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Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit

Titel: Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit
Autoren: Lynn Flewelling
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Bedienstete faßten mit an, um Kari hineinzubringen.
    Hinter ihnen hinkte Micum aus dem Schlafzimmer. »Was ist denn los?« fragte er aufgeregt, als er Kari inmitten des Trubels erblickte.
    »Es ist das Kind!« rief Alec zurück.
    »Ich hole eine Hebamme!« erbot sich Seregil bereits auf halbem Weg zur Tür.
    »Keine Zeit«, keuchte Kari. »Meine Frauen können mir helfen. Wir haben schon ein ganzes Haus voll Kinder zur Welt gebracht. Du und Alec, ihr kümmert euch um Micum. Ich will, daß ihr bei ihm bleibt! Elsbet, Illia, her zu mir!«
    Arna und die anderen Frauen halfen ihrer Herrin in ihre Kammer und warfen die Tür hinter sich zu. Die Männer blieben allein im Vorzimmer zurück.
    »Sie ist nicht mehr die Jüngste«, meinte Micum und ließ sich zittrig auf einen Stuhl am Kamin sinken. Kari stieß im angrenzenden Zimmer einen Schrei aus; Micum erbleichte.
    »Sie schafft das schon«, beruhigte ihn Seregil, obwohl er selbst ein wenig blaß wirkte. »Und so viel zu früh kommt das Kind gar nicht. Es wäre ohnehin in den nächsten paar Wochen fällig gewesen.«
    Schweigend hockten sie da und tauschten unbehagliche Blicke, während Karis Schreie durch das Haus hallten. Bedienstete kamen und gingen und lauschten angespannt. Sogar die Hunde ließen sich nicht hinausscheuchen, sondern kauerten winselnd zu ihren Füßen. Schließlich holte Seregil seine Harfe und spielte, um sie alle zu beruhigen.
    Kurz vor Mittag ertönte ein letztes, gequältes Stöhnen, gefolgt von einen leisem Weinen und Jubelrufen der Frauen. Micum stemmte sich aus dem Stuhl, als die alte Arna freudestrahlend aus der Kammer der Niederkunft trat.
    »O Meister Micum!« rief sie und wischte sich die Hände an einem Tuch ab. »Es ist das süßeste rothaarige Würmchen, das man sich vorstellen kann. Und er ist ziemlich kräftig für eine Frühgeburt. Er nuckelt auch schon, wie’s sich gehört. Es war eine Gnade Dalnas, daß er so früh gekommen ist, sonst hätte die arme Mutter noch mehr gelitten als jetzt. Laßt uns noch einen Augenblick Zeit, das Bett in Ordnung zu bringen, und kommt dann rein, ihr alle. Sie will euch alle sehen!«
    »Ein Sohn!« rief Micum aus und schlang die Arme um die Schultern seiner Freunde. »Bei den Vieren, ein Sohn!«
    »Er ist ganz schrumplig und rot und schmutzig!« quietschte Illia, die herausstürmte, um ihren Vater zu umarmen. »Und er hat rote Haare wie du und Beka. Komm mit und schau ihn dir an. Mutter ist so glücklich!«
    Kari lag zugedeckt mit einem winzigen Bündel an der Brust in dem breiten Bett. Für Alec, der am wenigsten Erfahrung in derlei Dingen aufzuweisen hatte, sah sie schrecklich aus, als wäre sie krank gewesen, doch das freudige Lächeln, mit dem sie die drei Männer begrüßte, strafte diese Einschätzung Lügen.
    Micum küßte sie, dann nahm er das Kind in die Arme.
    »Er ist genauso schön und stark wie die anderen«, flüsterte er heiser und betrachtete das runzlige Gesichtchen unter dem feuchten, kupferfarbenen Schopf. »Kommt her, ihr zwei, und sagt Hallo zu meinem Sohn.«
    »Ich bin so froh, daß du heute morgen da warst, Alec.« Kari griff nach der Hand des Jungen und lachte. »Aber du hättest dein Gesicht sehen sollen!«
    Seregil spähte über Micums Schulter, um einen besseren Blick auf das Kind zu erhaschen, und Alec sah, wie zum ersten Mal seit Monaten ein Lächeln tief empfundener Freude die angespannten Züge seines Freundes lockerte.
    »Wie soll er denn heißen?« fragte Seregil.
    »Ursprünglich wollten wir ihn Bornil nennen, nach meinem Vater«, antwortete Kari, »aber wenn ich ihn mir jetzt so ansehe, scheint das nicht recht zu passen. Was meinst du, Micum?«
    Lachend schüttelte er den Kopf. »Ich bin viel zu durcheinander, um zu denken.«
    Kari schaute zu Seregil, der immer noch auf das Kind hinablächelte. »Dann kannst du uns vielleicht wieder beraten, so wie bei Illia. Hilf uns als ältester und treuester Freund dieser Familie, einen Namen für unseren Sohn zu finden.«
    Micum reichte Seregil den Säugling. Seregil betrachtete ihn eine Weile nachdenklich, dann sagte er: »Ich würde Gherin vorschlagen, sofern ihr noch einen Aurënfaie-Namen in der Familie wollt.«
    »Gherin?« Kurz ließ Kari den Klang des Namens auf sich einwirken, dann meinte sie. »Gefällt mir. Was bedeutet es?«
    »›Früher Segen‹«, erwiderte Seregil leise.
    Dem Schöpfer sei Dank, dachte Alec erleichtert, während er Seregil mit dem Kind beobachtete. So friedvoll habe ich ihn nicht mehr erlebt, seit wir
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