifel. Sie wusste, wie hart Cherry arbeitete, da sie im Krankenhaus ihre Mentorin gewesen war. Cherry war immer sehr zielstrebig.
    »Oh, Grace«, begann Cherry und schlug ein Ei am Rand der gelben Schüssel auf. »Ich wollte dich fragen … könntest du vielleicht heute Abend für mich einspringen? Ich übernehme dann Ende der Woche eine Schicht für dich.« Cherry drehte sich dabei zu Grace um und sah sie mit ihren himmelblauen Augen an. »Ist in Ordnung, wenn es nicht geht. Es ist bloß, dass meine verrückte
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