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Schenk mir deinen Atem, Engel ...

Schenk mir deinen Atem, Engel ...

Titel: Schenk mir deinen Atem, Engel ...
Autoren: Dana Kilborne
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verschaffen. Von den drei Dämonen, mit denen er es anfangs zu tun gehabt hatte, war nur noch einer übrig.
    Doch dieser war der Mächtigste von ihnen.
    Ein Drak – ein echsenartiges Wesen mit Augen, die wie glühende Kohlen glitzerten. Riesige, dolchartige Klauen schimmerten im flackernden Schein der Fackeln. Am Ende des langen, extrem beweglichen Schwanzes saß ein Dorn. Jake wusste, dass er ein Gift produzierte, das innerhalb von Sekunden tötete, sobald es in den Blutkreislauf gelangte. Ein paarmal war es ihm nur um Haaresbreite gelungen, auszuweichen – doch seine Reaktionen wurden langsamer, je mehr Zeit verstrich.
    Die Höllenkreatur wusste das.
    Sie wartete darauf, dass Jake endgültig die Kräfte ausgingen, nur um dann mit voller Macht zuzuschlagen. Er sah es in ihren Augen. Sah das gemeine, hinterlistige Glitzern darin.
    Er musste schnell handeln, wenn er es schaffen wollte, lebend aus dieser Hölle herauszukommen. Ihm war klar, dass seine Chancen schlecht standen, doch er musste es wenigstens versuchen.
    Für Faith. Und für Will.
    Mit seiner Hilfe gab es für die beiden vielleicht eine realistische Möglichkeit, sich in Sicherheit zu bringen. Allein …
    Der Gedanke an Faith gab ihm neue Kraft. Er atmete tief durch und mobilisierte noch einmal alle Energie, die in ihm steckte.
    Dann griff er an.
    Faith kroch auf Händen und Füßen unter dem Karussell hervor, so schnell sie konnte. Sie ignorierte die brennenden Kratzer und die blauen Flecken, die sie sich dabei zuzog. Das alles zählte jetzt nicht. Sie konnte nur an Will denken.
    „Will!“, rief sie verzweifelt. „Will!“
    „Faith!“ Die Stimme ihres Bruders kippte vor Angst und Verzweiflung. „Bitte, hilf mir!“
    Er hing kopfüber einen halben Meter über dem Boden, der Tentakel des Monsters war immer noch um seinen Fuß geschlungen. Das Wesen erinnerte Faith an eine riesige Kreuzung aus Qualle und Krake – und in seinen stumpfen schwarzen Augen gab es nichts, was nach rationalem Denken aussah. Nur Gier. Und Hunger.
    Faith überlief es eiskalt. Nach allem, was sie von Jake wusste, gab es unter den Kreaturen der Hölle solche, die von großer Intelligenz waren, mächtig und tückisch, aber auch scheußliche Wesen, die einfach nur ihren Instinkten folgten. Töteten. Fraßen.
    Würde ein solches Wesen die reine Seele auch töten, ohne das notwendige Ritual durchzuführen, das notwendig war, um sie endgültig zu vernichten? Ja, fürchtete Faith, das würde es.
    Es würde das tun, was sein Instinkt ihm diktierte.
    Töten.
    Fressen.
    Faith stand da und starrte das Monster an, so, als könne allein ihr Wille es davon abhalten, ihrem Bruder etwas anzutun. Ein paar Minuten lang schien das auf wundersame Weise tatsächlich zu funktionieren. Doch dann bewegte sich das Monster wieder.
    Mit einem kehligen Knurren ließ es Will zu Boden fallen. Der schrie in Panik auf, bevor er ein ersticktes Keuchen ausstieß, als er mit dem Rücken voran auf den Holzplanken des Piers aufkam und ihm die Luft aus den Lungen getrieben wurde.
    Faith erfasste, was als nächstes geschehen würde, so, als hätte sie es bereits erlebt. Sie sah, wie das Wesen sich herumwarf, um sich auf Will zu stürzen. Sah die schrecklichen Zähne in dem weit aufgerissenen Maul und wusste, dass es für ihren kleinen Bruder das Ende bedeuten würde, wenn sie nicht sofort etwas unternahm.
    Sie dachte daran, dass sie aller Wahrscheinlichkeit nach nur noch etwas mehr als fünf Jahre zu leben hatte. Ihr bisheriges Leben lief in einer raschen Abfolge von Bildern vor ihrem geistigen Auge ab. Das Kleinkind Faith an der Hand ihres Vaters. Als Siebenjährige bei der Schulaufführung der Weihnachtsgeschichte, so stolz, dass sie die Rolle der Maria bekommen hatte. Die Party zu ihrem zwölften Geburtstag, bei der sie zum ersten Mal mit einem Jungen Händchen gehalten hatte. Jakes Kuss …
    Sie schloss die Augen. Ihr Leben würde ohnehin bald vorüber sein, während Will noch eine lange, ereignisreiche Zukunft bevorstand.
    Er war die reine Seele.
    Die Welt brauchte ihn.
    Sie, Faith, brauchte im Gegensatz dazu niemand.
    Als sie die Lider wieder hob, hatte sie eine Entscheidung getroffen.
    Sie handelte.
    Jakes Glieder waren schwer wie Blei, jede Bewegung kostete ihn unglaubliche Mühe. Alle seine Reserven waren aufgebraucht. Wenn kein Wunder geschah, würde er in wenigen Minuten tot sein.
    Er beschloss, alles auf eine Karte zu setzen, und stürzte sich, mit hocherhobenem Schwert, auf das Monster.
    Zu
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