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Schatten ueber Innsmouth

Schatten ueber Innsmouth

Titel: Schatten ueber Innsmouth
Autoren: H. P. Lovecraft
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eine Menge Fische und Hummer, die sie mit Lastwagen abtransportieren. Komisch, daß es ausgerechnet dort und nirgendwo anders Fische in rauhen Mengen gibt. Bis jetzt ist es kaum gelungen, diesen Leuten auf die Finger zu schauen, und die Beamten der Schulbehörde und die Männer von der Volkszählung haben nichts zu lachen. Sie können sich drauf verlassen, daß neugierige Fremde in Innsmouth nicht gern gesehen sind. Ich habe selbst von mehr als einem
    Geschäftsmann oder Regierungsbeamten gehört, der dort verschwunden ist, und man munkelt auch von einem, der den Verstand verloren hat und jetzt in Danvers ist. Sie müssen dem armen Kerl eine Heidenangst eingejagt haben.
    Deshalb würde ich an Ihrer Stelle lieber nicht über Nacht dort bleiben. Ich war nie dort, und es zieht mich auch gar nicht hin, aber ich glaube, tagsüber können Sie sich ruhig mal umschauen -obwohl die Leute hier Ihnen abraten werden. Wenn sie die Gegend kennenlernen wollen und nach altem Kram suchen, dürfte Innsmouth für Sie genau das Richtige sein.«
    So brachte ich denn einen Teil des Abends damit zu, in der Stadtbibliothek von Newburyport nachzulesen, was ich über Innsmouth finden konnte. Als ich versucht hatte, die Einheimischen in den Läden, im Gasthaus, in den Autowerkstätten und auf der Feuerwache auszufragen, hatte ich gemerkt, daß sie noch schwerer zum Reden zu bringen waren, als der Beamte am Fahrkartenschalter mir prophezeit hatte, und mir wurde klar, daß ich nicht genug Zeit hatte, ihre anfängliche Zurückhaltung zu überwinden. Sie waren irgendwie mißtrauisch, so als sei von vornherein jeder verdächtig, der sich allzu sehr für Innsmouth interessierte. Im Y.M.C.A., wo ich übernachtete, riet mir der Heimleiter lediglich davon ab, einen so trostlosen, heruntergekommenen Ort zu besuchen; und die Leute in der Bibliothek verhielten sich nicht viel anders. In den Augen der Gebildeten war Innsmouth offensichtlich nichts weiter als ein besonders krasser Fall eines degenerierten Gemeinwesens. Auch die Bücher über die Geschichte der Grafschaft Essex in den Regalen der Bibliothek wußten lediglich zu berichten, daß die Stadt im Jahre 1643 gegründet wurde, vor dem Freiheitskrieg für ihren Schiffbau bekannt und Anfang des 19. Jahrhunderts eine wohlhabende Hafenstadt gewesen war und sich später zu einem kleinen Industriezentrum entwickelt hatte, das den Manuxet als Energiequelle ausnutzte. Die Epidemie und die Tumulte von 1846 wurden nur sehr beiläufig erwähnt, als stellten sie eine Schande für die ganze Grafschaft dar.
    Hinweise auf den Niedergang fand ich nur wenige, doch die Entwicklung in neuerer Zeit war vielsagend genug. Seit dem Sezessionskrieg war der einzige Industriebetrieb die Marsh Refining Company, und der Absatz von Goldbarren stellte neben dem nach wie vor einträglichen Fischfang die letzte größere Einnahmequelle dar. Der Fischfang warf zwar immer weniger ab, weil die Preise sanken und die Konkurrenz von Großunternehmen fühlbar wurde, doch in der Umgebung von Innsmouth gab es immer Fische in Hülle und Fülle. Ortsfremde ließen sich hier nur selten nieder, und ich fand einige diskret verschleierte Hinweise darauf, daß eine Anzahl von Polen und Portugiesen, die es dennoch versucht hatten, auf besonders drastische Weise wieder vertrieben worden waren.
    Am interessantesten war ein kurzer Artikel über den eigenartigen Schmuck, der auf unbestimmte Weise mit Innsmouth in Verbindung gebracht wurde. Offenbar hatte die Angelegenheit in der ganzen Gegend erhebliches Aufsehen erregt, denn es wurde darauf hingewiesen, daß einzelne Stücke sich sowohl im Museum der MiskatonicUniversität in Arkham als auch im Ausstellungsraum der Historischen Gesellschaft von Newburyport befänden. Die bruchstückhaften Beschreibungen dieser Juwelen waren dürftig und prosaisch, doch ich glaubte in ihnen einen Unterton zu entdecken, der mir immer merkwürdiger vorkam. Irgend etwas an ihnen schien so
    außergewöhnlich und provozierend, daß sie mir nicht aus dem Sinn gehen wollten, und so beschloß ich trotz der verhältnismäßig späten Stunde, das hier aufbewahrte Stück bei dem es sich um ein großes Objekt von eigenartigen Proportionen handeln sollte, das offenbar als Tiara gedacht war unbedingt noch anzuschauen, falls es sich irgendwie arrangieren ließ.
    Der Bibliothekar gab mir ein kleines Empfehlungsschreiben an den Kustos der Gesellschaft mit, eine Miss Anna Tilton, die ganz in der Nähe wohnte, und nach einer kurzen
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