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Schicksalspfad Roman

Schicksalspfad Roman

Titel: Schicksalspfad Roman
Autoren: Catherine Bourne
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Theke, wo Joanne vor einem schal gewordenen Guinness saß. Sie hatte dem Captain in der vergangenen Stunde mehrfach verstohlene Blicke zugeworfen. »Ich schließe um zwei«, sagte er zu ihr. »Aber du kannst gern noch bleiben. Ich habe eine Flasche Wein, die ich aufmachen möchte, ein 06er Kosta Browne Pinot Noir aus Kalifornien. Preisgekrönt.« Darauf erwiderte Joanne, ja, das würde sie gerne, und lange nachdem Grace in einen tiefen und seltsam beruhigenden Schlaf gefallen war, tanzten der Captain und Joanne allein in der Bar vor der Jukebox. Sie umarmten einander reglos, wie das letzte Paar nach einem Tanzmarathon. Geküsst hatten sie sich noch nicht, auch nicht, als Joanne um fünf Uhr morgens aus der Tür taumelte. Doch sie hatte das Gefühl, dass sie mit dem Captain viel Spaß zu erwarten hatte. Hoag, der nun alles sehr langsam anging, hatte sie für morgen zu einem Trip zum Leuchtturm eingeladen.

    Kurz nachdem Joanne in ihr Zimmer gepoltert und unmittelbar darauf in einen alkoholgeschwängerten Tiefschlaf gefallen war, wurde Grace durch ein Geräusch geweckt. Vor ihrem Fenster breitete sich das erste Morgenlicht aus. Sie lauschte einen Moment lang und vernahm durch die offene Tür das Schnarchen und Keuchen von Joanne nebenan. Aber dann hörte sie wieder jenes andere Geräusch. Irgendein Betrunkener spielte im Segelclub so etwas wie ein Akkordeon, und zwar sehr schlecht.
    Grace setzte sich auf und blickte aus dem Fenster, das aufs Wasser ging. Da unten im Schilf saß jemand in einem Ruderboot und hatte die Hände um eine Mundharmonika gelegt. Grace blinzelte, um besser sehen zu können, und erkannte, dass der Möchtegern-Troubadour in einem dunklen Mantel und Schal einen Cowboyhut trug. Aufkeuchend schlug Grace die Hand vor den Mund. Sie brachte kein Wort heraus, sondern schnappte sich nur ihre Decke und rannte hinaus auf die Veranda, um besser sehen zu können.
    »Grace!«, rief die Gestalt zu ihr herauf und nahm mit einem ehrfürchtigen Schwung den Hut ab.
    »Matt?«, fragte Grace mit einer Stimme, die vor Staunen erstickt klang. Wie war er hergekommen? Woher wusste er, wo sie wohnte?
    »He«, rief er. »Hast du schon was zum Frühstück vor?«
    »Was machst du hier?«
    »Bin nicht sicher«, rief er zurück. »Aber ich wünsche dir ein glückliches neues Jahr.«
    Grace musste lachen. Sie konnte es immer noch nicht glauben. »Was ist denn mit deiner … Verlobten? Woher hast du das Boot?«

    »Ich habe letzte Woche die Leute vom Segelclub angerufen. Ich habe ihnen gesagt, ich wollte die Frau überraschen, die ich liebe, und mir ein Ruderboot ausleihen.«
    »Die Frau, die du liebst?«, fragte Grace. Sie fühlte sich wie in einem Nebel. Wie Matt, als er an jenem Tag im Krankenhaus aufwachte und sah, wie sich ihre Gestalt aus dem Nebel herauslöste.
    »Ich hatte das schon eine Weile vor«, sagte Matt. »Muss mir im Traum eingefallen sein. Die Wahrheit ist, seitdem du Echo Falls verlassen hast, bin ich so traurig gewesen wie ein zeckenkranker Hund.«
    »Ein was?«
    Matt ruderte das Boot dichter heran, bis er ans schlammige Ufer stieß, nur wenige Meter von den Pfosten der Veranda entfernt. Dann stieg er aus dem Boot und versank mit seinen Stiefeln im kalten Schlamm. Er zog Handschuhe über und betrachtete den Pfosten.
    »Was hast du vor?«, fragte Grace. »Ist schon eine Weile her, dass ich auf einen Baum geklettert bin«, erwiderte er und umklammerte dann den Pfosten mit beiden Händen, grub die Absätze in eine Kerbe im Holz und kletterte mit der Geschmeidigkeit eines Zehnjährigen hoch. Oben umklammerte er den Holzboden der Veranda, zog sich hoch und hielt sich an den Sprossen der Balustrade fest wie ein Tier im Käfig. Mit einem weiteren Schwung kletterte er über die Balustrade und stand einen Moment später vor Grace. Schüchtern lächelte er sie von unter der Hutkrempe her an. » Howdy , Grace.«
    » Howdy , Matt«, sagte Grace.
    Dann nahm er den Hut mit dem Schwung eines Cowboys
ab, der nach einem Tag harter Arbeit nach Hause kommt, und umfasste Grace’ Schultern.
    »Ich hoffe, ich komme nicht zu spät«, sagte er. »Ich hätte nie nach Kalifornien fahren sollen.«
    »Doch, natürlich«, erwiderte Grace. »Wie sonst hättest du es gemerkt?«
    Matt dachte darüber nach. »Vermutlich musstest du auch ein paar Dinge herausfinden, oder?«
    Grace nickte.
    »Wie geht es dir?«, fragte sie.
    »Gut. Ab und zu bekomme ich Kopfschmerzen, und manchmal vergesse ich ein paar Wörter.« Er zuckte mit den Achseln und
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