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Schattenblicke - Thriller

Schattenblicke - Thriller

Titel: Schattenblicke - Thriller
Autoren: Karen-Susan Fessel
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Die Stimme meines Vaters ist kaum mehr zu erkennen, so scharf klingt sie. Und ängstlich zugleich. Über mich hinweg zielt er jetzt mit der Pistole auf Aleks.
    Der steckt den Schlüssel ins Schloss und lässt den Wagen an. Stotternd erwacht der Motor zum Leben. Der Wagen brummt. Knattert. Springt an.
    Wieder ein Schuss.
    »Fahr endlich los!«, keucht mein Vater, und Aleks gibt Gas. Der Wagen macht einen Satz, dann röhrt er auf.
    Mein Vater zielt immer noch auf Aleks, schwenkt plötzlich mit der Waffe herum, zielt aus dem Fenster, lässt es gleichzeitig herunter.
    Und dann knallt wieder ein Schuss.
    Ohrenbetäubend laut. Und sehr nah. Sehr, sehr nah.
    Ich halte mir die Ohren zu. Und schließe die Augen.
    Der Wagen holpert, macht einen Satz. Unsanft werde ich gegen die Verkleidung gepresst, mit dem Kopf stoße ich an das Handschuhfach. Mein Vater flucht leise, auf Serbisch.
    »Fahr weiter«, zischt er zwischen gepressten Lippen hindurch. »Schneller!«
    Der Wagen nimmt eine Kurve. Ich rutsche, rutsche zur Seite, stoße gegen die Knie meines Vaters, kralle mich daran fest. Etwas Warmes tropft auf meine Hand, und ich mache die Augen auf.
    Blut.
    Auf meiner Hand.
    Fassungslos starre ich darauf nieder, dann blicke ich zu meinem Vater hoch.
    Er dreht sich gerade um, sieht über die Schulter zurück, mit schmerzverzerrtem Gesicht.
    Ich recke den Kopf, versuche, an den Kopfstützen vorbeizuschauen. Dahinten sind Bäume und Sträucher, dazwischen schimmert eine grün gestrichene Mauer auf. Für einen Moment erkenne ich den Umriss eines Wagens, dann dreht Aleks das Steuer leicht nach rechts, und all das ist verschwunden. Jetzt ist da nur noch ein endlos scheinendes Kornfeld, das sich in der einsetzenden Dunkelheit verliert.
    »Sie können uns nicht folgen«, sagt Aleks ruhig.»Dein Wagen ist fahrunfähig. Sie haben kein Fahrzeug, mit dem sie uns folgen könnten.« Er schaltet einen Gang hoch. Wirft einen Blick in den Rückspiegel. »Nichts zu sehen.«
    »Trotzdem, fahr schneller«, sagt mein Vater und hält sich weiter die Schulter. Die Pistole liegt jetzt in seinem Schoß. Sein Atem geht schwer.
    »Kann ich hochkommen?«, frage ich mit zittriger Stimme. Mein Vater sieht mich an. In seinem Blick liegt ein eigenartiger Ausdruck, etwas zwischen Schmerz und Sorge.
    »Lieber noch nicht, Sascha«, sagt er. »Warte noch ein bisschen.«
    Ich sehe wieder auf meine Hand. Das ist wirklich Blut.
    »Tata? Blutest du?«
    Aleks’ Kopf fährt herum. Mit zusammengezogenen Brauen sieht er meinen Vater an, bevor er wieder auf die Straße schaut. Mein Vater antwortet nicht.
    »Tata?«
    Mein Vater kneift die Lippen zusammen. »Fahr links, Aleks«, sagt er. »Da, links!«
    »Und dann? Wohin?«
    »Zur Grenze«, sagt mein Vater. »Zum Grenzübergang hinter Horgoš, in Richtung Szeged. Aber nicht über die Landesstraße. Wir nehmen die Nebenwege. Ich sag dir, wie du fahren musst.« Plötzlich kommt ein Keuchen über seine Lippen und er zuckt zusammen.Sein Gesicht verzieht sich, als er sich leicht vorbeugt.
    »Ich weiß, wie ich fahren muss. Ich kenn den Schleichweg zur Grenze«, sagt Aleks und wirft wieder einen Blick zu meinem Vater hinüber. »Aber du bist verletzt. Wo hat er dich erwischt?«
    Mein Vater antwortet wieder nicht. Stattdessen nimmt er die Hand von seiner Schulter und betrachtet sie. Ich kann nicht sehen, was er sieht, aber ich kann seinen Gesichtsausdruck erkennen.
    »Tata! Du bist angeschossen worden, stimmt’s?« Ich warte seine Antwort nicht ab. Ich rutsche vor und hangele mich nach oben, auf den Platz zwischen Aleks und meinem Vater.
    Niemand hindert mich daran. Aleks starrt auf die Straße vor uns, mein Vater presst eine Hand auf die Schulter und beißt die Zähne zusammen. Er sieht auf einmal ganz grau im Gesicht aus. So grau, dass es mir Angst macht.
    »Tata? Ist es schlimm?«
    Er stöhnt leise, dann schüttelt er den Kopf, ohne meinen Blick zu erwidern. »Nein. Nein, ist nicht schlimm. Nur ein Streifschuss.«
    Die Straße vor uns liegt verlassen da. Eine schmale, unbefestigte Straße ist es, mehr ein Weg, der von hohen Kornfeldern gesäumt wird.
    Aleks fährt ohne Licht, aber dennoch kann ich die vielen Schlaglöcher in der Dämmerung gut erkennen.In der Ferne sehe ich Lichter, die sich bewegen. Und dahinter, schemenhaft nur, einen Berg. Noch weiter hinten ein Leuchten. Ein schwaches, stetiges Leuchten, das sich nach oben hin abschwächt. Ist das Mondlicht? Oder bilde ich mir das nur ein?
    Der Wagen macht einen Satz, und
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