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Schattenblicke - Thriller

Schattenblicke - Thriller

Titel: Schattenblicke - Thriller
Autoren: Karen-Susan Fessel
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schaltet hoch. Das rote Licht über der Ortschaft wird heller. Weit kann es nicht mehr sein.
    »Und dann?«, frage ich vorsichtig.
    Aleks sieht finster drein und bläst sich eine dunkle Locke aus der Stirn. »Und dann«, sagt er nach einem Moment, »dann hat Nenad mich gefragt, ob ich noch mehr Geld verdienen will. Sie brauchen einen, der gut Deutsch kann, zum Übersetzen. Weil sie dich für den Freund abholen und mit nach Serbien nehmen wollen, zu Besuch. Und Oma könne auch was verdienen, mit Kochen. Nur für ein paar Tage.« Er beißt die Zähne zusammen und zuckt mit den Schultern. »Na ja, da hab ich zugesagt. Und nicht weiter nachgefragt. Ich dachte … ich dachte, das ist eine coole Art, Geld zu verdienen. Aber wenn ich ehrlich bin –geahnt hab ich schon, dass irgendwas faul dran sein könnte. Aber ich hab’s ignoriert.«
    »Und wann hast du es begriffen? Also, worum es wirklich ging?«
    Aleks sieht in den Rückspiegel, dann verlangsamt er das Tempo. Zwei Lastwagen kommen uns in schnellem Tempo entgegen und unser Wagen scheint im Gedröhn ihrer Motoren zu vibrieren. Dann sind sie wieder vorbei und die Straße liegt schnurgerade und still vor uns.
    »Als es zu spät war«, sagt Aleks gepresst. »Also eigentlich sofort. Der Plan war, dass ich dich ansprechen und mich mit dir verabreden sollte, für abends. Da, das hatte mir Nenad so erzählt, würde dann dein Vater dazukommen und wir würden zusammen nach Serbien fahren. Einer von den Hotelmitarbeitern war auch eingeweiht, der sollte dabei helfen.«
    Schlagartig fällt mir Schiefschlips ein. Klar, Goldzahn hat ihm doch im Hof das Geldbündel überreicht! Aber wofür eigentlich?
    »Er sollte deine Lehrer im Blick behalten und notfalls ablenken«, antwortet Aleks auf meine unausgesprochene Frage.
    »Wie, und das hast du geglaubt?«, frage ich verwundert. »Ich meine, den ganzen Aufwand hätte man doch gar nicht machen müssen, wenn ich meinen Vater freiwillig hätte sehen wollen. Das musste dir doch klar sein, dass da was nicht stimmt!«
    Aleks zuckt mit den Schultern und sieht stur geradeaus. »Aber dann kam ja sowieso alles ganz anders. Erst kamen die beiden Romajungs mit ihrer blöden Aktion dazwischen  – das war totaler Zufall! Es ging so verdammt schnell! Und da bin ich natürlich dazwischengegangen, und dann … dann hab ich dich gesehen …« Er lacht leise, aber bitter. »In dem Moment hätte ich aussteigen müssen, aber ich hab’s nicht getan. Und ich hab nicht genau gewusst, worum es ging, aber als ich es dann kapiert hab, da … da war es schon zu spät. Ich hab einfach nicht gewusst, wie ich da wieder rauskommen soll. Also, ohne dich in Gefahr zu bringen. Dich und Oma auch.«
    »Glaubst du, Goldzahn hätte mich umgebracht?«
    Aleks schweigt, eine Ewigkeit. »Ich weiß es nicht«, sagt er schließlich leise. »Ich kann es mir nicht vorstellen. Aber sicher bin ich mir tatsächlich nicht.«
    Er sieht wieder in den Rückspiegel, bremst ab und rollt auf den Seitenstreifen, dann bremst er nochmals ab und lenkt den Wagen von der Schnellstraße hinunter auf einen der zahlreichen Feldwege, die rechts und links abzweigen.
    Komisch. Für einen winzigen Moment habe ich Angst.
    Angst, dass er mich zurückbringt. Zu Goldzahn. Und Filip.
    Angst, dass ich mich getäuscht habe.
    Für einen Moment weiß ich nicht mehr, ob ich ihm trauen kann.
    Dann sieht Aleks zu mir herüber. »Es tut mir leid, Alex«, sagt er. »Ich … ich hätte nie mitmachen dürfen. Es tut mir leid. Ich kann es nicht wiedergutmachen, aber vielleicht kannst du mir eines Tages verzeihen.«
    Ich kann nichts sagen. Ich kann ihn nur ansehen. Und dann wende ich den Blick ab.
    Vor uns taucht in der Dunkelheit ein Hof am Wegrand auf. Davor steht eine Art hölzerner Unterstand, ein Tischchen steht darin, auf dem etwas zu liegen scheint. Aleks bremst ab, hält an und steigt aus, während er den Motor laufen lässt. Ich sehe, wie er ein paar Münzen auf den Tisch wirft, dann kommt er wieder zurück und legt mir eine große Rispe Trauben in die Hände.
    Prall und rund liegt sie da.
    »Der Geschmack der Vojvodina«, sagt Aleks ruhig, während er wieder anfährt. »Damit du wenigstens eine schöne Erinnerung mitnimmst.«
    Ich schweige. Ich möchte ihm sagen, dass ich nicht nur schlechte Erinnerungen mitnehmen werde. Sondern auch gute. An ihn zum Beispiel.
    Aber ich sage nichts. Stattdessen zupfe ich eine Traube herunter und stecke sie mir in den Mund.
    Sie schmeckt unglaublich saftig und süß. Sommer
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