SchattenTod | Ein Weserbergland-Krimi
Nachfolgerin entweiht worden war. Sie schmiss sich aufs Bett und weinte sich in den Schlaf. Ihr letzter Gedanke war, dass sie am vierten Januar endlich ihren Eltern sagen musste, dass diese junge Ehe bereits Geschichte war.
Er
Auch er hatte bessere Zeiten gesehen. Heute war es für ihn unvorstellbar, wie unterschiedlich so ein Leben sein konnte. Vor allem das seine. In guten Jahren hatte er weit über zwanzigtausend Mark im Monat verdient und ein luxuriöses Leben geführt. Auf viele Reisen in die unterschiedlichsten Länder konnte er zurückblicken. Die Landkarte hinter seinem Schreibtisch war mit lauter Nadeln verziert. Für jede Reiseroute hatte er eine andere Farbe gewählt. Man konnte sagen, dass die Karte von Mitteleuropa und Afrika bunt verziert war.
Er war es auch gewohnt gewesen, in Antiquitäten zu leben. Wer ihn früher besuchte, konnte den Eindruck gewinnen, in ein anderes Jahrhundert eingetaucht zu sein. Edle Nussbaumhölzer fügten sich in seidene Teppichlandschaften ein, als ob sie genau dafür geschreinert worden waren. In einem anderen Raum wartete ein Kirschbaumklavier zwischen zwei Kandelabern auf die Hände des Meisters. Und er war ein Meister, nicht nur auf dem Klavier, sondern ebenfalls auf der großen Kirchenorgel, die der Stadtkirche in Bückeburg ihren besonderen Klang verlieh.
Wer ihn spielen hörte, hatte den Eindruck, von etwas Überirdischem berührt zu werden. Doch kaum jemand kam in den Genuss, da er meist nachts und am liebsten unerkannt und heimlich spielte. Es war für ihn ein Segen gewesen, als Pastor Gutzeit ihm den Schlüssel zur Sakristei gegeben hatte. Der Landesbischof war einverstanden gewesen, nachdem er ihn einmal gehört hatte. Die Orgel war jetzt sein einziges Instrument, nachdem er alles verloren hatte, was ihm einmal lieb und teuer gewesen war. Er hütete sie wie einen Schatz und spielte selbst an kalten Wintertagen, wenn die Kirche sich zwischen den Gottesdiensten so weit abkühlte, dass er seinen Atem sehen konnte.
Bückeburger, die noch spät unterwegs waren, wunderten sich über den Zauber des nächtlichen Klangs. Sie hatten allerdings keine Ahnung davon, dass diese Momente des Lichts in der Seele eines Menschen auch ihren abgrundtiefen Schatten in sich trugen.
Befragungen
Der Gedanke an die neuerliche Befragung der Zeugen von damals war für die Kommissare Wolf Hetzer und Peter Kruse lästig. Sie würde sich jedoch nicht verhindern lassen, beschlossen beide übereinstimmend. Peter schlug vor, dass es doch eventuell eine gute Idee sei, wenn die Befragung diesmal von den Bückeburger Kommissaren übernommen werden könnte. Immerhin wollte man ja zusammenarbeiten. Möglicherweise würden sie andere Fragen stellen, oder auf andere Dinge Wert legen.
Auf diese Art und Weise wäre es auch möglich, an neue Erkenntnisse zu kommen.
„Das ist eine sehr gute Idee, Peter!“, sagte Wolf Hetzer und lehnte sich in seinem Schreibtischstuhl zurück. „Möglicherweise kommen wir so tatsächlich an Fakten, die uns bisher verborgen geblieben sind. Wenn wir gleich wieder rüberfahren, über den Berg meine ich, dann können wir diesen Punkt mit ansprechen.“
„Sie werden schon nichts dagegen haben“, erwiderte Peter, „wir müssen uns sowieso aufteilen mit unseren Ermittlungen.“
„Wir sollten aber die Lady in Todenmann abholen, wenn wir nach Bückeburg fahren. Sie ist sonst zu lange allein“, sagte Wolf mit Nachdruck.
„Tja, Moni fehlt eben an allen Ecken und Enden! Ich hoffe, dass sie bald wieder zurückkommt, damit dieses Drama endlich ein Ende hat. Es ist ja kaum auszuhalten“, grinste Peter vielsagend und erntete dafür einen bösen Blick seines Kollegen.
Hetzer und Kruse schleppten die Akten des Falls vom Vorjahr zum Wagen. Auf andere Dateien konnten die Kommissare Dickmann und Hofmann sowieso zugreifen. Nun ging es also vor allem um eine geschickte Bündelung ihrer gemeinsamen Kräfte, damit sie dem Täter möglichst schnell auf die Spur kommen konnten, bevor weitere Opfer zu beklagen waren.
Auf dem Weg nach Todenmann hingen Hetzer und Kruse ihren Gedanken nach und sprachen wenig. Lady Gaga stand bereits hinter der Tür und wedelte mit dem Schwanz. Sie freute sich, dass sie mitfahren durfte, und sprang mit einem Satz in den Kombi. Dort drehte sie sich zweimal um sich selbst und rollte sich auf der Ladefläche zusammen.
Wolf wollte gerade vom Hof rollen, als sein Handy klingelte.
„Hallo Wolf, wie geht es dir?“, fragte eine vertraute Stimme und
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