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Schattenkinder - im Zentrum der Macht

Schattenkinder - im Zentrum der Macht

Titel: Schattenkinder - im Zentrum der Macht
Autoren: Margaret Peterson Haddix
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ihn sprachlos an. Mrs Talbot, die gerade das nächste Blatt ins Feuer werfen wollte, erstarrte mit ausgestrecktem Arm.
    »
Sie
werden es wissen«, sagte Trey. »Die Kinder. Selbst wenn man jede Spur ihrer alten Identität auslöscht – jedes schriftliche Dokument   –, sie werden trotzdem weiter wissen, wer sie wirklich sind. Lee, sag mir, wer du wirklich bist!«
    »Ich bin   –«, begann Lee und brach ab.
    Mark beendete den Satz für ihn.
    »Er ist Luke Garner«, sagte er. »Und wenn er die nächsten fünfzig Jahre damit zubringt, sich als Lee Grant auszugeben, bleibt er trotzdem Luke Garner. Mein Bruder.«
    Er stampfte mit dem Gipsbein auf, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen.
    »Und du, Nina«, sagte Trey. »Betrachtest du dich selbst als Nina oder als –?«
    »Elodie«, flüsterte Nina. »Tief drinnen bin ich immer noch Elodie.«
    »Joel und John, ihr habt schon
zweimal
neue Namen bekommen. Wisst ihr noch, wer ihr ganz am Anfang wart?«
    Wie zwei stumme, verängstigte Mäuse nickten die beiden kleineren Jungen.
    »Und
ich
«, sagte Trey, »ich bin nicht Travis Jackson. Ich bin mutiger als früher und habe Dinge getan, von denen ich vorher nicht zu träumen gewagt hätte. Trotzdem bin ich immer noch Trahern Cromwell Torrance. Und das werde ich immer bleiben.«
    Es war entsetzlich und wunderbar zugleich, den eigenen Namen laut auszusprechen. Trey wandte sich den Erwachsenen zu.
    »Versteht ihr nicht?«, sagte er. »Ihr wart wunderbare Helfer, aber ihr wisst nicht, wie es ist, ein drittes Kind zu sein. Illegal zu sein. Die Bevölkerungspolizei will uns ausrotten, vom Erdboden tilgen. Aber   –« Er nahm Mrs Talbot die verbleibenden Seiten aus der Hand und schüttelte sie. »Wenn überhaupt jemand die Bevölkerungspolizei besiegen kann, dann sind wir das. Es ist
unser
Leben, das auf dem Spiel steht. Wir brauchen diese Namen, damit sich die Schattenkinder zusammentun und dem Feind entgegentreten kön nen . Gemeinsam.«
    Erstauntes Schweigen erfüllte den Raum, dann murmelte Mrs Talbot tieftraurig: »Er klingt genau wie Jen.«
    Trey wusste, dass Jen und ihre Freunde bei ihrem Marsch für die Freiheit gestorben waren.
    Aber irgendwie jagte ihm das in diesem Moment keine Angst ein.
    Mr Hendricks räusperte sich.
    »Ich bewundere deine Gesinnung aufrichtig, Trey«, sagte er. »Und deinen Mut. Allein die Rettung deiner Freunde war eine ungeheure Leistung. Aber die Bevölkerungspolizei hat jetzt alles in der Hand. George hat Jahre dafür gebraucht,seine Widerstandsbewegung aufzubauen, und nun ist alles zerstört; ich fürchte, die Einzigen, die übrig geblieben sind, befinden sich in diesem Raum. Daher war deine kleine Rede zwar nobel und leidenschaftlich – aber nicht sehr realistisch.«
    »Das Spiel ist aus«, sagte Mrs Talbot. »Wir haben verloren.«
    Trey sah von einem zum anderen und versuchte die Gefühle seiner Freunde zu erahnen und die der Erwachsenen, die zu bewundern er gelernt hatte. Es waren die mutigsten Menschen, denen er je begegnet war. Doch jetzt sprach die nackte Angst aus ihren Gesichtern.
    »Also, was wollen Sie tun?«, fragte er. »Sich hier draußen für immer verstecken?«
    »Was können wir sonst tun?«, entgegnete Mr Hendricks.
    Sie wollten sich nicht verstecken, wurde Trey klar. Doch nach allem, was passiert war, konnten sie nicht mehr tun als sich an einem abgelegenen Ort zusammenzuscharren und zu beten, dass man sie niemals entdecken würde.
    »Ich für meine Person habe genug vom Verstecken«, sagte Trey und staunte über seine eigenen Worte. Trotzdem trafen sie zu. »Die Bevölkerungspolizei ist nicht unbesiegbar. Sie wird von marodierenden Horden angegriffen.« Er dachte an den Wachtposten auf der Brücke. »Ihre eigenen Leute desertieren und stehlen die Nahrungsmittel. Aldous Krankenaur will euch mit diesen ganzen Fernsehreden und jubelnden Menschenmassen nur glauben machen, dass er unheimlich beliebt sei und alles unter Kontrolle habe. Aber seine Macht ist noch nicht gefestigt. Seine Organisation ist . . . in chaotischem Zustand. Gerade
jetzt
ist er verwundbar. Wenn wiruns verstecken, nichts tun und auf den rechten Augenblick warten, verpassen wir vielleicht die Chance unseres Lebens.«
    »Wiederum schön gesprochen«, sagte Mr Hendricks. Seine Stimme klang jetzt ein wenig schärfer. »Aber was schlägst du vor zu
tun

    Trey wusste es nicht. Er hatte das Gefühl, sich auf dünnes Eis begeben zu haben, auf dem er jeden Moment einbrechen würde. Vielleicht hatte er wirklich
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