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Schattenpferd

Titel: Schattenpferd
Autoren: Tami Hoag
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Blödmänner. Es stimmt.«
    Es war mir peinlich, dass mir das Kompliment so viel bedeutete.
    »Irgendwelche Neuigkeiten von Chad und Erin?«, fragte ich, als mein Telefon klingelte.
    Landry schüttelte den Kopf.
    »Estes«, meldete ich mich.
    »Elena?«
    Der zitternde Klang ihrer Stimme ließ Angst in mir hochsteigen wie eine Flutwelle. »Molly? Molly, was ist los?«
    Ich rannte bereits auf Landrys Auto zu, sah die Besorgnis in seinem Gesicht, während er mit mir Schritt hielt.
    »Du musst herkommen, Elena. Bitte komm!«
    »Bin schon unterwegs! Was ist passiert?«
    Im Hintergrund konnte ich ein Dröhnen hören, als hämmerte jemand gegen eine Tür.
    »Molly?«
    Und dann ein entsetzlicher, schriller Laut, der mit Mollys Namen endete.
    »Mach schnell!«, sagte Molly.
    Das Letzte, was ich hörte, bevor die Leitung tot war, war eine unheimliche Stimme: »Ich wollte doch nur ein schönes Leben … ich wollte doch nur ein schönes Leben …«

57
    »Also gut«, sagte Landry. »Wir machen es folgendermaßen: Ich geh mit den Deputies zuerst rein.«
    Ich ließ ihn reden, achtete nicht darauf, was er sagte, wie sein Plan aussah. Mir ging es nur um Molly.
    Wenn jemand dem Kind etwas angetan hatte …
    Ich dachte an Chad und Erin, die immer noch auf freiem Fuß waren. Wenn sie hierher zurückgekommen waren »Hast du mir zugehört, Elena?«
    Ich antwortete nicht.
    Er bog in die Einfahrt, fuhr bis auf den Rasen. Ein Streifenwagen war direkt hinter uns. Ich sprang aus dem Auto, bevor es ganz zum Stehen kam.
    »Verdammt noch mal, Estes!«
    Die Haustür stand offen. Ich rannte hinein, ohne mich darum zu kümmern, ob auf der anderen Seite Gefahr lauerte.
    »Molly!«
    Landry folgte mir auf dem Fuß. »Seabright? Ich bin es, Landry.«
    »Molly!«
    Ich raste die Treppe hoch, nahm zwei Stufen auf einmal.
    Wenn jemand dem Kind etwas angetan hatte …
     
    Landry ging zu Seabrights Arbeitszimmer. Im Haus war es unheimlich still, bis auf einen kleinen, schwachen Laut hinter der Tür des Arbeitszimmers.
    »Seabright?«
    Landry bewegte sich mit gezogener Waffe vorsichtig an der Wand entlang. Aus dem Augenwinkel sah er Elena die Treppe hinaufsprinten.
    »Seabright?«, rief er erneut.
    Das Geräusch wurde erkennbarer. Jemand sang, dachte er. Er schob sich seitlich an der Tür entlang, streckte den Arm so weit vor, wie er konnte, um den Türknauf zu erreichen.
    Jemand sang. Nein, es war eher wie ein Mantra. »Ich wollte doch nur ein schönes Leben.«
     
    »Molly!«
    Ich hatte keine Ahnung, welche der geschlossenen Türen zu ihrem Zimmer führte. Von der Seite stieß ich die erste auf, zu der ich kam. Chads Zimmer.
    Wenn jemand dem Kind etwas angetan hatte …
    Ich stieß die nächste auf. Ein leeres Schlafzimmer.
    Wenn jemand dem Kind etwas angetan hatte …
    Die dritte Tür gab nur ein paar Zentimeter nach, dann prallte sie gegen etwas. Ich drückte dagegen.
    »Molly!«
    Wenn jemand dem Kind etwas angetan hatte …
     
    Die Tür zum Arbeitszimmer ging auf, gab ein grausiges Bild frei. Krystal Seabright stand blutbedeckt hinter dem Schreibtisch ihres Mannes. Blut verschmierte ihr gebleichtes Haar, ihr Gesicht, das hübsche rosafarbene Kleid, in dem Landry sie ein paar Stunden zuvor gesehen hatte. Bruce Seabright war über seinen ansonsten makellosen Schreibtisch gesunken, ein Fleischermesser steckte in einer der vielleicht fünfzig Stichwunden auf seinem Rücken, seinem Hals und seinem Kopf.
    »Großer Gott«, murmelte Landry.
    Krystal sah ihn mit glasigen, weit aufgerissenen Augen an.
    »Ich wollte doch nur ein schönes Leben. Er hat es zerstört. Er hat alles zerstört.«
     
    Wenn jemand dem Kind etwas angetan hatte …
    Ich trat einen Schritt zurück, holte tief Luft und rammte die Tür mit der Schulter, so fest ich konnte.
    »Molly!«
    Das Hindernis auf der anderen Seite der Tür gab ein paar Zentimeter nach, so weit, dass ich mich durchzwängen und es weiter ins Zimmer schieben konnte. Jemand hatte die Hälfte der Möblierung aufeinander gestapelt.
    »Elena!«
    Molly stürzte sich mit voller Wucht auf mich. Ich fiel auf die Knie, fing sie mit den Armen auf und hielt sie so fest, wie ich noch nie einen Menschen gehalten hatte. Ich schloss Molly Seabright in die Arme und hielt sie, während sie weinte, hielt sie auch noch eine lange Zeit danach.
    Ich tat es für sie … und für mich.

58
    Als ich Molly in den Armen hielt, fiel mir nichts anderes ein, als ihr zu sagen, es sei vorbei. Es ist vorbei . Es ist vorbei . Es ist vorbei .Aber das
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