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Schattenbruch

Schattenbruch

Titel: Schattenbruch
Autoren: Markolf Hoffmann
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Brüllendes Feuer und tobende Glut … die Macht der Quelle brodelte wieder in ihm!
    Nhordukael packte Sai'Kanees Mantel. Er fing sofort Feuer. Sie stieß einen ungläubigen Schrei aus, schlug mit dem schwarzen Stab nach Nhordukael, doch er drang durch seinen Körper wie durch eine Flamme hindurch, konnte ihn nicht verletzen. Nhordukaels Hände schlössen sich um ihren Hals, und die Hitze riß der Zauberin die Haut vom Fleisch, ließ ihre Halswirbel zerschmelzen. Ihr Kopf sackte zur Seite, und Flammen stoben aus ihren Augen, dem Mund, den Nasenlöchern. Dann brach die Glut aus all ihren Poren hervor, und ohne einen Laut von sich zu geben, zerging Sai'Kanee im Feuer. Es jagte die Treppe hinab, bis zur letzten Stufe. Nur der Stab des Weltenwanderers wurde verschont; er war in mehrere Brocken zerfallen, und diese trieben in der Glut. Der Baumeister aber war an den Rand der Treppe gewichen. Seine Beinkleider hatten Feuer gefangen, und er drohte zu taumeln, herabzustürzen. Tränen rannen aus seinen Augen, als er sich an Nhordukael wandte. »Verschone mich … bitte verschone mich!«
    Nhordukael blickte nachdenklich auf die Mauer, wo Baniter Geneder noch immer mit heiserer Stimme las und las, auch wenn die Worte kaum zu hören waren.
    »Vorerst lasse ich dich leben, Sardresh. Vielleicht kannst du mir helfen, diesen Bann zu brechen. Doch ich werde nicht vergessen, welche Mitschuld du an diesem Elend trägst.«
    Nhordukael wandte sich zur Stadt um, die sich seinen Augen nun in ihrer schrecklichen Pracht darbot; und er wußte, daß Vara nur der erste Keim war, den Mondschlund auf der zerstörten Welt gesät hätte.

KAPITEL 14
Ankunft
    Die Galeere glitt langsam durch die Wellen. Wieder und wieder tauchten die Ruder ein, schoben das Schiff voran, schnellten in die Höhe … dann waren die Ruderblätter zu erkennen: pechschwarz und rissig, von Magie umwoben. Wenn sie auf das Wasser trafen, begannen die Öllachen auf der Seeoberfläche zu brennen, und grüne Flammen züngelten an den Ruderstangen empor.
    Tarnac von Gyr stand am Bug der Galeere. Sie befanden sich nun in der Mitte von Velubar; hier wuchsen weniger Sumpfbrecher als in Ufernähe, statt dessen trieben Inselflechten auf den Wellen, ein holziges Gestrüpp, auf dem sich Bläßhühner und Schildkröten tummelten. Über die Galeere zogen Kraniche hinweg; ihre Schreie klangen, als wollten sie den König zur Umkehr bewegen.
    Tarnacs Finger spielten mit seinem Armband - dem goldenen Turmbinder. »Ist es nicht ein merkwürdiger Zufall? Ein so machtvoller Gegenstand fällt mir in die Hände, ganz unverhofft. Warum habe ich nicht früher erkannt, welche Kräfte er besitzt?« Er verzog die Lippen zu einem Lächeln. »Zu dumm, daß seine Besitzer aus ihrem Gefängnis entkamen. Ich hätte ihnen gerne ein paar Fragen zu dem Armband gestellt.« Er wandte sich an die Zauberer, die neben ihm an der Reling standen. Es waren Solcata-Mönche mit geschminkten Gesichtern und hellgrauen Kutten.
    »Dieses Kleinod bindet die Kräfte des Leuchtturms von Fareghi. Wenn das Zeitalter der Wandlung vollendet ist, werde ich mit seiner Hilfe die Ströme des Silbermeeres beherrschen - und dies ist selbst den Goldei nicht gelungen. Ja, ein willkommener Zufall … in zukünftigen Liedern wird man es freilich Schicksal nennen oder göttliche Fügung.«
    Tarnac hatte sehr leise und ruhig gesprochen, seine Stimme ließ alle Leidenschaft vermissen. Nur seinem Blick war zu entnehmen, wie zufrieden er über den Lauf der Dinge war. Vor drei Tagen waren sie aufgebrochen, hatten die Taue der Galeere gelöst und das Schiff auf den See gesteuert. Vierzig Gefangene saßen an den Rudern, allesamt Aufständische, die sich in Venetor gegen die Gyraner zur Wehr gesetzt hatten. Statt sie hinzurichten, hatte Tarnac ihnen die Gnade erwiesen, ihn auf seiner Überfahrt zu begleiten. Die Vodtiver waren an den Ruderbänken festgekettet; ein Antreiber gab mit der Peitsche den Takt vor, in dem sie die Riemen zu reißen hatten.
    »Die Woge der Trauer ist nun ganz in der Nähe«, sagte einer der Solcata-Mönche. »Der Wellengang wird stärker, und ebenso die magischen Ströme. Wir sollten diese Ruder besser einholen. Sie könnten das Herz der Quelle beunruhigen.«
    »Das halte ich für unwahrscheinlich.« Tarnac blickte auf die pechschwarzen Enden der Riemen. »Im Gegenteil: die Woge der Trauer wird sich vor der Macht des Schlüssels beugen, wird unsere Galeere in Demut empfangen.« Er ließ die Hände über das Holz der Reling
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