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Schatten der Angst (German Edition)

Schatten der Angst (German Edition)

Titel: Schatten der Angst (German Edition)
Autoren: Lena Diaz
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verdrängt haben und die wichtig für uns sind. Das kleinste Detail könnte wichtig sein: sein Gang, ein Satz, den er wiederholt hat, die Tatsache, ob er Rechts- oder Linkshänder war.«
    »Linkshänder«, flüsterte sie, von seiner besänftigenden Stimme gebannt.
    »Sehen Sie? Sie wissen einiges über ihn. Der Mörder hat möglicherweise Angst, dass Sie die Polizei zu ihm führen.«
    »Nein, nein, das alles ergibt überhaupt keinen Sinn. Er hätte mich schon längst ausfindig gemacht, wenn er mich hätte töten wollen.« Sie senkte den Blick, um nicht mehr in diese forschenden Augen sehen zu müssen, und konzentrierte sich darauf, langsam ein- und auszuatmen. Ihr Herz schlug so schnell, dass ihr ein wenig schwindelig war. Wie lange würde sie diese Fragen noch ertragen und Gelassenheit vortäuschen können, während sie innerlich völlig aufgewühlt war?
    »Sie haben den Staat verlassen und Ihren Namen geändert.« Er zuckte mit den Achseln. »Vielleicht hat er nicht versucht, Sie zu finden, weil er nicht glaubte, dass Sie Hinweise hätten, die ihn überführen könnten. Oder er hat bisher einfach nicht die Gelegenheit gehabt, herzukommen und Sie zu finden. Falls er nicht finanziell unabhängig ist oder seinen Lebensunterhalt mit Diebstählen verdient, hat er einen Job – wie jeder andere auch. Aber aus irgendeinem Grund ist er nach Shadow Falls zurückgekehrt. Würden Sie Ihr Leben darauf verwetten, dass er nicht wegen Ihnen gekommen ist?«
    Nach Luft ringend sprang sie von ihrem Stuhl auf. »Wo sind nur meine Manieren? Ich hätte Ihnen etwas zu trinken anbieten sollen. Möchte jemand Eistee?«
    In dem verzweifelten Wunsch zu entkommen, bevor sie sich in ein zitterndes Häufchen Elend verwandelte, eilte sie, ohne die Antwort abzuwarten, ins Foyer. Die Küche mit dem hellen, sonnigen Panoramafenster, das den Blick auf den Vorgarten freigab, zog sie magisch an. Sie stürmte durch den Flur in den anheimelnden Raum, stützte sich auf den Rand des Spülbeckens und sog gierig Luft in ihre Lungen, während sie hinaus in eine Welt starrte, von der sie nie wieder ein Teil sein würde.
    Das kleine Mädchen, das zwei Häuser entfernt wohnte, lief den Bürgersteig entlang, gefolgt von ihrem Bruder auf einem roten Dreirad. Direkt hinter ihnen kam ihre Mutter, die die beiden nicht aus den Augen ließ.
    Amanda umklammerte die Arbeitsplatte noch fester. Immer hatte sie davon geträumt, eines Tages eine eigene Familie zu haben, Kinder großzuziehen. Mit einer schnellen Drehung seines Messers hatte Danas Mörder ihre Träume zerstört.
    Jetzt wollte sie nur noch allein sein.
    Um zu vergessen.
    Grausige Bilder aus der Hütte tauchten vor ihrem inneren Auge auf. Ihre Brust hob und senkte sich. Die grässlichen Erinnerungen stürmten auf sie ein und ließen die Welt um sie herum in Dunkelheit versinken.
    »Es ist alles in Ordnung.« Die sanfte, tiefe Stimme von Chief Richards erklang neben ihr und drängte den Abgrund zurück. »Sie sind in Ihrem Haus, in Ihrer Küche. Niemand kann Ihnen etwas anhaben.« Er griff sanft nach ihrer Schulter und führte sie zum Tisch, wo er ihr half, sich zu setzen. »Atmen Sie tief ein und aus.« Seine warmen Hände kneteten ihre Nackenmuskeln, besänftigten und beruhigten sie.
    Ihr Atem ging wieder regelmäßiger. Die Welt hörte auf, sich um sie zu drehen. Die Dunkelheit zog sich zurück. Ihr Herz raste zwar immer noch, aber sie konnte wieder normal atmen. Seine Berührung hatte sie nicht zusammenfahren lassen, wie sie erwartet hätte. Stattdessen hatte sie ihr geholfen, wieder auf den Boden der Tatsachen zurückzufinden, sie von dem Albtraum befreit. Sie wusste nicht, was sie davon halten sollte.
    Sie schüttelte seine Hände ab, doch er umrundete den Tisch, bis er direkt vor ihr stand. Dann nahm er eine der Stoffservietten vom Tisch und reichte sie ihr. Dankbar nahm sie sie entgegen und tupfte sich die Wangen ab. Bis zu dem Moment, in dem er ihr die Serviette gereicht hatte, hatte sie nicht einmal bemerkt, dass sie weinte. Ihre offensichtliche Schwäche machte sie verlegen, und sie legte die Serviette zurück auf den Tisch.
    »Es ist in Ordnung. Sie sind in Sicherheit«, beruhigte er sie.
    Sie sind in Sicherheit.
    Woher hatte er gewusst, was sie brauchte? Warum fühlte sie sich durch seine Anwesenheit getröstet, und warum empfand sie seine Stimme als beruhigend? Dieser Mann stellte ihre sorgfältig geordnete Welt auf den Kopf.
    Ängstlich darauf bedacht, die Distanz zwischen ihnen zu vergrößern,
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