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Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond

Titel: Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond
Autoren: Lynn Flewelling
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Ihr vor uns jungen Leuten den Taugenichts gespielt habt. Und daher weiß ich auch, dass Ihr Euch des Risikos bewusst seid, mir, dem Bruder der Königin, derartige Dinge zu sagen.«
    »Klia ist loyal, Korathan. Sie strebt nicht nach dem Thron ihrer Schwester. Ich glaube, Ihr denkt genauso, sonst wäret Ihr nicht gekommen, um ihr zu helfen«, sagte Seregil mit einem bekräftigenden Nicken.
    Korathan spielte mit seinem Weinkelch. »Klia selbst kam auf den Gedanken zu bleiben, obwohl ich gestehen muss, dass ich ihr diesen Wunsch nur zu gern erfüllt habe.«
    »Danke, Mylord.« Seregil erhob sich und prostete dem Prinzen erneut zu. »Auf die Gesundheit aller Töchter Idrilains und all der Töchter, die sie in Zukunft haben werden.«
    Der Prinz stieß mit Seregil an, doch seine Miene verlor nicht an Ernst. »Ich diene allein der Königin, Lord Seregil. Vergesst das nie.«
    »Nicht für einen Augenblick, Mylord.«
     
    Die Skalaner verbrachten ihren letzten Abend in der Stadt wie den ersten, mit einem Fest bei den Bôkthersa im Schein des zunehmenden Mondes.
    Dort, im Garten seiner Schwester, horchte Seregil in sich hinein, und zum ersten Mal seit langer Zeit empfand er keine Trauer. Er konnte zurückkommen, wenigstens bis nach Gedre, und für den Augenblick war er damit vollauf zufrieden. In Gedanken war er so oder so schon wieder in Rhíminee.
    Als sie sich zum Abschied erhoben, zog Mydri ihn und Alec zur Seite. »Wartet, meine Lieben. Lasst die anderen gehen. Wir müssen unseren eigenen Abschied zelebrieren.«
    Als sie und Adzriel die anderen verabschiedet hatten, kehrten sie zu den beiden Männern zurück, und Seregil erkannte in den Händen der älteren Frau ein vertrautes Bündel.
    »Ich hoffe, du verlierst es nicht wieder«, sagte Adzriel, als sie ihm sein Schwert zurückgab. »Riagil hat es bei mir abgegeben, nachdem er dich zurückgebracht hat.«
    Mydri legte Alec ein kleineres Paket in die Hände. Er wickelte es aus, und ein Jagdmesser kam zum Vorschein. Der Griff war aus einem dunklen, rötlichen Holz gefertigt und mit Intarsien aus Horn und Silber verziert. »Nur die Mitglieder unseres Clans tragen solche Messer«, erklärte sie ihm und küsste ihn auf beide Wangen. »Welchen Namen auch immer du trägst, du bist nun auch unser Bruder. Gib auf Seregil Acht, bis er zu uns zurückkehrt.«
    »Mein Wort darauf«, antwortete Alec.
     
    Als Seregil und Alec den kurzen Weg zum Gästehaus beschritten, trat vor ihnen eine schlanke Gestalt in einer Robe aus den Schatten. Die Frau trug Kopfbedeckung und Robe der Rhui’auros, aber Seregil konnte ihr Gesicht nicht erkennen.
    »Lhial schickt Euch diese Gabe, Seregil von Rhíminee«, sagte sie und warf ihm etwas zu, das sanft im Mondschein glitzerte.
    Seregil fing den Gegenstand auf und erkannte das Gefühl der leicht aufgerauten Oberfläche von Glas unter seinen Fingern.
    »So geschickte Hände«, bemerkte die Frau und verschwand lachend.
    »Was ist das?«, fragte Alec und zog einen Lichtstein aus der Tasche.
    Seregil öffnete seine Hand. Es war eine weitere jener seltsamen Kugeln, doch diese war so klar wie frisches Eis, klar genug, dass er die kleine geschnitzte Figur in ihrem Inneren erkennen konnte – ein Drache mit den gefiederten Schwingen einer Eule.
    »Was ist das?«, fragte Alec noch einmal.
    »Eine Mahnung, nehme ich an«, antwortete Seregil, und steckte die Kugel vorsichtig in die Tasche.

 
58
Die Ruinen
     
     
    Seregil stand allein im Bug des Schiffes und betrachtete die fernen Umrisse der Zitadelle von Rhíminee, die sich langsam aus dem Dunst der Morgendämmerung schälte. Nebel verhüllte den Hafen, schimmerte hier und dort im Licht der Lampen in der Unterstadt.
    Das Geräusch von Schritten auf Deck hatte ihn geweckt. Er hatte Alec schlafen lassen und war allein hinaufgegangen, dankbar, vor dieser Heimkehr ein paar Augenblicke für sich zu haben.
    Das Wasser im Hafen war innerhalb der Molen glatt wie ein Spiegel und angefüllt mit Kriegsschiffen und Handelsfrachtern, die dort vor Anker lagen. Zu dieser frühen Stunde war es noch so still, dass Seregil das Rumpeln der Wagen auf ihrem Weg zum Ufermarkt und das morgendliche Krähen der Hähne in der Zitadelle hören konnte. Nicht ganz so weit entfernt schlug ein Koch auf einem Kriegsschiff mit der Kelle gegen einen Kessel, um seine Kameraden zu einem warmen Frühstück herbeizurufen. Der Geruch von Hafergrütze und gebratenem Hering hing in der Luft.
    Seregil schloss die Augen, stellte sich die vertrauten
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