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Schicksalspfad Roman

Schicksalspfad Roman

Titel: Schicksalspfad Roman
Autoren: Catherine Bourne
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Tante Mimi morgen in die Stadt kommt und den Tag mit mir verbringen will.«
    Grace zögerte. Cherry hatte Nachtschicht. Alle neuen
Krankenschwestern mussten die ersten sechs Monate lang nachts arbeiten. Grace hasste Nachtschichten. Es störte ihren natürlichen Rhythmus, machte ihren Stoffwechsel träge, so dass sie sich aufgedunsen fühlte, es machte sie gereizt und ein Privatleben so gut wie unmöglich. Es sei denn, man traf sich gerne mit Vampiren. Die Nachtschicht war etwas für Neulinge - eigentlich ein langes, trübes Ritual unter funzeligem Neonlicht. Wenn man zur Tagesschicht aufstieg, war es, als würde man neu zu leben beginnen. Man wollte nie wieder dorthin zurück.
    Aber Cherry befand sich genau in dieser Phase, und wie alle anderen Menschen brauchte sie die Sonne. Sie eine Nacht lang zu entlasten wäre ein echter Gefallen, das wusste Grace genau.
    »Klar«, sagte sie und rief sich in Erinnerung, dass die Nachtschicht schließlich viel ruhiger war als die Schicht am Tag und weniger stressig. Es gab keine Besucher, die Patienten schliefen gewöhnlich durch bis zum Morgen. Eine Nacht lang würde sie das schaffen.
    »Oh, danke!«, rief Cherry mit der ihr eigenen überschwänglichen Herzlichkeit. »Ich bin dir so dankbar, Grace, ehrlich!«
    »Keine Ursache«, erwiderte Grace. »So was macht man einfach füreinander.« Das meinte sie ehrlich.
    Da wurde die Hintertür geöffnet. Joanne trat ein. Ihre Arme und das weiße Hemd waren von Motoröl tiefschwarz gestreift. Sie hatte den ganzen Morgen an ihrem Lieblingsbesitz gearbeitet, einer glänzenden neuen Suzuki GSX, die am Fuß der hölzernen Treppe auf dem Rasen geparkt war. Grace hatte keine Ahnung, was Joanne
eigentlich an dem Ding machte, das sie sich vor Kurzem selbst zum dreißigsten Geburtstag geschenkt hatte. Sie nannte es »Suzi«, wie einen niedlichen kleinen Terrier, und nicht wie eine Todesmaschine mit hundertachtzig PS.
    »Die Schmiere steht dir gut«, meinte Grace. Das stimmte. Die Flecken in Joannes Gesicht passten ausgezeichnet zu ihrem schwarzen, dicken sizilianischen Haar. Mit ihren kräftigen Armen und dem geschlungenen Kopftuch sah sie aus wie eine Kreuzung aus einem Mechaniker und einer Figur aus Cats .
    »Habe ich einen Hunger!«, sagte Joanne. »Was gibt’s zum Frühstück?« Sie blieb dicht hinter Cherry stehen. »Mmmm, Miss Scarletts Delikatessen«, murmelte sie, ein Zitat aus »Vom Winde verweht« wie so oft in Cherrys Gegenwart. »Das wird der Lady gut schmecken!«
    »Ich werde dich daran erinnern«, gab Cherry zurück. Joanne ging zum Kühlschrank. »Vielleicht machen wir später eine Spritztour«, sagte sie zu Grace. Sie nahm eine Diät-Cola heraus, riss den Deckel auf, schluckte die halbe Dose hinunter und stieß einen befriedigten Rülpser aus. »Mir schwebt ein Tag am Strand vor.«
    »Heute kann ich nicht«, sagte Grace, die ohnehin nicht gerne an den Strand ging. »Ich übernehme Cherrys Schicht heute Abend. Ich muss vorher schlafen.«
    »Schlaf doch am Strand.«
    »Vielleicht nächstes Wochenende.«
    »Yeah, okay.«
    »Nochmal Danke schön«, mischte Cherry sich ein. »Ich kann doch Tante Mimi nicht enttäuschen.«
    »Eigentlich freue ich mich darauf«, meinte Grace.
»Man braucht sich dann nicht mit den Ärzten herumzuschlagen.«
    »Genau«, meinte Joanne. »Wisst ihr, was neulich passiert ist? Nashs Patient hatte einen Kollaps, und er hat mir die Schuld gegeben, weil ich das nicht vorher gemerkt hatte. War nicht mal mein Patient.«
    Cherry, die die Eier verschlug, hielt inne. »Rick Nash?«, fragte sie. Rick Nash war der bestaussehende Arzt der Intensivstation und ständiges Gesprächsthema unter den Krankenschwestern. Ob er gut im Bett war? Mit was für Frauen ging er aus?
    »Jemand muss ihm mal die Meinung sagen«, warf Grace ein. »Aber das traut sich keiner, weil wir wissen, dass die Ärzte immer Recht haben.«
    »So schlecht ist er nicht«, meinte Cherry vom Herd her. »Er ist ein guter Arzt.«
    » Fred ist ein guter Arzt«, entgegnete Joanne. »Nash war vielleicht ein hohes Tier im Cornell, aber er ist nicht in derselben Liga wie Freddie.«
    Fred Hirsch war der Oberarzt der Intensivstation.
    »Fred ist wirklich ein Genie«, sagte Grace. »Das muss man ihm lassen.«
    »Yeah, und in dich verliebt«, antwortete Joanne. »Wie alle anderen auf der Station.«
    »Fred ist mir zu alt«, meinte Grace und ignorierte den letzten Teil von Joannes Bemerkung. Niemand war in sie verliebt. Joanne redete immer wieder davon.
    »Fred ist
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