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Schatten über Ulldart

Schatten über Ulldart

Titel: Schatten über Ulldart
Autoren: Markus Heitz
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den anderen Menschen auf Ulldart.« Nerestro stand auf. »Entschuldigt mich bitte. Ich muss noch ein paar Vorbereitungen treffen, damit meine Burg sich nicht in einen verwahrlosten Haufen Steine verwandelt, sobald ich außerhalb der Sichtweite bin.« Schwungvoll verließ er den Waffensaal.
    »Ihr habt ihm ein hübsches Theaterstück vorgemacht«, sagte Matuc nach einer Weile und deutete Applaus an.
    »War ich zu offensichtlich? Ich hoffe doch nicht.« Die Kensustrianerin grinste von einem Ohr zum anderen. »Wenn ich nicht ein wenig Widerspruch eingelegt hätte, wäre es noch schlimmer gewesen, findet Ihr nicht auch?!«
    »Ihr habt nicht zufällig auch mit Angor gesprochen?«
    »Ich? Wie könnte ich? Ich habe dazu wirklich den falschen Glauben. Aber ich habe Lakastra um Beistand gebeten, und der scheint Ulldrael und Angor zu kennen, sonst hätte er kein gutes Wort für Euch einlegen können. Es scheint also doch Berührungspunkte zwischen den Himmeln zu geben, oder was meint Ihr?«
    »Es scheint wirklich so, wenn es sich so verhält, wie Ihr es sagt«, antwortete der Mönch vorsichtig. »Ich bin auf alle Fälle in Eurer Schuld, denn derzeit muss ich davon ausgehen, dass ich meine vorläufige Rettung aus dem Kerker Eurer Fürsprache verdanke.«
    »Ich bitte Euch«, wehrte die Priesterin ab. »Schließlich liegt Kensustria genauso auf Ulldart wie Tarpol. Wir werden das Unheil gemeinsam abwenden.«
    »Daran habe ich jetzt keine Zweifel mehr.« Matuc lächelte.
    »Ich glaube, das sehe ich heute zum ersten Mal bei Euch.« Sie zeigte auf seine nach oben gezogenen Mundwinkel. »Es steht Euch. Das solltet Ihr öfter machen.«
    »Ich hatte leider nicht sehr viel Gelegenheit dazu, aber ich verspreche Euch, ich werde es üben«, lachte der Mönch. »Was ein Glück, dass die Männer Euch damals nicht gehängt haben.«
    »Vielen Dank.« Belkala nahm sich das letzte Stück Fleisch von der Platte und aß es.

»Indes häuften sich die Hinweise, dass Tzulans Geist alle seine Kräfte zusammenzog, um im Jahre 444 n.S. einen neuerlichen Versuch zu wagen. Wieder klangen die Tempelgongs und Bethölzer in den Ulldraeltempeln Tag und Nacht, um Ulldrael den Gerechten zu loben und seinen Beistand zu erbitten. Die Mönche sahen die Zeichen mit großer Sorge, während sich die Anhänger des Gebrannten Gottes bereit machten, loszuschlagen. Unheil lag in der Luft, das auch die Menschen in Tarpol und in ganz Ulldart spürten.«
    ULLDARTISCHER GESCHICHTSALMANACH, XXI. Band, Seite 1058
    Nordwestküste Tarpols, 24 Warst vor Ludvosnik, Königreich Tarpol, Spätherbst 442 n.S.
    »Es sieht aus wie eine tarpolische Kriegskogge.« Janko, einer der rund zwanzig Fischer, die sich an der Kaimauer versammelt hatten, ließ die Hand sinken, mit der er die Augen vor den Sonnen abgeschirmt hatte, und wandte sich an einen Jungen, der mit großen Augen das immer näher kommende Schiff betrachtete. »Geh und hol den Richter her. Da sind bestimmt hoheitliche Offiziere an Bord.«
    Schweigend standen die Männer auf der Mauer und beobachteten, wie das schnelle Schiff sich durch die Fluten wühlte. Größer und größer wurde der Bug, die vielen Segel des Zweimasters blähten sich im Wind gewaltig auf und trugen ihn dem Fischerdorf entgegen.
    Der alte Richter keuchte heran. Umständlich hatte er sich die Schärpe umgelegt, die ihn als offiziellen Rechtssprecher auswies, der Junge musste ihm beim Anlegen des grauen Mantels helfen.
    »Wie viele Männer hat so ein Schoner an Bord?«, wollte der Junge wissen.
    »Soldaten? Zwischen fünfzig und hundert«, schätzte Janko und spuckte ins Wasser.
    »Und was wollen die hier?«
    »Hat einer von euch geschmuggelt?«, unterbrach der Richter und sah böse in die Runde der unschuldigen Gesichter.
    »Was sollen wir denn schmuggeln, Richter? Es gibt doch nichts«, antwortete Janko grinsend.
    »Ja, ja. Und was will der mächtige Kahn dann hier?«
    »Vielleicht wollte er nach Ludvosnik, hat sich aber in der Karte und der Navigation geirrt«, scherzte der Fischer. Die Männer lachten.
    »Euch wird das Lachen vergehen, wenn die Soldaten erst mal einen Fuß in das Dorf setzen und die Häuser durchsuchen«, prophezeite der Richter und zerrte an seiner Perücke, die er aus der Manteltasche gekramt und auf das schüttere Haar gesetzt hatte.
    Mittlerweile war der Schoner nahe genug heran, die Segel wurden gerefft, das Schiff manövrierte sich in den provisorischen Hafen und ließ den Anker. Vier lange Beiboote mit mehr als zwanzig Männern und
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