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Schau Dich Nicht Um

Titel: Schau Dich Nicht Um
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nicht zulassen, daß jemand sich zwischen uns drängte.«
    Das Kaleidoskop begann sich wieder zu drehen, und die kleinen Glasteilchen ordneten sich vor ihrem inneren Auge zu einem Bild von bestürzender Klarheit. Sie wußte plötzlich genau, wozu dieser Mann noch fähig war.
    Auf ihren Fersen sitzend, drehte sie sich herum und sah zu Don hinauf, dessen braune Augen nur seine Liebe zu ihr spiegelten. »Du warst es«, sagte sie. Ihre Stimme schien eine fremde Kraft zu sein, die in ihren Körper eingedrungen war und Gedanken hervorbrachte, von denen sie nicht einmal wußte, daß sie sie hatte. »Du hast meine Mutter getötet.« Sobald die Worte ihre Lippen verlassen hatten, wußte Jess mit absoluter Gewißheit, daß sie die Wahrheit waren. Langsam stand sie auf. »Erzähl es mir«, verlangte sie, und die fremde Stimme war leise, beinahe unhörbar.

    »Du verstehst es ja doch nicht«, entgegnete er.
    »Dann sorg dafür, daß ich es verstehe«, sagte sie. Sie zwang sich, sanft zu sprechen, zärtlich. »Bitte Don, ich weiß, daß du mich liebst. Ich möchte es verstehen.«
    »Sie wollte uns trennen«, sagte Don, als sei das die einzige Erklärung, die notwendig war. »Und es wäre ihr gelungen. Das wußtest du nicht. Aber ich wußte es. Wie sie immer betonte, war ich wesentlich älter als du. Ich hatte mehr Lebenserfahrung. Ihr wart so ineinander verhakt, daß ich wußte, sie würde dich schließlich doch mürbe machen und dich bereden, mit der Heirat bis nach deinem Examen zu warten. Und ich wußte, wenn wir warteten, bestand für mich die Gefahr, dich zu verlieren. Dieses Risiko konnte ich nicht eingehen.«
    »Weil du mich so sehr geliebt hast«, sagte Jess.
    »Weil ich dich mehr geliebt habe als alles andere auf der Welt«, erklärte er. »Ich wollte sie nicht töten müssen, Jess. Ob du es glaubst oder nicht, ich hatte die Frau tatsächlich gern. Immerzu habe ich gehofft, sie würde vernünftig werden. Aber das geschah nicht, und allmählich begriff ich, daß es auch nie dazu kommen würde.«
    »Und da hast du beschlossen, sie zu töten.«
    »Ich wußte, daß es keine andere Möglichkeit gab«, begann er, »aber ich mußte auf den richtigen Moment warten, die geeignete Gelegenheit.« Er zuckte die Achseln, eine Geste falscher Unschuld, als sei alles, was geschehen war, außerhalb seiner Kontrolle gewesen. »So ähnlich wie es mit Rick Ferguson war.« Wieder zuckte er die Achseln, und die Unschuld fiel von ihm ab. »Und eines Morgens hast du mich dann angerufen und mir von eurer Auseinandersetzung erzählt; wie du aus dem Haus gestürmt bist, nachdem du deiner Mutter gesagt hattest, dann solle sie eben allein zum Arzt fahren. Ich wußte, daß der Krach dir schon leid tat, daß du die Heirat verschieben würdest, wenn der Knoten in der Brust sich als bösartig entpuppen sollte. Ich erkannte, daß ich schnellstens handeln mußte.

    Ich fuhr also zu euch, sagte deiner Mutter, du hättest angerufen und mir erzählt, was geschehen sei und wie leid dir alles täte. Ich sagte, ich wollte nicht bis in alle Ewigkeit der Zankapfel zwischen euch sein, ich sei bereit zu warten und würde dir klarmachen, daß es besser sei, mit der Heirat bis nach deinem Examen zu warten.«
    Er lächelte bei der Erinnerung. »Sie war unglaublich erleichtert. Als hätte man ihr die Last der Welt von den Schultern genommen. Sie dankte mir. Sie hat mich sogar geküßt. Und sie sagte, sie hätte natürlich nie etwas gegen mich persönlich gehabt, aber, na ja, du weißt schon...«
    »Und da hast du ihr angeboten, sie zum Arzt zu fahren.«
    »Ich bestand darauf, sie zum Arzt zu fahren«, erzählte Don beinahe mit Genuß. »Ich sagte sogar, es sei ein so schöner Tag, wir könnten doch vorher noch eine kleine Spazierfahrt machen. Sie fand den Einfall reizend.« Sein Lächeln wurde breiter. »Wir sind nach Union Pier gefahren.«
    »Was?«
    »Ich hatte mir alles schon genau überlegt. Als ich sie erst einmal bei mir im Wagen hatte, war es im Grunde genommen ganz einfach. Ich sagte, ich würde gern ihre Meinung zu einigen Umbauten hören, die ich mit dem Häuschen vorhatte. Sie freute sich, daß ich ihre Hilfe haben wollte. Sie war richtig geschmeichelt, glaube ich. Wir gingen durch das Haus, sie sagte mir, was ihrer Ansicht nach hübsch aussehen würde, dann gingen wir hinten hinaus zu den Felsen.«
    »O Gott.«
    »Sie hat es überhaupt nicht kommen sehen, Jess. Ein sauberer Schuß in den Hinterkopf, und es war vorbei.«
    Jess schwankte, wäre beinahe
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