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Schattenwanderer

Schattenwanderer

Titel: Schattenwanderer
Autoren: Alexey Pehov
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schluckte nervös, entschuldigte sich abermals und verschwand mit seinem Kompagnon in einem Tordurchgang, um dort nach leichterer Beute zu suchen.
    Mir mühsam ein Grinsen verkneifend, setzte ich meinen Weg durchs Hafenviertel fort. Ein guter Ruf ist doch eine schöne Sache. Wer auch immer in Awendum mit dem Gesetz nicht gerade auf gutem Fuß stand, kannte Garrett den Schatten oder hatte zumindest schon von ihm gehört. Nachdem ich einigen allzu hitzigen Liebhabern fremder Geldsäckel in die Beine geschossen hatte, traute man sich nicht mehr, mich zu überfallen. Trotzdem konnte ich natürlich nie ausschließen, dass sich eines Tages ein unerschrockener Held finden würde, der sich einen Namen machen wollte, indem er mich ausraubte. Deshalb war ich stets auf der Hut.
    Vor einem alten, absolut unauffälligen Haus blieb ich stehen. Von solchen Gebäuden gab es im Hafenviertel mehr als genug. Das Einzige, wodurch es sich von anderen unterschied, war sein Schild. Messer und Beil . Obendrein schmückten noch ein Messer und ein Beil, beides aus Blech und von enormer Größe, die Fassade. Selbst ein kreuzdämlicher Doralisser musste verstehen, was für eine Klientel in dieser Schenke verkehrte. Ich stieß die hölzerne Tür auf und tauchte in das Gelärm der Menschen ein.
    Die Schenke, in der die Gauner und Diebe der Hauptstadt Obdach fanden, hatte im Gegensatz zu anderen Wirtschaften die ganze Nacht geöffnet. Der Schankwirt, der alte Gosmo, wusste genau, wie man sich ein hübsches Sümmchen verdiente.
    Ich nickte den beiden Rausschmeißern zu, die mit Knüppeln im Arm neben dem Ausgang standen, und ging, mich unauffällig zwischen den Tischen hindurchschlängelnd, zur Theke. Einige Gestalten blickten mich finster an. Hinter mir setzte ein Geraune ein. Diese Burschen kannten mich bereits von Angesicht zu Angesicht. Eine Gefahr stellten sie nicht dar. Entweder neideten sie mir meinen Glücksstern oder sie trugen mir jene Fälle nach, in denen ich ihnen hatte in die Quere kommen müssen. Sollten sie doch ruhig grummeln! Mehr als ein bisschen Geflüster hinterm Rücken war von ihnen nicht zu befürchten.
    Nachdem ich mich endlich zum Tresen vorgekämpft hatte, nickte ich Gosmo zu. Er bediente höchstpersönlich. Ein buckliger alter Dieb, der früher gern des Nachts durch die Häuser der reichen Einwohner Awendums gezogen war, dann aber, nachdem er sich ausgetobt hatte, diese Schenke aufgemacht hatte, in der alle, die nicht gerade ein rechtschaffenes Leben führten, sich sorglos zusammenfinden konnten. Auch die Jungs aus meinem Gewerbe spannten hier aus, suchten neue Arbeit, Käufer und Auftraggeber. Dabei trat der pfiffige Gosmo oft genug als Vermittler zwischen Dieb und Auftraggeber in Erscheinung, was ihm ein ordentliches Zubrot einbrachte.
    »Ah, Garrett«, begrüßte er mich herzlich. »Dich habe ich aber lange nicht gesehen! Mindestens hundert Jahre hast du mich alten Mann nicht besucht!«
    »Ich hatte zu tun«, erwiderte ich, während ich ihm das Bündel mit der Statuette in die Hand drückte.
    Gosmo war ein hervorragender Vermittler, dem ich meinen letzten Kontrakt, den Ausflug in den Palast des inzwischen toten Kronherzogs Pathy, verdankte. Der Schankwirt ließ das Bündel verschwinden und drückte mir ebenso unauffällig ein Säckchen mit den versprochenen zwanzig Goldmünzen in die Hand. Die Ware wanderte an einen der Boten der Schenke weiter, der sie in einem schmutzigen Leinenbeutel verstaute, um damit das Messer und Beil in Richtung seines Auftraggebers zu verlassen.
    Ich zählte von den zwanzig Münzen fünf ab.
    »Dafür bist du mir ans Herz gewachsen, mein Junge, dass du immer pünktlich deine Schulden bezahlst«, bemerkte der Alte fröhlich. Ich verzog das Gesicht.
    Sicher, ich stahl fremdes Gut – aber den Vermittler musste ich mit meinem eigenen Geld bezahlen, das ich aus dem Verkauf ebenjener Sachen erhielt. Nicht, dass ich ein Geizhals gewesen wäre … Gut, es war nicht schön, statt mit zwanzig Goldmünzen nur mit fünfzehn dazustehen. Aber ich schuldete dem alten Gauner noch etwas, sodass er die Summe völlig zu Recht einstrich.
    »Hast du schon gehört, dass Mylord Pathy vor zwei Tagen aus heiterem Himmel gestorben ist?«, fragte Gosmo beiläufig, während er die Bierkrüge polierte. Mein missmutiges Gesicht schien er nicht bemerkt zu haben.
    »Ach ja?« Ich drückte aufrichtige Verblüffung angesichts des so plötzlich gestorbenen Herzogs aus, um dessen unverwüstliche Gesundheit ihn sämtliche
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