Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)

Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)

Titel: Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)
Autoren: Andreas Saumweber
Vom Netzwerk:
verzeihen, wenn man sie tötete.
    »Wolfgang.« Keelin griff vorsichtig nach seinem Kinn. Beinahe zärtlich schob sie seinen Kopf nach oben, bis er ihrem Blick kaum noch ausweichen konnte. »Du musst jetzt stark sein.« Ihre Miene war dabei so voller Leid, dass er ihr ansehen konnte, wie sehr sie mit ihm fühlte. Als er immer noch zögerte, flüsterte sie: »Es wird nicht besser, wenn du wartest. Komm.« Sie ließ ihn los und wich einen Schritt zurück.
    Er versuchte, den Kloß in seinem Hals hinunterzuschlucken. Es brachte nichts. Er ballte die Hände zu Fäusten, er knirschte mit den Zähnen, er biss sich auf die Lippen. Nichts half etwas.Sein Herz pochte wild in seiner Brust, schien zerspringen zu wollen.
    FREYA!
, schrie er in Gedanken.
HILF MIR! BITTE!
    Doch ihm half niemand. Als er sich umdrehte, um zu den Fallschirmjägern auf die andere Seite des Raumes zu gehen, fühlte er sich, als ob er zu seiner eigenen Hinrichtung gehen müsste. Die Männer traten zurück, um ihn durchzulassen. Es war kein Geheimnis, dass er Veronikas Liebhaber gewesen war. Um genau zu sein, war das der Grund, weshalb sie ihm folgten. Eine drückende Stille lastete über ihnen.
    Noch nie war es so schwer gewesen, den Kopf zu heben, als er vor dem Kokon stand. Ein Blick genügte, um ihm zu sagen, dass es tatsächlich Gudrun war. Sie saß in den Überresten des Kokons, die nackten Beine halb angezogen, die Haare zur Glatze abgeschnitten, so wie er sie nach ihrem Gefängnisaufenthalt kennengelernt hatte. Ihre Haut war zwar aufgeweicht, sie hatte Muskelmasse verloren und wirkte nun nicht mehr nur klein und schlank, sondern geradezu schmächtig und ausgemergelt, doch es war Gudrun. Es waren ihre hellblauen Augen, die sie verrieten.
    »Wolfgang«, flüsterte sie.
    Wolfgang schluckte. Er wollte ihr nicht antworten. Ihr zu antworten würde bedeuten, ihre Existenz zu akzeptieren.
    »Wolfgang, was ist los? Was tun die Männer hier?«
    Er schluckte noch einmal, presste die Augen zusammen. Dann aktivierte er sein Magiegespür.
    Eine rote Aura legte sich über sie. Es war die gleiche wie bei den anderen. Er hatte es gewusst.
    »Wolfgang!«
    Er sah zu Boden. Sah zur Seite. Sah auf seine Hände, mit denen er sie gehalten, sie gestreichelt hatte. Jetzt mussten sie sie töten.
    »Ist sie etwa auch ein Schatten?«, fragte Tönnes fassungslos.
    Bauer musste die Antwort in Wolfgangs Augen gelesen haben, denn er schlug erschrocken die Hand vor den Mund. »Gott stehe uns bei!«
    »Wolfgang, sagen Sie, dass das nicht wahr ist!«, forderte Tönnes.
    »Wolfgang, bitte!«, flüsterte Veronika. »Was ist nicht wahr? Was ist los? Schau mich an …«
    Zumindest das hat sie verdient!
, drängte eine Stimme in Wolfgang. Widerwillig hob er erneut seinen Kopf, ließ den Zauber fallen, um die von den Göttern verfluchte Aura zum Verschwinden zu bringen.
    Als er sie sah, wusste er, dass er sie nicht töten konnte, genauso wenig wie er zulassen konnte, dass ein anderer sie tötete. Sie blickte ihn an mit ihren verfluchten, blassblauen Augen, in die er so oft gesehen hatte in den paar Wochen, die sie sich gekannt hatten. Die in ihm das erste Mal den Willen erweckt hatten, aufzuhören mit dem Leben in der Gefahr. Die ihn an Familie hatte denken lassen, an Ehe, ans Altwerden.
    Er konnte sie nicht töten.
    »Geh.« Seine Stimme krächzte.
    »Wolfgang …«, flehte sie ihn noch einmal an. »Ich bin es! Veronika!«
    Gudrun
, dachte er beinahe automatisch, doch es war nicht Gudrun und auch nicht Veronika. Es war ein Schatten, ein Schatten, den er töten musste. »Geh!«, stieß er aus. »Geh, bevor ich es mir anders überlege!«
    »Was ist denn los?« Ihre Stimme klang weinerlich.
    »Du bist ein Schatten …« Seine Stimme versagte, als Tränen in seine Augen stiegen.
    Sie setzte noch einmal an, etwas zu sagen. Etwas in seinem Blick ließ sie verstummen. Sie wurde blass, noch blässer als ohnehin schon. Sie nickte.
    Dann schwang sie ihre Beine von dem Podest auf den Boden und stand wackelig auf. Sie taumelte, stürzte beinahe. Keiner der Männer rührte sich, um ihr zu helfen. Hilflos tauschten sie Blicke aus, sahen von Wolfgang zu Keelin, von Keelin zu Uirolec, von Uirolec zurück zu Gudrun, doch sie wirkten genauso gelähmt wie er selbst.
    Hinter ihnen erwachten die ersten Schatten zu neuem Bewusstsein, während sich ein paar wenige noch immer verzweifelt in ihren Kokons wanden, doch die Fallschirmjäger schienen Mann für Mann zu Stein erstarrt zu sein. Automatenhaft traten
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher