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Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit

Titel: Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit
Autoren: Lynn Flewelling
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ist.«
    »Vielleicht.« In seinem Herzen aber fürchtete Alec, daß Seregil um so weiter forttreiben würde, je länger sie darauf warteten, daß er sich erholte.
     
    An dem Tag, als sie in den Hafen von Rhíminee segelten, erwartete Magyana sie am Kai. Mutterseelenallein und unbeachtet stand sie da, mit einem dunklen Trauerschleier über dem silbrigen Haar.
    Seregil reichte ihr ein Bündel mit Nysanders wenigen Habseligkeiten; die Stimme versagte ihm den Dienst, als er zu sprechen versuchte.
    »Ich weiß, mein lieber Junge«, murmelte sie und umarmte ihn. »Nysander und ich haben einander an dem Tag Lebewohl gesagt, als ich ihn losgeschickt habe, um euch zu finden. Er nahm schon damals an, daß er nicht zurückkehren würde und hat mich gebeten, euch allen zu sagen, daß ihr nicht um ihn trauern, sondern ihm verzeihen sollt, wenn ihr könnt.«
    »Ihm verzeihen?« keuchte Thero, der stocksteif neben Micums Trage stand. »Was sollen wir ihm denn verzeihen?«
    Magyana antwortete nicht; statt dessen schaute sie flüchtig zurück zu Seregil, der sich abgewandt hatte. Kurz verkeilten sich ihre Blicke ineinander, und in diesem Augenblick entfaltete sich ein tiefes Verständnis zwischen den beiden.
    »Außerdem war es Nysanders Wunsch, Thero, daß du deine Ausbildung bei mir beendest«, fuhr sie fort.
    Alle Farbe wich aus den eingefallenen Wangen des jungen Zauberers, als er vor ihr auf die Knie sank. »Ich kann nicht zurück zu den Orëska, nicht nach all dem, was in jener Nacht geschehen ist. Der Überfall und daß die Plenimaraner überhaupt hineinkonnten, das war meine Schuld. Hätte ich Ylinestra nichts von Nysanders Spaziergängen und seinen Studien erzählt … Im Nachhinein betrachtet erscheint mir klar, worauf all ihre Fragen abgezielt haben, aber damals – damals wußte ich es einfach nicht! Trotzdem würde mich der Rat nie und nimmer zurückkehren lassen.«
    Magyana legte ihm die Hand auf das geneigte Haupt. »Du vergißt, daß auch ich Mitglied des Hohen Rates bin, ebenso wie Nysander Mitglied war. Bevor er aufbrach, hat er ein letztes Mal mit den anderen gesprochen. Deiner Rückkehr steht nichts im Wege. Zuletzt hat er diesbezüglich zu mir gemeint, er hoffte, ich würde dafür sorgen, daß du zu Ende brächtest, was du so hervorragend begonnen hast.«
    Sie legte die Hand unter sein Kinn und hob behutsam das schmerzerfüllte Gesicht an. »Ich würde mich geehrt fühlen, wenn du mich als deine Lehrerin annehmen könntest, Thero. In Wahrheit wäre es ein großer Trost, dich bei mir zu haben und mich darum zu kümmern, daß die Ausbildung des letzten Schülers meines Freundes abgeschlossen wird. Es wäre die größte Ehre für sein Andenken.«
    Thero erhob und verbeugte sich. »Befiehl über mich.«
    Magyana lächelte freundlich. »Du wirst bald feststellen, daß ich, so wie Nysander, selten etwas befehle. Ich hoffe doch, der Rest von euch wird heute nacht meine Gastfreundschaft in Anspruch nehmen?«
    »Danke, Magyana, aber ich glaube nicht …« Seregil verstummte, unfähig, ihr in die Augen zu blicken.
    »Ich verstehe.« Sie berührte seine Wange. »Vielleicht später. Sag mir, wo ihr bleiben wollt, dann schicke ich Valerius, damit er sich Micum ansieht.«
    »Heute nacht in der Radstraße, danach draußen auf Watermead.«
    »Ich sorge dafür, daß er sofort zu euch kommt. Aura Elustri málreis, Seregil talí.«
    Sie ergriff Alecs Hände und verabschiedete sich von ihm, dann beugte sie sich über Micum. »Soll ich Kari eine Nachricht schicken?«
    Mit bedeutungsvollem Blick nahm Micum ihre Hand in die seine und sprach leise: »Vielleicht warten wir damit noch, bis mich Valerius untersucht hat, ja?«
    Magyana drückte seine Hand. »Gut. Möge Dalna deine Heilung beschleunigen, Micum, und euch allen wünsche ich friedvolle Herzen.« Mit Thero an der Seite marschierte sie durch die Menschenscharen im Hafen zu einer wartenden Kutsche.
    »Falls Ihr das Schiff nicht mehr braucht, möchten die Männer gern wieder ablegen«, sagte Rhal und kam herüber, um sich von ihnen zu verabschieden. »Wir haben zwei Fahrten mit leerem Laderaum hinter uns, und da draußen gibt es haufenweise Schiffe zu plündern.«
    »Das Schiff gehört Euch, Kapitän«, erwiderte Seregil. »Möge Astellus’ Glück mit Euch sein. Ich hoffe, die Grüne Lady wird zur Geißel beider Meere.«
    Alec und Seregil trugen Micum in einen gemieteten Wagen und brachen zur Radstraße auf. Sie fanden das Haus so vor, wie sie es verlassen hatten. Anscheinend
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