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Schattenblicke - Thriller

Schattenblicke - Thriller

Titel: Schattenblicke - Thriller
Autoren: Karen-Susan Fessel
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Aleks. Sein Blick wird härter, fast drohend. »Und du – pass auf sie auf!«
    Aleks nickt schweigend.
    Mein Vater sieht wieder zu mir. »Wenn du an der Grenze alles erzählst«, sagt er, »dann lass den Jungen hier einfach raus. Tu so, als wäre er nie dabei gewesen. Meinst du, das kriegst du hin?«
    Ich sehe zu Aleks, der meinen Blick nur mit Mühe erwidert, dann nicke ich stumm.
    Mein Vater lächelt. »Pass auf dich auf, Kind«, sagt er, und dann lächelt er mich an.
    Mit seinem Papalächeln. Dieses Lächeln, das ich so liebe, dieses Lächeln, bei dem man seine beiden schiefen Vorderzähne sehen kann, die er sonst immer zu verbergen versucht.
    Und ich kann gar nichts dagegen tun, dass mir die Tränen in die Kehle steigen. »Tata«, flüstere ich. »Tata, ich …«
    Mehr kann ich nicht sagen. Aber er versteht mich auch so.
    »Ich dich auch, Sascha«, sagt er. »Ich dich auch.« Und damit steigt er aus.
    Ich sehe zu, wie er mit vorsichtigen Schritten auf den Haupteingang zugeht, leicht gekrümmt, den linken Arm fest auf die rechte Schulter gepresst. Er dreht sich nicht mehr um.
    Und noch während er im Eingang verschwindet, fährt Aleks an.

16 // Freitagabend
    Hinter dem Krankenhaus kommen nur noch ein paar Straßenzüge, dann nähern wir uns der Stadtgrenze. An einer Kreuzung sieht Aleks kurz zu mir herüber. »Hast du auch Durst?«
    Ich zucke mit den Schultern, aber Aleks fährt an den Straßenrand und hält vor einer Art Kiosk. Ein dunkelhäutiger Mann lehnt Kaugummi kauend über dem Tresen und tippt gelangweilt auf sein Handy ein. Als Aleks aussteigt, sieht er neugierig auf.
    Aleks reicht ihm ein paar Geldscheine und kommt mit zwei Halbliterflaschen Wasser und einer Tüte Salzstangen zurück.
    »Hier«, sagt er und reicht mir die Tüte. »Ich hoffe, du magst die. Serbische Spezialität.« Er lächelt schwach und lässt den Motor wieder an.
    Eigentlich habe ich keinen Hunger, aber ich betrachte zumindest die Tüte. Die Salzstangen, die darauf abgebildet sind, sehen aus, als wären sie mit Erdnussbutter oder etwas Ähnlichem gefüllt.
    Und das sind sie auch, das merke ich, als ich dann doch eine probiere. Dicke Erdnussbutter quillt aus der salzigen Kruste, fast verschlucke ich mich daran. Schnell öffne ich die Wasserflasche, und erst während ich trinke, merke ich, was für einen Durst ich habe. Ich trinke die Flasche so gut wie aus und öffnedie andere für Aleks, der offenbar ebenso durstig ist wie ich, denn er leert sie fast in einem Zug. Als ich sie ihm wieder abnehme, berühren sich unsere Fingerspitzen, und ein Schlag durchfährt mich.
    Für einen winzigen Moment lächeln wir uns an, dann sehen wir beide wie auf Kommando wieder nach vorn.
    Wir haben die Stadt hinter uns gelassen. Die Straße vor uns führt schnurgeradeaus durch die nächtliche Landschaft. Direkt vor uns hängt der Mond rund und tief über den Feldern. Wunderschön sieht das aus.
    Ich lasse das Fenster ein wenig herunter und sauge die Luft ein.
    Der Fahrtwind riecht gut, frisch und klar. Von weit entfernt schwebt Hundegebell zu uns herüber. In der Ferne erheben sich schemenhaft Berge im Mondlicht.
    Erst jetzt, wo ich hier sitze, allein, neben Aleks, der mich durch die serbische Augustnacht fährt, erst jetzt spüre ich, wie froh ich bin, nicht mehr eingesperrt zu sein.
    Aber zugleich bin ich auch verwirrt. Es ist so viel geschehen. Ich bin entführt worden. Tatsächlich! Ich!
    Und dann mein Vater. Ich habe meinen Vater wiedergesehen  – meinen Vater, der jetzt mit einer Schusswunde im Arm im Krankenhaus liegt und hoffentlich gut versorgt wird.
    Und dann ist da noch Goldzahn, der vielleicht noch schwerer verletzt ist.
    Oder tot?
    »Aleks«, sage ich leise, und Aleks blickt zu mir herüber. »Was glaubst du, was ist mit Goldzahn passiert? Meinst du, er ist schwer verletzt?«
    Aleks denkt einen Moment nach, während er beschleunigt. Wir rollen an einer einsamen Hütte am Wegrand vorbei, die dunkel und verlassen daliegt. Sie erinnert mich an den Hof, auf dem ich die letzten Tage verbracht habe. Komisch, es kommt mir vor, als läge das schon weit hinter mir. Dass wir geflohen sind. Dabei sind es gerade erst ein, zwei Stunden. Und eigentlich, das sage ich mir, während ich aus dem Fenster hinaus auf die mondbeschienenen Felder sehe, eigentlich bin ich immer noch entführt. Ich bin noch nicht in Sicherheit.
    Warum aber fühlt es sich so an, mit Aleks an meiner Seite?
    Wieso vertraue ich diesem Jungen, den ich überhaupt nicht kenne und der
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