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Schatten über Ulldart

Schatten über Ulldart

Titel: Schatten über Ulldart
Autoren: Markus Heitz
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mehr erinnern«, sagte Stoiko nach einer Weile.
    »Das klingt sehr einfach.« Waljakov legte die mechanische Hand in den Schoß und stützte die andere auf die Lehne. »Ich finde gefährlicher, dass er Gefallen am Töten hat, wie man unschwer auch bei der Hinrichtung erkennen konnte. Er hat seine Vorliebe entdeckt, und ich hoffe, dass er sie beherrscht, bevor sie ihn beherrscht.«
    »Du solltest die Unterrichtsstunden anders gestalten. Vielleicht mehr für die Ausdauer als für den Kampf?« Der Vertraute machte ein fragendes Gesicht.
    »Du meinst also, meine Fechtstunden wären schuld daran?« Der Leibwächter schüttelte den Kopf. »Wenn es so ist, kann ich etwas daran ändern. Aber warum haben seine Augen nach der Hinrichtung blau geleuchtet, als er sich so über uns aufregte?«
    »Eine Folge des Blitzschlags, würde ich meinen.« »Würdest du meinen? Ich hoffe inständig, dass Ull­drael weiterhin seine schützende Hand über ihn hält und dass endlich Ruhe in diese verfluchte Provinz einkehrt.« »Es sind friedliche Zeiten in Tarpol«, erwiderte Stoiko, der den erstaunten Blick des Kämpfers bemerkte.
    »Na schön. Nicht unbedingt in Granburg, aber in Tarpol an sich. Auf jeden Fall rüstet keiner der Nachbarn zum Krieg«, fügte er hinzu.
    »Da habe ich aber ganz andere Sachen gehört«, widersprach Waljakov. »Die Provinz Worlac will nach wie vor ihre Unabhängigkeit und erhält angeblich von Borasgotan Waffenlieferungen. Borasgotan wird etwas für seine Bemühungen verlangen, und ich fürchte, dessen Herrscher steht einem ausgewachsenen Gefecht nicht ablehnend gegenüber. Und außerdem hat unser verehrter Nachbar Hustraban noch ein Auge auf die Baronie Kostromo geworfen, wenn ich dich an die Worte der Vasruca erinnern darf. Es klingt für mich keineswegs nach Frieden. Wenn sich die beiden Reiche zusammentun, was Ulldrael der Weise oder welcher Gott auch immer verhindern möge, sieht Tarpol sehr schlecht aus.«
    »Ein echter Krieg also«, sagte Lodrik, der sich unbemerkt in die Tür gestellt und dem letzten Teil der Unterhaltung gelauscht hatte.
    Die Männer tauschten schnelle Blicke aus.
    »Ja, leider, Herr. Bis jetzt sind es aber nur Gerüchte, und der tarpolische Geheimdienst wird mit Sicherheit mehr darüber wissen als ich. Unvorbereitet wird es den Kabcar nicht treffen, falls eines der Nachbarreiche etwas planen sollte«, erzählte der Leibwächter nach kurzem Zögern.
    »Wir tragen unsere Streitigkeiten seit Jahrzehnten mit Zweikämpfen oder Scharmützeleinheiten aus.« Der Gouverneur trat näher. »Es würde das Abkommen des Tausendjährigen Friedens verletzen, das die Reiche geschlossen haben.«
    »Die Situation in Borasgotan ist nicht die beste«, erinnerte Waljakov. »Meine Quellen sind die einfachen Leute Granburgs, Tagelöhner und die Händler, die in der Nähe die Grenze passieren. Zwar steht es um die meisten Bürger gut, aber nach allem, was ich gehört habe, geht dem dortigen Herrscher die Geduld mit der Baronie Jarzewo aus. Angeblich sucht die borasgotanische Rekrutierungskammer derzeit junge, kräftige Männer für Scharmützelkommandos. Aber einer der ontarianischen Kaufleute hat ein Lager mit über tausend Freiwilligen gesehen. Das sieht mir nicht nach einem Scharmützelkommando aus.« Er rieb sich die Glatze. »Außerdem sind ständig Wagen zu den Erzminen im Norden des Landes unterwegs. Und aus Erz stellt man bekanntlich auch Waffen her.«
    »Die anderen Reiche würden uns doch unterstützen?« Lodrik setzte sich an den Kamin.
    »Wenn sie das Abkommen einhalten, ja.« Stoiko pustete über den Gewürzwein, um ihn abzukühlen. »Aber die diplomatischen Beziehungen sind in den letzten Jahren etwas eingeschlafen. Euer Vater nimmt sich selten für so etwas die Zeit, wisst Ihr.«
    »Wenigstens haben wir in Granburg unsere Angelegenheiten im Griff«, wechselte Waljakov das Thema. »Die Männer, die Euch im Wäldchen attackiert haben, waren in Wirklichkeit Jukolenkos eigene Leute und keine Söldner, wie wir zuerst angenommen hatten. Und sie haben gegen ihn ausgesagt. Ein großer Triumph, würde ich sagen.«
    »Das kommt davon, wenn man Landsknechten nicht traut«, lachte Lodrik. »Wenn sie mich gestellt hätten, wäre ich mit Sicherheit tot. Wie gut, dass Ulldrael mir beistand.«
    »Ja. Wie gut, dass der Gerechte und Weise mit seiner schützenden Hand zur Stelle war«, sagte der Vertraute leise.
    »Ich fand es übertrieben, dass er gleich zwei fremde Scharmützeleinheiten angeheuert hat, nur um
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