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Schicksalspfad Roman

Schicksalspfad Roman

Titel: Schicksalspfad Roman
Autoren: Catherine Bourne
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doch erst zweiundsechzig«, meinte Joanne. »Das ist heute so wie fünfundvierzig. Natürlich willst du mit ihm keine Kinder haben. Altes Sperma. Nicht immer das beste.«

    »Glaub mir«, meinte Grace, »wenn ich keine Kinder bekomme, was immer wahrscheinlicher wird, dann ist das nicht das Ende der Welt.«
    Diese Bemerkung stand jetzt so mitten im Raum, weil sie irgendwie nicht glaubwürdig klang. Natürlich wäre es wirklich nicht das Ende der Welt - da war sie schon mit Gary angelangt -, aber manchmal spürte sie eine tiefe Sehnsucht nach Mütterlichkeit. Wie das tiefe Dröhnen einer großen Trommel.
    »Vermutlich meine ich damit«, fuhr Grace fort, »dass, falls ich ein Baby haben sollte, ich es vermutlich allein großziehen müsste.«
    »Quatsch«, warf Joanne ein. »Geh doch ins Internet, verdammt. Es gibt jede Menge Männer, die gerne eine Familie gründen wollen. Und denk daran, dass Perfektion der Feind von allem Guten ist. Wenn du auf den Richtigen warten willst, ist es vielleicht zu spät.«
    »Frühstück!«, zwitscherte Cherry betont fröhlich. Sie hob ein Omelett aus der Pfanne und ließ es dampfend auf einen Teller gleiten.
    Grace setzte sich. »Ich glaube, dazu bin ich noch nicht bereit«, sagte sie. Sie wünschte sich oft, dass Gary seinen Samen hätte einfrieren lassen. Sie hatten das diskutiert, aber dann war immer etwas anderes dazwischengekommen. Manchmal sah sie ein Kind im Zug oder im Krankenhaus und dachte: So hätte unser Kind vielleicht ausgesehen.
    Joanne setzte sich Grace gegenüber. »Ich sage ja bloß, sei nicht überrascht, wenn Rick Nash sich mit dir verabreden will. Mir ist aufgefallen, wie er dich immer ansieht.«

    Cherry warf einen Blick zu Joanne. »Willst du Käse auf deinem Omelett?«, fragte sie.
    »Ja, reichlich«, antwortete Joanne. Dann fuhr sie an Grace gewandt fort: »Denk an meine Worte.«
    »Mach ja kein Theater«, sagte Grace mit gespielt warnender Stimme zu Joanne.
    »Ich und Theater?«, gab Joanne neckisch zurück. »Wie meinst du das denn?«
    Grace lachte. Joanne war eine berüchtigte Schwatztante und Anstifterin, aber auch einer der warmherzigsten Menschen, die sie kannte.
    »Bitte schön«, sagte Cherry und stellte das Omelett mit Messer und Gabel vor Joanne hin wie eine Ehefrau, die zärtlich ihren Gatten umsorgt. »Guten Appetit!«
    »Danke«, erwiderte Joanne und zog gierig den Teller zu sich herüber. »Riecht wie ein Sonntag in Mayberry.« Mit Schwung nahm sie das Besteck in die Hand.
    Grace stand auf. »Okay, Mädels«, sagte sie. »Ich glaube, ich gehe jetzt laufen. Habe es viel zu lange hinausgezögert. Dann gehe ich wieder ins Bett. Ich kann mich kaum an meine letzte Nachtschicht erinnern.«

2
    A n diesem Abend, als Grace zur Arbeit ging und Cherry noch nicht von der Tagschicht zurück war, beschloss Joanne, die kurze Strecke zu Nightingales zum Essen zu fahren.

    Von den vier Kneipen auf Turtle Island war Nightingales die älteste. Sie existierte schon seit 1870. Der Begründer, Benjamin Nightingale, war 1884 bei einem Walfangunternehmen ums Leben gekommen, aber das Geschäft war bis vor fünf Jahren in Familienbesitz geblieben, als der Ururenkel Todd Nightingale, der sich in der Welt der Fischer und Polizisten nie wohlgefühlt hatte, die Kneipe verkaufte und nach Miami Beach zog, wo er als Ganzkörpermasseur arbeitete. Der neue Besitzer der Bar war Hogan Vandervoort, der als Captain bekannt war, weil er ständig eine schwarze Skippermütze trug. Als neuer Besitzer hatte er als Erstes den Namen von Nightingale ’s zu Nightingales geändert, weil er das poetischer fand. Joanne und ihre Wohngenossinnen witzelten wegen ihres Berufs oft über den Namen. Joanne fragte sich auch, ob der alte Ben Nightingale vielleicht sogar mit Florence verwandt gewesen war.
    Joanne parkte ihr Motorrad unter dem Schein der Guinness-Reklame und trat ein. Die Kneipe war so ruhig wie immer, und Joanne fand leicht einen Platz an der Theke, wo sie sich ein halbes Guinness bestellte sowie eine Schüssel Clam Chowder, eine Suppe, für die der Captain berühmt war. Er richtete sie mit Speck und Butter an und servierte dazu irisches Sodabrot. Zweifellos konnte der Captain gut kochen. Er war ein großer, stämmiger Mann mit einem wettergegerbten Gesicht, klaren grauen Augen und einem grauen Bärtchen. Seine weißen Haare fielen ihm bis auf die Schultern. Außerdem hatte er zahlreiche Tätowierungen, an denen Joanne seine Lebensgeschichte abzulesen versuchte. Auf einem Bizeps sah man
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