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Schattenwelten

Schattenwelten

Titel: Schattenwelten
Autoren: Fran Henz
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wird sich mit dem heutigen Tag ändern.“
    Mit einer fließenden Bewegung legte er sich flach auf sie, bedeckte ihren ganzen Körper mit dem seinen. Sie konnte jeden Muskel, jeden Knochen dieses kalten Leibes spüren, dessen Gewicht sie in die Matratze presste und begann lautlos zu beten, ließ ihren Verstand Zuflucht zu den festgefügten Formeln nehmen, um ihn nicht völlig zu verlieren.
    „ Du wirst niemals erfahren, was Leidenschaft ist, niemals vor Lust schreien und niemals wissen, was Liebe wirklich bedeutet. Dein Leben wird schlimmer sein als es dein Tod je sein könnte.“ Er murmelte die Worte in ihr Ohr und sie versuchte, nicht hinzuhören. „Und vielleicht komme ich in zwanzig Jahren wieder, um mich an deinem Elend zu erfreuen. Wenn du mich nett bittest, werde ich dir dann geben, was du dir am sehnlichsten wünschst ...“
    Sie betete um ein Wunder, das diesen Albtraum beenden, dieses Ungeheuer zurück in die Hölle schicken würde. Ihr Gebet schien erhört worden zu sein, denn plötzlich wurde das Gewicht von ihrem Körper entfernt.
    „ Du verdammtes Stück Abschaum, was bildest du dir eigentlich ein?“
    Die Worte gingen im Zersplittern des Tisches unter als der Körper, der noch vor Sekunden auf ihr gelegen hatte, dort aufschlug und an der Wand nach unten rutschte. Ein breitschultriger Mann mit langem, schwarzem Haar stand mitten im Zimmer, neben ihm ein kleines blondes Mädchen. Isabelle wollte ihm schon danken, aber die Worte blieben ihr in der Kehle stecken, da sich sein Gesicht ebenfalls in eine Fratze verwandelte. Er stürzte zu ihrem Peiniger hinüber und packte ihn am Hals, um ihn mit einer Hand hochzuheben. „Du unverschämte kleine Kröte, sag mir einen Grund, warum ich dich nicht töten soll.“
    Das Mädchen trat zu der dunkelhaarigen Frau. „Vincent ist sehr schlecht gelaunt“, sagte sie im Plauderton und streifte ihre Handschuhe ab. „Wir konnten nicht wie geplant nach Versailles fahren, weil sie eine Leiche aus dem Fluss gefischt haben. Einen jungen Adeligen. Deshalb wurden die Ausfallstraßen gesperrt. Es sind so viele Männer von der Securité unterwegs, dass wir auch nicht jagen konnten, also ...“
    Ihr Blick fiel aufs Bett und sie runzelte ihre kindlich glatte Stirn. „Was hat André mit ihr gemacht? Du weißt Vincent hasst es, wenn man ihn ...“
    Den Rest des Satzes verstand Isabelle nicht mehr, da der Schmerz, der durch das Herausreißen des zweiten Ohrrings in ihr explodierte, jeden klaren Gedanken aus ihrem Gehirn fegte.
    „ Wir haben nur ein bisschen mit ihr gespielt. Hier, koste. Voll und süß.“
    Von der anderen Seite des Zimmers ertönte ein heiseres Röcheln und die dunkelhaarige Frau ging zu den beiden Männern hinüber, während das kleine Mädchen gierig den Ohrring ableckte. Apathisch verfolgte Isabelle die gespenstische Szene.
    „ Ich bin der Herr dieser Stadt, du elender Crétin, ich jage und ich töte. Du bekommst das, was übrig bleibt, nachdem meine beiden Frauen getrunken haben. Und ich bin es leid, mich pausenlos zu wiederholen.“ Seine Finger schlossen sich enger um die Kehle des nackten Mannes und hoben ihn mühelos vom Boden hoch. „Sag mir einen Grund, warum ich dir nicht ein Stück Holz ins Herz rammen sollte.“
    „ Weil es dir keiner so gut ...“
    Die Faust des Schwarzhaarigen krachte in das Gesicht seines Gegenübers.
    „ Seigneur ...“ Die Frau schmiegte ihren nackten Körper in die Falten von Vincents Mantel. „Ich mag seine Geschichten, ich mag, wie er mich berührt, ich wäre sehr traurig, wenn ich ohne ihn spielen muss ...“
    „ Lass ihn zufrieden, Vincent“, befahl das kleine Mädchen mit klarer Stimme. „Und komm her.“
    Nach einem Moment der Stille plumpste der nackte Mann zu Boden.
    „ Verschwinde, bevor ich es mir anders überlege“, zischte Vincent.
    André kroch auf allen Vieren zur Tür. Mühsam zog er sich hoch und torkelte aus dem Raum, quer über den Flur zu einem anderen Zimmer. Dort lehnte er sich an die Wand und befühlte seine Nase, die zweifellos gebrochen war. Seine aufgeplatzte Lippe blutete. Zusätzlich gaben mehrere seiner Rippen nach, als er dagegen drückte.
    Er zuckte die Schultern und starrte aus dem Fenster. In ein paar Stunden würde alles wieder verheilt sein. Einer der zahlreichen Vorteile, wenn man ein Vampir war. So wie seine geschärfte Sehkraft, mit der er seine Beute auch in der tiefsten, mondlosesten Nacht erspähen konnte. Oder sein übernatürliches Gehör, das Isabelles Schreie so laut in
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