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Schau Dich Nicht Um

Titel: Schau Dich Nicht Um
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atmete tief seinen sauberen Geruch. Er fühlte sich so gut an. Sie fühlte sich so behütet.
    »Jetzt kann dir nichts mehr passieren«, sagte er, als hätte er ihre Gedanken gelesen. Immer wieder küßte er ihre Wangen. »Du bist in Sicherheit. Ich bin bei dir. Ich verlasse dich nie wieder.«
    »Er hat in der Wohnung auf mich gewartet«, begann Jess nach einigen Minuten, während der sie versucht hatte zu begreifen, was geschehen war. »Er hatte einen Draht. Er wollte mich erdrosseln. Genau wie Connie DeVuono. Aber ich bin ihm entkommen. Ich bin ins Schlafzimmer gerannt, um meine Pistole zu holen. Aber sie war nicht da. Er hatte sie. Er muß die Wohnung durchsucht haben, ehe ich nach Hause kam. Er hat gesagt, das Schloß, das er nicht aufkriegt, sei noch nicht erfunden.«

    »Jetzt ist ja alles gut.« Dons Stimme war wie Balsam. »Es ist vorbei. Du brauchst keine Angst mehr zu haben. Er kann dir nichts mehr tun.«
    »Ich kann dir nicht sagen, wie furchtbar das war. Ich habe gedacht, er würde mich umbringen.«
    »Er ist tot, Jess.«
    »Ich mußte dauernd an meine Mutter denken.«
    »Tu das nicht, Liebes.«
    »Und wie das meinen Vater und meine Schwester treffen würde.«
    »Es ist vorbei. Du bist in Sicherheit.«
    »Gott sei Dank, daß du gekommen bist.«
    »Ich konnte dich doch nicht allein lassen.«
    »Er ist gar nicht in das Flugzeug gestiegen«, sagte sie und lachte dann. »Das liegt ja wohl auf der Hand.«
    »Ich bin nur froh, daß ich rechtzeitig gekommen bin«, sagte Don und drückte sie fest an sich.
    »Ich kann es immer noch nicht glauben. Du bist mein Ritter ohne Furcht und Tadel«, sagte Jess und meinte es ernst. Wie hatte sie es über sich gebracht, ihm so weh zu tun? Wie hatte sie es über sich gebracht, ihn zu verlassen? Wie konnte sie denn überhaupt ohne ihn leben? »Es ist genau wie im Kino.« Sie lachte nervös, als sie sich unversehens all der Filme erinnerte, in denen der totgeglaubte Bösewicht plötzlich aufersteht, um von neuem zuzuschlagen. Ihr Blick wanderte zu dem Mann auf dem Boden. »Bist du sicher, daß er tot ist?«
    »Er ist tot, Jess...« Don lächelte nachsichtig. »Ich kann noch mal auf ihn schießen, wenn dich das beruhigt.«
    Jess lachte wieder und war erstaunt darüber. Sie war auf brutalste Weise überfallen, sie war beinahe erdrosselt und vergewaltigt worden, und sie lachte. Eine nervöse Reaktion wahrscheinlich, ein Mittel, damit fertig zu werden, was beinahe geschehen wäre. Ihr Blick glitt über die reglose Gestalt auf dem Boden, und sie wußte, wie
leicht sie an Stelle Rick Fergusons dort hätte liegen können. Wenn nicht im letzten Moment Don gekommen wäre wie der Held in einem Stummfilm, der ganz am Schluß der letzten Rolle hoch zu Roß hereinprescht und die unglückliche Heldin vor einem grausamen Schicksal rettet.
    Es ist beinahe unheimlich, wie gut Don mich kennt, dachte Jess und drückte sich fester an ihn. Wie er immer genau spürt, wann ich ihn brauche, auch wenn ich das Gegenteil beteure. Sie hatte ihm am Telefon gesagt, es sei alles in Ordnung, sie sei nicht in Gefahr, sie werde sich morgen bei ihm melden. Und dennoch war er gekommen. Dennoch war er hier hereingestürmt und hatte das Heft in die Hand genommen. Sie vor einem grausamen Tod gerettet. Sie vor ihrer eigenen Sturheit und Dummheit gerettet.
    War sie wirklich überrascht darüber? Hatte er nicht immer so gehandelt, während ihrer ganzen Ehe? Hatte er nicht wieder und wieder ihre persönlichen Wünsche übergangen, um das zu tun, was er für das Beste hielt? Sie war oft wütend gewesen, hatte ihn beschimpft, hatte um die Freiheit gekämpft, ihre eigenen Fehler machen zu dürfen, hatte das Recht gefordert, sich irren zu dürfen. Er hatte versucht, sie zu verstehen, ihren Bitten zum Schein nachgegeben, aber letztlich hatte er doch alles so gemacht, wie er es von Anfang an vorgehabt hatte. Und meistens hatte es sich als das richtige erwiesen. Wie heute abend.
    Als würde ein Film im Fernsehen wiederholt, sah Jess sich unten die Haustür aufstoßen, hinter sich absperren, die drei Treppen hinauflaufen, in ihre Wohnung treten, wiederum sorgsam absperren. Sie sah sich tiefer in Stille und Dunkelheit hineingehen, meinte zu spüren, wie der Angreifer ihr die Drahtschlinge um den Hals zog. Sie sah sich kämpfen und fliehen, zur Wohnungstür schauen; erinnerte sich, wie sie überlegt hatte, ob sie die Tür erreichen und aufsperren konnte, ehe Rick Ferguson sie einholen konnte.
    Ihr geistiges Auge konzentrierte sich
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