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Schattenbruch

Schattenbruch

Titel: Schattenbruch
Autoren: Markolf Hoffmann
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Anstalten, die Segel zu reffen oder die Barke auf andere Weise zu bremsen. Und Jundala war wie gelähmt, sprach kein Wort, als die dunklen Felsen näher und näher kamen, als das Bugspriet die Klippen berührte und eine Erschütterung durch die Barke ging. Dann hob sich ihr Schiff, glitt in das Gestein, verschmolz mit der Küste, und die Planken unter Jundalas Füßen verwandelten sich in festes Land, auf das sie herabstürzte, weinend und lachend und sprachlos über jenes Wunder, dessen Zeugin sie war; das sie au& Gharax entführt und in eine neue Welt gebracht hatte.
    »Dort! Ich kann ihn sehen, den gyranischen Hund!« Parzer spuckte über die Reling, fuchtelte wild mit den Händen. »Tarnac der Grausame … was für ein armseliger Wicht, wenn er nicht einmal ein Schiff führen kann.« Die Galeere der Gyraner wirbelte auf dem See umher, umgeben von grünem Feuer. Die Woge der Trauer hatte sie erfaßt, spülte Schlamm und Öl und Binsen über die Ruder, die starr in ihrer Verankerung hingen; wie ein Korkball trieb sie auf dem Wasser, hilflos der Magie der Quelle ausgeliefert.
    »Armselig, in der Tat!« höhnte neben ihm Schalim. Hochzufrieden ließ der Prasser den Blick über sein eigenes Schiff schweifen. Die
Hotteposse
machte sich gut im Wasser, wie er fand, auch wenn die Planken klapperten und der Wind durch die löchrige Bordwand pfiff, daß es einem angst und bange werden konnte. Unter Deck waren die Frauen damit beschäftigt, das eindringende Wasser in Eimern aufzufangen und über Bord zu schütten, während sich die Männer an den Rudern abmühten: auf der linken Seite zehn Silberschürfer, auf der anderen Seite die Fischer aus Rhagis und die Barden. Die
Hotteposse
hatte zwar leichte Schräglage, aber dies minderte kaum ihr Fortkommen; ja, für Schalims Empfinden glitt sie durch den See wie eine Königin. »Das alte Mädchen schlägt sich hervorragend«, rief er stolz. »Wer hätte das gedacht!«
    »Ich glaube eher, sie zerbröselt bald unter uns«, sagte Mäulchen gehässig, die sich neben Ungeld über die Reling beugte. »Ein Wunder, wie weit wir mit dem Pott gekommen sind.«
    »Was beschwerst du dich, Weib? Ich sollte dieser Galeere nachjagen, und das habe ich getan.« Schalim gab den Ruderern ein Zeichen, die Fahrt zu verlangsamen. »Nun müssen wir achtgeben, nicht zu dicht an das Herz der Quelle heranzufahren, sonst geht es uns ebenso wie diesem einfältigen König.«
    »Er scheint nicht erfreut zu sein, uns zu sehen«, sagte Ungeld. »Seht, er tritt an die Reling … ob Tarnac mit uns reden will?«
    »Ach ne!« Parzer zwirbelte zufrieden seinen Bart. »Tja, der Wind hat gedreht, und diesmal ist es Tarnac, der mit seinem Schiff auf dem Wasser dümpelt, so wie wir damals vor der Küste von Tula. Mal hören, was er zu sagen hat.«
    Der König blickte tatsächlich zu ihnen herüber; auf seinem kahlrasierten Haupt glitzerten Wassertropfen, und sein Blick verriet, wie zornig er war. Er rief ihnen etwas zu, doch seine Worte verloren sich im Wind. »Wir können dich nicht hören, du lahmer Reiher«, brüllte Parzer zurück. »Ein bißchen mehr Mark in die Stimme, wenn ich bitten darf!«
    Tarnac versuchte es erneut, doch wieder kam er nicht gegen den Wind an. Schließlich winkte er eine seiner Leib- wachen heran, einen Hünen mit wehendem blondem Haar, und wisperte ihm etwas zu. Dieser übermittelte seine Worte mit kräftiger Stimme.
    »Mein königlicher Bruder fragt, was ihr von ihm wollt und warum ihr uns gefolgt seid.«
    »Sein königlicher Bruder?« kicherte Ungeld und schlug sich auf die Schenkel. »Ich möchte gern die Mutter sehen, die solche Bälger hervorbringt.«
    »Bißchen mehr Anstand, wenn ich bitten darf«, grinste Parzer. »Immerhin haben wir es mit einem König zu tun.« Er lehnte sich über die Reling und brüllte die Antwort zur Galeere hinüber: »Du Auswurf eines Sandwurms hast acht unserer Leute auf dem Gewissen! Außerdem hast du unser Armband stibitzt, den goldenen Turmbinder. Den hätten wir gern wieder, sonst kannst du was erleben!«
    Der Prasser zog ihn am Hemdzipfel zurück. »Hört auf, ihm zu drohen. Die Gyraner sind in der Überzahl und bis an die Zähne bewaffnet. Ihr könnt Tarnac das Armband nicht mit Gewalt abnehmen.«
    »Das brauchen wir auch gar nicht! Wenn seine Galeere kentert, wird er es schon herausrücken.« In der Tat schien Tarnac über das Angebot nachzudenken. Er hatte den Ärmel der Kutte zurückgeschlagen und betrachtete den Turmbinder an seinem Handgelenk. Dann
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