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Schatten ueber Innsmouth

Schatten ueber Innsmouth

Titel: Schatten ueber Innsmouth
Autoren: H. P. Lovecraft
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diesem berüchtigten, von bösen Schatten erfüllten Hafen des Todes und der blasphemischen Abnormität verbrachte. Wenn ich nur darüber sprechen kann, so hilft mir das schon, Vertrauen in meineeigenen Fähigkeiten wiederzugewinnen und die Befürchtung zu zerstreuen, ich sei nur einfach das erste Opfer einer ansteckenden, alptraumhaften Halluzination geworden. Auch wird es mir helfen, den letzten Entschluß im Hinblick auf einen furchtbaren Schritt zu fassen, den ich zu tun gedenke.
    Ich hatte nie von Innsmouth gehört, bis zu dem Tage, an dem ich es zum ersten und bisher auch letzten Male sah. Ich feierte meine eben erlangte Volljährigkeit mit einer Reise durch Neuengland um das Land kennenzulernen und außerdem historische und genealogische Studien zu treiben und hatte eigentlich direkt von dem uralten Newburyport aus nach Arkham fahren wollen, wo die Familie meiner Mutter herstammt. Ich hatte keinen Wagen, sondern reiste mit der Eisenbahn, der Straßenbahn oder mit Autobussen, wobei ich mir immer die billigsten Möglichkeiten aussuchte. In Newburyport sagte man mir, der Dampfzug sei das richtige Verkehrsmittel, um nach Arkham zu gelangen, und von Innsmouth hörte ich erst am Fahrkartenschalter auf dem Bahnhof, als ich mich über den hohen Fahrpreis beschwerte. Der untersetzte, pfiffig dreinblickende Beamte, dessen Sprache ihn als Ortsfremden auswies, schien Verständnis für meine Sparsamkeit aufzubringen und machte mir einen Vorschlag, den ich von meinen bisherigen Informanten nicht gehört hatte.
    »Sie könnten natürlich den alten Bus nehmen«, sagte er zögernd, »aber die Leute hier halten nicht viel davon. Er fährt über Innsmouth vielleicht haben Sie schon davon gehört -, und deswegen mögen ihn die Leute nicht. Der Besitzer ist einer aus Innsmouth Joe Sargent heißt er -, aber ich glaube nicht, daß schon mal jemand von hier mitgefahren ist, und von Arkham auch nicht. Ein Wunder, daß er überhaupt fährt. Wahrscheinlich ist er ziemlich billig, aber ich hab’ noch nie mehr als zwei oder drei Leute drin gesehn alle aus Innsmouth. Abfahrt am Stadtplatz vor Hammonds Drugstore um zehn und abends um sieben, wenn sie’s nicht in letzter Zeit geändert haben. Ist wie’s scheint ‘ne fürchterliche Klapperkiste bin nie mitgefahren.« Das war das erstemal, daß ich von dem geheimnisvollen Innsmouth hörte. Jeder Hinweis auf eine Stadt, die nicht auf normalen Landkarten oder in neueren Reiseführern zu finden war, hätte mich ohnehin interessiert, und die vielsagenden Andeutungen des Beamten weckten so etwas wie echte Neugier in mir. Eine Stadt, so überlegte ich, die bei den Einwohnern der Nachbar-161
    Städte eine solche Abneigung hervorrief, mußte zumindest recht ungewöhnlich sein und das Interesse eines Touristen verdienen. Wenn sie vor Arkham lag, würde ich dort Station machen; ich bat also den Beamten, mir etwas über diesen Ort zu erzählen. Er war sehr bedächtig, und ich hatte den Eindruck, daß er mehr wußte, als er mir sagen wollte.
    »Innsmouth? Na ja, das ist ein sonderbares Nest, unten an der Mündung des Manuxet. War mal ‘ne ganz hübsche Stadt und vor dem Krieg von 1812 ein wichtiger Hafen, aber in den letzten hundert Jahren oder so ist alles verkommen. Keine Eisenbahn mehr B. & M. ist sowieso nie durchgegangen, und die
    Nebenstrecke von Rowley rüber ist schon vor Jahren stillgelegt worden. Die haben dort mehr leere Häuser als Menschen, glaub’ ich, und abgesehen vom Fischund Hummernfang, kein nennenswertes Gewerbe. Der Handel findet praktisch ausschließlich hier oder in Arkham oder Ipswich statt. Früher mal hatten sie ‘ne ganze Menge Fabriken, aber heute ist nichts mehr übrig außer einer einzigen Goldraffinerie, und die läuft auch nur ein paar Stunden am Tag.
    Diese Raffinerie war aber mal ‘ne ganz große Sache, und der alte Marsh, der Besitzer, ist bestimmt reicher als Krösus. Aber er ist ein komischer alter Kerl, der sich fast nie blicken läßt. Angeblich hat er auf seine alten Tage ‘ne Hautkrankheit oder so was bekommen und deshalb traut er sich nicht mehr auf die Straße. Er ist der Enkel von Kapitän Obed Marsh, der den Laden gegründet hat. Seine Mutter war anscheinend ‘ne Art Ausländerin ‘ne Südseeinsulanerin, sagen die Leute -, und deshalb gab’s einen ganz schönen Krach, als er vor fünfzig Jahren ein Mädchen aus Ipswich heiratete. Das ist immer so, wenn’s um die Leute aus Innsmouth geht, und hier in der Gegend gibt keiner gern zu, daß seine
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