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Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)

Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)

Titel: Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)
Autoren: Andreas Saumweber
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Bundeswehr so weit gebracht hatte, damals, in einem anderen Leben, einer anderen Zeit. Sie erspürte die einzelnen Personen, erkannte sie wieder, fand Weidemann und Sievers, Müller und Tönnes, sogar Bauer, ihren alten Kompaniefeldwebel. Und dann spürte sie noch jemanden, ein paar Schritte weiter weg, einen Mann, der …
    »Wolfgang«, flüsterte sie.
    Jemand rief seinen Namen, doch er rührte sich nicht. Sie spürte seine Emotionen, fühlte den Horror, der nach ihm gepackt hatte und ihn schüttelte. Etwas Schreckliches war passiert.
    Schließlich setzte er sich in Bewegung, kam näher, zögerlich, ängstlich sogar. Eine Frau war bei ihm, eine Präsenz, die Veronika nicht kannte, jemand, dem er vertraute, den er schätzte. Sie geleitete ihn zu ihr. Zwinkernd sah Veronika ihn, verschwommen hinter all den Lampen, die noch immer auf sie gerichtet waren, mit Augen, die seit einer Unendlichkeit nicht mehr gesehen hatten. Auch er trug Uniform, hatte eine Waffe über der Schulter. Seine Haare waren unter einen Helm gesteckt, sein Gesicht war unrasiert. Sie versuchte, ihn zu fokussieren, seine Augen, die gütigen, liebevollen braunen Augen, in denen so oft der Schalk steckte, doch er hatte den Kopf geneigt und sah zu Boden. Sie flüsterte noch einmal seinen Namen, fragte sich, was die Soldaten hier taten, die sie zuletzt in Kosovo gesehen hatte. Er reagierte noch immer nicht. »Wolfgang«, murmelte sie, als ob sein Name ein Zauberspruch wäre, der alles wiedergutmachen würde, was sich seither ereignet hatte, seit jener schicksalsträchtigen Schlacht um Trollstigen. Sie flehte ihn an, sie doch anzusehen, damit sie ihm endlich in die Augen blicken konnte. Und da, ihre Worte zeigten Wirkung, denn langsam hob er seinen Kopf. Endlich konnte sie seine Augen erkennen!
    Doch was sie sah, versetzte ihrem Herzen einen Stich. Sie konnteihn nicht lesen, spürte nur den Zwiespalt, in dem er steckte, und plötzlich spürte sie auch die Gefahr, als ihr Gefahrensinn die Bedrohung erkannte, die von ihm ausging.
    Und dann schickte er sie plötzlich fort. Er hasste sich dafür, weil es weder das eine war, was er tun wollte, tun
sollte
, noch das andere. Für sie war es ein Schlag ins Gesicht. Sie flehte ihn an, erinnerte ihn daran, wer sie war, für den Fall, dass er etwas nicht richtig verstanden hatte, doch offenbar war sie es, die es nicht verstand. Sie kämpfte mit den Tränen, versuchte nachzuvollziehen, was hier passierte, doch es war zwecklos. Etwas stimmte nicht, mit ihr oder der Situation oder Wolfgang oder den Männern oder vielleicht auch mit allen zusammen. Etwas hatte sich verändert. Sie fragte ihn, was los war, hoffte darauf, vielleicht auf diesem Wege etwas Ordnung in ihre Verwirrung zu bringen.
    »Du bist ein Schatten.«
    Der Satz war wie ein Schuss durch den Bauch. Im ersten Moment spürte sie gar nicht den Schmerz, verstand nicht, was er damit sagen wollte. Ein Schatten … es ergab keinen Sinn. Wie konnte sie ein Schatten sein, sie war ein Mensch, niemand wusste, wie die Schatten entstanden! Sie wollte schon etwas erwidern, als sie einen Schritt weiter dachte. Niemand wusste, woher die Schatten kamen,
außer den Schatten!
Und sie war von den Schatten gefangen genommen worden und hatte die Verdammnis in der ewigen Dunkelheit erlebt, die Alpträume, die Folter, die Stimme … Dies alles musste ebenfalls der Wille der Schatten gewesen sein! Und nun befand sie sich … hier, wo auch immer dieses Hier war …
    War sie ein Schatten?
    Wolfgang schien überzeugt. Veronika wusste, dass er den Magiesinn besaß. Er konnte es sehen, wer Schatten war und wer nicht. Wenn er sagte, dass sie einer war, dann …
    Langsam erwachte in ihr das Verständnis. Er wollte sie nicht töten, obwohl sein Verstand ihm riet, es zu tun. Sie wollte auch nicht sterben, selbst jetzt nicht, wo er ihr gesagt hatte, dass sie ein Schatten war. Sie war doch immer noch Veronika, oder nicht?
    Es brach ihr das Herz, aber sie nickte.
    Vorsichtig schwang sie ihre Beine zu Boden. Etwas Schleimiges aus dem Kokon glitt von ihrem Oberschenkel davon. Sie wollte nichts mehr, als von Wolfgang in den Arm genommen zu werden, gesagt bekommen, dass alles in Ordnung war, doch nun schickte er sie davon, vorbei an all den Männern, die einmal zu ihr gehalten hatten. Sie spürte ihre Blicke auf sich. Sie war nackt. Sie war alleine, so alleine, wie sie sich noch nie zuvor in ihrem Leben gefühlt hatte. Die Männer starrten sie an mit ihren steinernen Mienen, als ob sie nicht mehr
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