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Schatten ueber Innsmouth

Schatten ueber Innsmouth

Titel: Schatten ueber Innsmouth
Autoren: H. P. Lovecraft
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mit der Tiara im dunklen Keller jener Kirche auf so furchterregende Weise erinnert hatte. Ihre Zahl hätte ich nicht einmal schätzen können. Es schien mir, als seien die Schwärme unübersehbar -und dabei konnte ich doch in diesem kurzen Augenblick nur einen ganz geringen Bruchteil davon gesehen haben. Einen Moment später wurde alles durch einen wohltätigen Ohnmachtsanfall ausgelöscht den ersten, den ich je gehabt hatte.

    V

    Ein sanfter Tagesregen weckte mich aus meiner Betäubung, und als ich aus dem Gestrüpp des Bahndurchstichs auf die Straße hinaus wankte, sah ich keinerlei Spuren in dem frischen Schlamm. Auch der Fischgeruch war verschwunden, und die morschen Dächer und abbröckelnden Türme von Innsmouth ragten grau in den Südwesthimmel, doch auf all den öden Salzsümpfen ringsum konnte ich kein lebendes Wesen entdecken. Meine Uhr ging noch, und ich stellte fest, daß die Mittagsstunde schon vorüber war.
    Ich war mir ganz und gar nicht sicher, ob das, was ich erlebt zu haben meinte, Wirklichkeit gewesen war, aber ich spürte, daß irgend etwas Schreckliches hinter mir lag. Ich mußte von dem geheimnisträchtigen Innsmouth fortkommen, und begann deshalb, meine müden, verkrampften Glieder zu lockern. Nach einer Weile stellte sich heraus, daß ich trotz Schwäche, Hunger, Grauen und Verwirrung noch gehen konnte; also setzte ich mich langsam auf der schlammigen Straße in Richtung Rowley in Bewegung. Ich erreichte das Dorf noch vor dem Abend, aß etwas und besorgte mir ordentliche Kleider. Dann fuhr ich mit dem Abendzug nach Arkham, und am nächsten Tag unterhielt ich mich dort lange und ernst mit Regierungsbeamten; dasselbe tat ich später noch einmal in Boston. Über die wichtigsten Ergebnisse dieser Unterhaltungen ist die Öffentlichkeit heute im Bilde
    und ich wünschte, im Interesse der Normalität, daß es darüber hinaus nichts zu berichten gäbe. Vielleicht hält Wahnsinn mich jetzt gefangen aber vielleicht greift auch ein größerer Schreckenoder ein größeres Wunder nach mir.
    Man kann sich vorstellen, daß ich auf die meisten Dinge verzichtete, die ich mir für den Rest meiner Rundreise vorgenommen hatte die landschaftlichen,
    architektonischen und heimatkundlichen Eindrücke, auf die ich mich so gefreut hatte. Auch wagte ich nicht, mir jenes eigenartige Kleinod anzuschauen, das sich im Museum der Miskatonic-Universität befinden sollte. Ich nutzte jedoch meinen Aufenthalt in Arkham zur Beschaffung einiger genealogischer Daten, die ich seit langem schon besitzen wollte; meine Nachforschungen waren zwar sehr
    oberflächlich und hastig, doch ich würde das gewonnene Material später gut gebrauchen können, wenn ich Zeit haben würde, es zu vergleichen und in eine systematische Ordnung zu bringen. Der Kustos der dortigen Historischen Gesellschaft, Mr. E. Lapham Peabody, war sehr bemüht, mich zu unterstützen, und zeigte außerordentliches Interesse, als ich ihm sagte, ich sei ein Enkel von Eliza Orne aus Arkham, die im Jahre 1867 geboren worden war und im Alter von siebzehn Jahren James Williamson aus Ohio geheiratet hatte.
    Es schien, daß ein Onkel mütterlicherseits vor vielen Jahren schon einmal mit demselben Anliegen wie ich hierher gekommen war und daß die Familie meiner Großmutter hier eine gewisse lokale Berühmtheit genoß. Kurz nach dem
    Sezessionskrieg, so sagte mir Mr. Peabody, wurde viel über die Heirat ihres Vaters Benjamin Orne geredet, da die Abstammung der Braut höchsträtselhaft war. Sie war angeblich Waise, eine Marsh aus New Hampshire und eine Cousine der Marshes aus der Grafschaft Essex -, war aber in Frankreich erzogen worden und wußte sehr wenig von ihrer Familie. Ihr Vormund hatte bei einer Bostoner Bank ein Konto eingerichtet, aus dem sie und ihre französische Gouvernante ihren Lebensunterhalt bestritten; aber dieser Vormund war in Arkham unbekannt gewesen, und nach einiger Zeit verschwand er, so daß die Gouvernante auf einen Gerichtsbeschluß hin seine Rolle übernahm. Die Französin sie war längst gestorben war sehr schweigsam gewesen, und manche Leute meinten, sie hätte mehr gewußt, als sie habe sagen wollen.
    Das Merkwürdigste aber war, daß niemand wußte, aus welcher bekannten Familie die Eltern der jungen Frau Enoch und Lydia (geb. Meserve) Marsh stammten. Viele waren der Meinung, sie sei eine uneheliche Tochter eines prominenten Marsh denn sie hatte wirklich die charakteristischen Augen der Marshes. Das eigentliche Rätselraten begann aber erst nach
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