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Schattenwanderer

Schattenwanderer

Titel: Schattenwanderer
Autoren: Alexey Pehov
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Geräusch, als treffe der Stahl der Zwerge nicht auf lebendiges Fleisch, sondern auf einen verfaulten Baumstamm. Die Kreatur verschwand lautlos in der Nacht. Der Bolzen in ihrem Rücken machte ihr nicht das Geringste aus.
    Nun aber schnell! Für den Herzog kam jede Hilfe zu spät. Doch wenn man mich neben dem Toten fände, würde man mir ein Verbrechen gegen die Krone anhängen und mich zu endlosen Gesprächen in den Folterkammern der Grauen Steine bitten. Ich schnappte mir die kleine goldene Hundestatue vom Tisch, deretwegen ich überhaupt hergekommen war, und rannte zur Tür zurück.
    Am anderen Ende des Gangs tauchte erneut der Garrinch auf. Wir erblickten einander im gleichen Augenblick. Das Untier heulte fröhlich los und eilte mit riesigen Sprüngen auf sein frisch serviertes Abendbrot zu. Ohne zu zögern warf ich mir die Armbrust über die Schulter, kramte in meinem Beutel und zog ein Fläschchen mit einer blau phosphoreszierenden Flüssigkeit heraus. In unserem Metier hängt alles davon ab, einen kühlen Kopf zu bewahren. Als der Garrinch bis auf wenige Schritt heran war, schleuderte ich ihm die Flasche direkt in das aufgerissene Maul.
    Das Glas barst, den Körper des Untiers hüllte sogleich eine blaue Wolke ein. Der Garrinch blieb stehen, nieste und begann, mich völlig vergessend, energisch mit den Pfoten in seiner Visage herumzureiben. Ich rannte an ihm vorbei auf den Ausgang zu, wobei ich diesem ekelhaften Monster wünschte, es möge die nächsten zwei-, dreihundert Jahre unter der zaubergewirkten Krätze leiden.
    Morgen würde die ganze Stadt in Aufruhr sein. Ich freilich konnte auf jede Art von Aufmerksamkeit verzichten. Am besten wäre es daher, ich striche das Geld für die Statue ein und verschwände für ein paar Monate von der Bildfläche.
    Der Kontrakt war erfüllt, ich befand mich auf dem Weg zu meinem Unterschlupf und konnte nur zu Sagoth beten, dass mir unterwegs niemand begegnete.

Kapitel 2

    Überraschende Begegnungen
    Die Abenddämmerung brach über das belebte Awendum herein und veranlasste die Städter, sich zu sputen. Menschen und Nicht-Menschen hasteten durch die Straßen. In den engen Vierteln und verwinkelten Straßen des Hafenviertels nutzten die Einwohner die letzten Stunden der Freiheit, bevor die Nacht sie in ihre Häuser trieb.
    Frauen rannten geschäftig hin und her, die Körbe mit unverkaufter Ware fest an sich gepresst, junge und sturzbesoffene Adlige jagten grölend, pfeifend und Schmutz aufspritzend auf ihren Pferden dahin, dass sich die übrigen Passanten gegen die Mauern drücken mussten und den Reitern wütend mit der Faust hinterherdrohten. Ein dicker Händler verpasste seinem Lehrling eine Schelle, auf dass er die Läden schloss und nicht die Stadtwache angaffte, die über das unebene Steinpflaster marschierte.
    Einer der Männer aus der Stadtwache warf mir unter seinem Helm einen finsteren Blick zu. Ich spendierte ihm ein freundliches Lächeln, mit dem ich ausdrückte: Sieh nur, was für ein ausgesprochen höflicher und friedlicher Mensch ich bin! Der Soldat brummelte etwas Unverschämtes in meine Richtung, fasste die Hellebarde fester und ging weiter. Ich grinste. Die für das Hafenviertel verantwortliche Wache gab sich gern blind, selbst bei einem Mann, unter dessen Umhang sich die Umrisse einer Armbrust abzeichneten, die innerhalb der Stadtmauern zu tragen einem gewöhnlichen Bürger genau genommen strikt verboten war. Wäre ich der Wache der Inneren Stadt in die Arme gelaufen, ich wäre mit einem Grinsen nicht davongekommen. Mindestens zwei Goldmünzen hätte es mich gekostet, damit die Hüter von Gesetz und Ordnung mein Gesicht bis zur nächsten Begegnung vergaßen.
    Ich spreche die ganze Zeit von Innerer Stadt und Hafenviertel, obwohl doch nur die Bewohner Awendums mit all diesen Bezeichnungen etwas anzufangen wissen. Unsere Hauptstadt breitet ihre Straßen gleich Fangarmen über mehrere Leagues hinweg aus. Ein Fremder muss sich zwangsläufig darin verirren. Entstanden ist Awendum am Ufer des Kalten Meeres, im Norden Sialas. Für einen fliegenden Drachen stellt sich die Stadt als ein gewaltiges Dreieck dar. Die Grundfläche liegt an besagtem bleigrauen Kalten Meer, die beiden anderen Seiten werden von hohen finsteren Mauern gebildet, in die in regelmäßigem Abstand gewaltige Wachttürme eingelassen sind. Acht Tore führen in die Stadt, jeweils vier auf beiden Seiten. Die dritte Seite ist durch das Meer und eine beeindruckende Burg gegen den Feind geschützt, in
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