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Schattenblicke - Thriller

Schattenblicke - Thriller

Titel: Schattenblicke - Thriller
Autoren: Karen-Susan Fessel
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wieder von dir gesprochen«, fährt mein Vater neben mir fort, »und davon, dass ich deine Mutter verlassen habe, weil ihre reichen Eltern mich nicht wollten. Keinen armen kriminellen Serben wollten. Es hatte immer nur Stress deswegen gegeben, am Ende hab ich es nicht mehr ertragen und bin gegangen.« Er räuspert sich und dann spricht er weiter. Noch leiser als zuvor.
    Auch Aleks fällt das offenbar auf, denn er sieht unruhig zu ihm herüber. Unsere Blicke treffen sich.
    Was für schöne Augen er hat.
    Schöne, traurige Augen.
    Mein Herz klopft plötzlich schneller.
    »Ein Fehler. Mein Fehler. Ich hätte nicht von dir erzählen dürfen«, sagt mein Vater leise. »Sie haben mir damit gedroht, dich zu entführen, aber ich habees nicht ernst genommen. Dann haben sie angerufen, dass sie dich haben. Und ich bin gekommen und hab … ich hab gewusst, dass ich nur eins machen kann: versuchen, dich zu befreien.«
    »Und Mama? Hast du sie angerufen wegen des Lösegeldes? Hast du mit ihr gesprochen? Oder wie habt ihr Kontakt aufgenommen?«
    »Nein«, flüstert mein Vater. »Ich habe nicht mit ihr geredet. Ich habe auf ihren Anrufbeantworter gesprochen, dass ich mich wieder melde. Ohne meinen Namen zu sagen. Aber ich habe mich nicht mehr gemeldet. Stattdessen habe ich Nenad vorgegaukelt, ich hätte es getan, ich hätte Lösegeld gefordert, hab ihn hingehalten, gesagt, das Geld kommt am Samstag. Ich fahre hin und hole es.« Mein Vater hustet.
    Aber er hustet nicht einfach.
    Er explodiert sozusagen.
    Und als er fertig ist und sich den Mund abwischt, sehe ich dunkle Spritzer auf seiner Hand, die im schwachen Licht der Armatur glänzen.
    »Du hustest Blut!«, sage ich erschrocken. »Aleks, er hustet Blut!«
    Aleks tritt auf die Bremse und verlangsamt das Tempo, während er aufmerksam zu meinem Vater hinüberspäht.
    »Quatsch!«, keucht mein Vater.
    »Du musst ins Krankenhaus. Ein Arzt reicht dawohl nicht«, sagt Aleks ruhig und beschleunigt wieder. »Zuerst bringen wir dich ins Krankenhaus, dann bringe ich Alex zur Grenze.«
    »Nein, andersherum«, protestiert mein Vater. »Erst Alex zur Grenze, dann ich.«
    Aleks schüttelt den Kopf. »Du kannst dich auf mich verlassen«, sagt er ruhig.
    »Wieso sollte ich?«
    Es ist seltsam für mich, zwischen den beiden zu sitzen und zu hören, wie sie über mich streiten.
    Aleks kneift die Lippen zusammen. »Ist einfach so«, sagt er mit einem Blick auf mich.
    Der Blick sagt viel.
    Mir.
    Und meinem Vater auch.
    Denn er nickt schließlich.
    »Okay«, sagt er schwach. »Bring mich ins Krankenhaus.«
    Aleks gibt wieder Gas. Wir nähern uns der Schnellstraße, die Lichtkegel zweier Fahrzeuge kreuzen sich unmittelbar vor uns. Aber bevor wir sie erreichen, passieren wir einen Tümpel. Still liegt er im Mondlicht da.
    »Aleks«, sagt mein Vater.
    Wir sehen beide zu ihm hinüber. Für einen Moment wissen wir nicht, wen von uns er meint. Dann holt mein Vater tief Luft. »Halt an«, sagt er gepresst.
    Aleks tritt behutsam auf die Bremse und hält. MeinVater beugt sich vor und reicht ihm die Pistole. Er sagt nichts, aber Aleks versteht ihn auch so.
    Er zieht die Handbremse an und steigt aus dem Wagen. Dann tritt er näher an den Tümpel und holt aus.
    Alle drei sehen wir zu, wie die Pistole durch die Luft fliegt und mit einem Klatschen im Tümpel verschwindet.
    Befriedigt atmet mein Vater aus.
    Aleks steigt wieder ein. Kurz darauf erreichen wir die Zufahrt zur Schnellstraße. Das heißt, eine Zufahrt ist es eigentlich nicht, der Weg führt einfach auf den Seitenstreifen und endet dort.
    Hinter der Straße erkenne ich Häuser mit erleuchteten Fenstern. Ein Ort. Dort leben Menschen.
    Merkwürdig, aber das macht mir erneut Angst.
    Ich atme tief ein. Dann gibt Aleks Gas und wir biegen auf die Schnellstraße ein. Ein Auto kommt uns entgegen, ohne abzublenden, und für einen Moment sind wir alle drei in gleißendes Licht getaucht. Ich kneife die Augen zusammen.
    »Schon gut«, sagt Aleks leise neben mir. Er berührt mich am Arm. Nur kurz. Aber es reicht, dass ich mich besser fühle.
    Vor uns taucht ein Straßenschild auf. Subotica  21 , Szeged  22 . Dann verschwindet es wieder im Dunkeln.
    Eine Ortschaft kommt näher. Wir fahren hindurch, tauchen wieder ins Dunkel der Nacht.
    Ich spüre Aleks zu meiner Linken und meinen Vater zu meiner Rechten, und als ich die Augen schließe, fühle ich mich für einen Moment sicher und geborgen. Dann höre ich meinen Vater erneut husten, und ich strecke vorsichtig die Hand
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