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Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit

Titel: Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit
Autoren: Lynn Flewelling
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ausdruckslosem Blick auf das frische Grün der Weide. »Nysander ist tot.«
    Zu erschüttert und vor den Kopf gestoßen, um etwas hervorzubringen, hob Kari die Hand an den Mund.
    »Dieser nette alte Mann, der am Sakortag Zauberkunststücke für mich vorgeführt hat?« fragte Illia. Ungeduldig hüpfte sie um die beiden herum und verzog das Gesicht, als würde sie gleich weinen. »Warum ist er tot? Hat ihn ein böser Mann tot gemacht?«
    Mit ungebrochen düsterer Miene schluckte Seregil schwer.
    »Er hat etwas sehr Tapferes getan. Etwas sehr Schwieriges und Tapferes. Und dabei ist er gestorben.«
    Die anderen kamen herbei, und Seregil straffte die Schultern; seine Züge verrieten lediglich so etwas wie angespannte Gelassenheit.
    Zu viel Gelassenheit, fand Kari, die zur Kutschentür eilte. Dann aber galt all ihre Aufmerksamkeit Micum.
    So ausgemergelt er sich auch präsentierte, er begrüßte sie mit einem verwegenen Lächeln, als sie in seine ausgestreckten Arme sprang.
    »Diesmal bleibe ich wahrscheinlich für immer zu Hause, Geliebte«, sagte er reumütig und klopfte auf das verbundene Bein, das er vor sich auf dem Sitz ausgestreckt hatte.
    »Mach bloß keine leeren Versprechungen, du herumstreunender Schuft!« keuchte Kari und wischte sich Tränen der Erleichterung aus dem Gesicht. »Wo ist Alec?«
    Sie beugte sich aus dem Fenster und ergriff Alecs Hand, der neben der Kutsche auf dem Pferd saß. »Geht’s dir gut, mein lieber Junge?«
    »Mir? Ich hab’ kaum einen Kratzer abbekommen«, versicherte ihr Alec, obwohl er ebenso ausgezehrt und von Kummer gezeichnet wie die anderen wirkte. Kari hielt seine Hand noch einen Augenblick fest und sah, was auch Beka gesehen hatte; er war nicht mehr der Junge, der er gewesen war, als er Watermead zum ersten Mal besuchte. Was immer er in den letzten Wochen durchgemacht haben mochte, es hatte ihn seiner Unschuld beraubt, und wer vermochte zu sagen, welcher Tugenden noch?
    Die Hunde des Hauses sprangen rings um die Kutsche und die Pferde, als sie den Hof erreichten. Irgendwo zu Karis Füßen ertönte als Antwort ein lautes Fauchen. Sie blickte hinab und sah ein Paar grüner Augen aus einer Spalte in einem Weidenkorb hervorleuchten.
    »Was, um alles in der Welt …«
    »Seregils Katze«, erklärte Micum. »Möchte wetten, für die Hunde gibt es ein paar blutige Schnauzen ab, bevor sie sich durchgesetzt hat. Das arme Ding ist die letzte Überlebende aus der Herberge.«
    Kari lächelte bei sich, schwieg jedoch, bis Alec und Seregil Micum in die Wohnstube geholfen hatten. Nachdem ihr Gatte gemütlich vor dem Kamin saß, zog sie Elsbet beiseite, dann flüsterte sie Illia etwas ins Ohr. Das kleine Mädchen verschwand in der Küche und kehrte einen Lidschlag später mit einem pummeligen, krausköpfigen Säugling in den Armen zurück.
    »Vater, schau mal, was Valerius uns gebracht hat. Ist er nicht lieb?«
    Alec war der erste, der sich rührte. Er sprang wieder auf, nahm das Kind aus Illias unsicherem Griff, hob es hoch und betrachtete es mit einer Mischung aus Freude und Verwunderung.
    »Cillas kleiner Sohnemann?« fragte Micum.
    Kari ergriff seine Hand. »Valerius hat ihn ein paar Tage, nachdem du weg warst, herausgebracht und mich gebeten, ihn bei uns aufzunehmen. Ich war sicher, daß Cilla ihn lieber hier gewußt hätte als bei irgendwelchen Fremden, die ihre Leute nicht kannten. Ich dachte, du hättest nichts dagegen.«
    »Natürlich nicht«, erwiderte Micum und beobachtete belustigt, wie Luthas an Alecs Haaren zog und fröhlich gackerte, als er ihn erkannte. »Aber jetzt, wo unser eigenes unterwegs ist, kommst du da auch mit allem zurecht?«
    »Ob ich damit zurechtkomme, das verwaiste Kind einer Freundin aufzuziehen? Also, da kannst du aber ganz sicher sein!« antwortete Kari entrüstet. »Da unsere älteren Mädchen aus dem Haus sind, habe ich ohnehin zuviel freie Zeit. Und Illia ist ganz vernarrt in den Kleinen.«
    Sie schaute zu Seregil, der allein am Kamin stand. »Wenn er alt genug ist, werde ich ihm erzählen, wie du ihm das Leben gerettet hast«, fügte sie hinzu.
    »Vielleicht ist es besser, wenn er es nie erfährt«, entgegnete Seregil, während er beobachtete, wie sich Alec und Illia um das Kind zankten.
    »Dann überlasse ich es dir«, meinte Kari und spürte abermals, wie schon zuvor auf der Straße, jenen Anflug von Verzweiflung und Traurigkeit in ihm.
     
    In jener Nacht lag Kari dicht an Micum gekuschelt und lauschte ihm, während er die Umstände von Nysanders Opfer
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