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Schattennaechte

Schattennaechte

Titel: Schattennaechte
Autoren: Tami Hoag
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ohne zu bemerken, dass sie beinahe eine Frau mit einem vollen Einkaufswagen über den Haufen gefahren hätte.
    Sie musste es wissen.
    Sie wendete haarscharf vor einer Gruppe Teenager auf dem Bürgersteig und stieg aufs Gaspedal, um auf die Straße zu kommen, bevor sie den Kastenwagen aus den Augen verlor.
    Er hatte die Kreuzung erreicht und bog gerade links ab.
    Lauren ließ zwei Autos vorbeifahren, dann folgte sie ihm und bog an der Kreuzung nach links ab, nachdem die Ampel bereits auf Rot gesprungen war. Wildes Hupen ertönte hinter ihr.
    Er war es, er hatte ihr ins Gesicht geschaut, ohne eine Miene zu verziehen. Bedeutete ihm die Mutter seines Opfers so wenig, dass er sich nicht einmal an ihr Gesicht erinnerte?
    Wut schoss in Lauren hoch wie ein Schwall Säure, gefolgt von Angst, Entsetzen, Hass, Ungläubigkeit, Erstaunen – eine alles verschlingende Riesenwelle.
    Erneut bog der Kastenwagen ab. Am liebsten hätte Lauren die beiden Autos überholt, damit sie ihn nicht verlor.
    Noch während sie überlegte, ob sie es tun sollte, fuhr ein dunkelrotes Auto neben sie. Sie warf dem Fahrer einen verärgerten Blick zu, und vor Schreck hätte sie beinahe das Lenkrad herumgerissen.
    Es war der Mann, in dessen Einkaufswagen sie im Supermarkt gekracht war. Er verfolgte sie, weil sie ihn im Gang mit den Nudeln gerammt hatte. Das musste ein schlechter Traum sein, ein verrückter, absurder, schlechter Traum.
    Er warf ihr einen strengen Blick zu und deutete zum Straßenrand. Erst da bemerkte sie das Blaulicht am Armaturenbrett.
    O Gott. Ein Cop.
    Ein Cop winkte sie heraus, während sie dem Mann hinterherjagte, der ihre Tochter entführt hatte. Das war tatsächlich ein Albtraum.
    Sie blickte nach vorn und erhaschte gerade noch einen letzten Blick auf den brauen Kastenwagen, bevor er nach rechts in einer Seitenstraße verschwand. Wie sehr wünschte sie sich, sie könnte einen gigantischen Arm ausstrecken und ihn wie ein Spielzeug hochheben. Im selben Moment bewegte der Teil ihres Gehirns, der noch normal funktionierte, ihre Hand zum Blinker, und sie hielt am Straßenrand.
    Das dunkelrote Auto hielt hinter ihr.
    Innerlich fluchend, dass Roland Ballencoa ihr entkommen war, saß Lauren da und beobachtete im Rückspiegel, wie der Fahrer ausstieg.
    War er allein? Hatte er Leslie bei sich? War er auf der Suche nach einem neuen Opfer?
    Oder war der Typ in dem Kastenwagen einfach nur ein Installateur aus der Gegend hier, der für sich und seine Familie etwas zum Abendessen besorgt hatte?
    Das hieße, sie wäre verrückt.
    »Ich bin Detective Mendez vom Büro des Sheriffs«, sagte der Cop und hielt seine Dienstmarke in das offene Fenster ihres Autos. »Könnte ich bitte Ihren Führerschein und Ihre Fahrzeugpapiere sehen?«
    Mit zitternden Händen fummelte sie den Führerschein aus ihrer Brieftasche und reichte ihn ihm. Die Fahrzeugpapiere waren im Handschuhfach. Sie erinnerte sich nicht mehr, wie sie aussahen.
    »Ich muss Sie bitten auszusteigen, Ma’am.«
    »Es tut mir leid«, sagte Lauren und stieß die Tür auf. »Ich bin eigentlich eine sichere Fahrerin – sowohl mit dem Auto als auch mit dem Einkaufswagen.«
    Detective Mendez verzog keine Miene. Er hatte dieses ihr mittlerweile allzu bekannte, ausdruckslose, harte Cop-Gesicht, wie eine geschlossene Stahltür ohne Fenster.
    »Haben Sie getrunken, Ma’am?«
    »Nein.« Noch nicht, auch wenn ein großer Wodka jetzt genau das Richtige gewesen wäre.
    »Sie scheinen ein wenig durcheinander zu sein, Mrs. Lawton. Haben Sie irgendwelche Medikamente genommen?«
    Prozac, Tavor, Valium, Thombran … ihr Medikamentenschrank war voll von diesem Zeug.
    »Nein«, sagte sie. Sie hatte nichts genommen. Während des Tages schluckte sie grundsätzlich nichts. Die meisten Tabletten machten sie schläfrig, und Schlaf brachte nichts außer Albträumen.
    Der Detective sah ihr in die Augen und versuchte, die Größe ihrer Pupillen abzuschätzen.
    Hatte sie etwas genommen und erinnerte sich nur nicht daran? Sie konnte nicht klar denken, in ihrem Kopf war dicker Nebel. Hatte sie zu Mittag gegessen? Sie erinnerte sich nicht. Wahrscheinlich nicht. Vielleicht war ihr Blutzuckerspiegel im Keller. Vielleicht hätte sie sich mit einem Stückchen Käse diesen ganzen Horror erspart.
    »Ich habe Sie beobachtet, als Sie den Parkplatz verließen«, sagte er. »Sie haben dabei etwa ein halbes Dutzend Verkehrsverstöße begangen und die Öffentlichkeit gefährdet. Können Sie das erklären?«
    »Ich dachte, ich hätte
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